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Kanton Aargau
FDP-Grossrätin Martina Sigg fragt in einem Vorstoss, ob bei der Standortsuche nach einer Asyl-Grossunterkunft im Aargau alles korrekt läuft. So will sie etwa wissen, ab welcher Grösse eine solche finanziell rentabler ist als das bisherige System.
Es ist bald vier Jahre her, seit der Grosse Rat beschlossen hat, dass für Asylbewerber neue Grossunterkünfte erstellt werden sollten. Damals, im Mai 2015, war der Zustrom von Flüchtlingen gross und der Druck auf den Kanton hoch, genügend Unterkünfte zu finden. Seither hat die Zahl der Asylsuchenden, die das Staatssekretariat für Migration (SEM) dem Aargau zuweist, deutlich abgenommen.
Ursprünglich plante die Regierung vier bis fünf neue Grossunterkünfte, diese sollten auf die Regionen des Kantons verteilt sein und Platz bieten für insgesamt rund 1150 Asylsuchende. Die neuen Asylzentren sollten gegenüber dem heutigen System mit zahlreichen kleineren Unterkünften einige Vorteile haben: grössere Sicherheit, bessere Betreuung, verstärkte Integrationsmöglichkeiten und zielgerichtete Schulung vor Ort. Dabei sollten nicht mehr Kosten verursacht werden, weil teure Mietlösungen für die Gebäude entfallen sollten.
für Asylbewerber in vier bis fünf neuen Grossunterkünften waren ursprünglich vorgesehen – jetzt ist nur noch ein grosses Zentrum als Pilotprojekt geplant.
Im August 2017 entschied der Regierungsrat jedoch, das Vorgehen anzupassen und vorerst nur eine Grossunterkunft als Pilotprojekt weiterzuverfolgen. «Als Hauptbegründungen wurden Zeitnot und tiefere Bundesbeiträge angegeben», schreibt FDP-Grossrätin Martina Sigg in einem aktuellen Vorstoss. Sigg weist darauf hin, dass das Kantonsparlament von der Regierung ein Standortkonzept verlangt und dafür einen Kredit von 1,3 Millionen Franken bewilligt habe.
Vor rund zwei Monaten verkündete der Regierungsrat, man habe acht mögliche Standorte für ein Grosszentrum gefunden. Rasch zeigte sich, dass mehrere davon bei den lokalen Behörden auf Widerstand stiessen. Noch grundsätzlicher als die Kritik der Gemeinden sind indes die Vorbehalte, die Martina Sigg anbringt. «Ich frage mich: Verfolgt der Regierungsrat überhaupt noch das Konzept, das 2015 vom Grossen Rat mit grossem Mehr verabschiedet wurde?», sagt die Grossrätin, die in der zuständigen Kommission für Gesundheit und Sozialwesen sitzt. Sie bezweifelt, ob die Regierung das richtige Vorgehen gewählt hat, und sieht die Gefahr für den Kanton, dass «viel Arbeit und Geld in den Sand gesetzt wird». In ihrer Interpellation, die Sigg am Dienstag im Grossen Rat eingereicht hat, stellt sie die Grundsatzfrage, ob der Entscheid des Grossen Rats vom Mai 2015 korrekt umgesetzt werde. Sie verlangt vom Regierungsrat eine klare Aussage, was beim Projekt Grossunterkunft realisiert wird – und was eben nicht.
Sigg stellt zudem mehrere Detailfragen. So will sie zum Beispiel wissen, ab welcher Grösse eine Grossunterkunft finanziell rentabler ist als das bisherige System. Weiter hält die freisinnige Grossrätin fest, dass es im Aargau heute schon mehrere Unterkünfte gebe, die Platz für über hundert Asylbewerber bieten. Diese stehen zum Beispiel in Aarau oder in Frick, auf dem Areal des ehemaligen A3-Werkhofs (siehe Bild), oder in Baden. «Was soll in der geplanten Pilotunterkunft anders sein, wird sie tatsächlich grösser?», fragt Sigg. Sie will ausserdem wissen, ob eine bestehende grosse Unterkunft als Grossunterkunft betrieben werden könnte.
Es gehe ihr darum, ob die ursprüngliche Idee überhaupt noch weiterverfolgt werde, hält die Grossrätin fest. «Nur wenn man etwas Neues erprobt, kann man von einem Pilotprojekt sprechen.» Wenn die Regierung möglichen Standortgemeinden immer mehr entgegenkomme, die Grösse der Unterkunft reduziere und allenfalls verspreche, die Unterkunft nur für Familien mit Kindern zu planen – was wird dann noch ausprobiert?, fragt sie.
Nach der Mitteilung der Regierung zu den möglichen Standorten für Grossunterkünfte kam Kritik an der zuständigen Regierungsrätin Franziska Roth auf. Sigg hält fest, bei ihrem Vorstoss gehe es nicht um die Kommunikation der Asyldirektorin. Vielmehr gehe es ihr um das Vorgehen bei der Standortsuche, die so ablief: Eine Projektgruppe prüfte 307 mögliche Standorte, schlug 14 davon der paritätischen Kommission Asyl- und Flüchtlingswesen vor, diese reduzierte die Liste auf 8 Standorte, die nun weiterverfolgt werden. Sigg will wissen, ob es ausser der paritätischen Kommission weitere Personen oder Gruppierungen gegeben habe, die Einfluss auf die Reduktion hatten. Weiter fragt sie, welche Kriterien bei diesem Vorgang angewendet wurden und ob der Regierungsrat diese genehmigt habe.