Kommt es erneut zu einer Klimawahl?

Wahl-Erdbeben sind im Aargau selten. Meist kommt es nur zu Verschiebungen innerhalb der Blöcke. Doch wird es am 18. Oktober anders, weil das Klimathema wieder an Fahrt gewinnt und Grüne und GLP entsprechend zulegen dürften?

Mathias Küng
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Der leere Grossratssaal in Aarau: Wer die 140 Sitze im Kantonsparlament künftig besetzt, entscheidet sich am 18. Oktober. Die FDP hält im Bezirk drei Sitze. Ulrich Bürgi tritt nicht mehr an, der junge Yannick Berner und Aaraus Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker liefern sich mit den Bisherigen Suzanne Marclay und Lukas Pfisterer einen Vierkampf um drei Mandate. Aktuell hat die CVP im Bezirk drei Sitze, aber einen tiefen Wähleranteil: Sabine Sutter-Suter wurde gewählt, Cécile Kohler zog aus Baden zu, Maya Bally wechselte von der BDP. Zudem drängt Christina Bachmann (Bilder von links) mit Macht nach vorn. Die Grünen haben im Bezirk zwei Sitze. Sie dürften wohl einen dazugewinnen. Um die Plätze kämpfen der ehemalige Nationalrat Jonas Fricker, Ruth Müri (bisher), die junge Klimaaktivistin Vera Becker und Christian Keller (bisher, von links). Der Bezirk verliert einen Sitz. Zittern müssen die Bisherigen Doris Iten (SVP) und Roland Frauchiger (EVP), zumal die GLP mit Angélique Flach angreift. Paul Bitschnau (SP, von links) könnte profitieren, falls Dieter Egli Regierungsrat wird. Hampi Budmiger (links) will für die GLP einen Sitz holen, Alain Bütler für die SVP einen verteidigen. Muss Colette Basler (SP, bisher) zittern? Die CVP will mit Daniele Mezzi den 2016 verlorenen Sitz zurückholen.

Der leere Grossratssaal in Aarau: Wer die 140 Sitze im Kantonsparlament künftig besetzt, entscheidet sich am 18. Oktober. Die FDP hält im Bezirk drei Sitze. Ulrich Bürgi tritt nicht mehr an, der junge Yannick Berner und Aaraus Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker liefern sich mit den Bisherigen Suzanne Marclay und Lukas Pfisterer einen Vierkampf um drei Mandate. Aktuell hat die CVP im Bezirk drei Sitze, aber einen tiefen Wähleranteil: Sabine Sutter-Suter wurde gewählt, Cécile Kohler zog aus Baden zu, Maya Bally wechselte von der BDP. Zudem drängt Christina Bachmann (Bilder von links) mit Macht nach vorn. Die Grünen haben im Bezirk zwei Sitze. Sie dürften wohl einen dazugewinnen. Um die Plätze kämpfen der ehemalige Nationalrat Jonas Fricker, Ruth Müri (bisher), die junge Klimaaktivistin Vera Becker und Christian Keller (bisher, von links). Der Bezirk verliert einen Sitz. Zittern müssen die Bisherigen Doris Iten (SVP) und Roland Frauchiger (EVP), zumal die GLP mit Angélique Flach angreift. Paul Bitschnau (SP, von links) könnte profitieren, falls Dieter Egli Regierungsrat wird. Hampi Budmiger (links) will für die GLP einen Sitz holen, Alain Bütler für die SVP einen verteidigen. Muss Colette Basler (SP, bisher) zittern? Die CVP will mit Daniele Mezzi den 2016 verlorenen Sitz zurückholen.

Bild: Mario Heller (13. November 2017)

Kaum sind die Abstimmungen vom 27. September vorüber, geht es um die Grossratswahlen vom 18. Oktober. Wiederholt sich die Klimawahl von 2019 (siehe Artikel unten)? Die AZ versucht aufgrund der Einschätzungen unserer Regionalredaktionen eine kleine Übersicht über die spannendsten Konstellationen in den Bezirken (siehe unten).

Im Bezirk Aarau ist es bei der FDP (heute 3 Sitze) sehr spannend. Da sind die Bisherigen Lukas Pfisterer (Kantonalpräsident) und Suzanne Marclay. Die Aarauer Stadträtin rutschte 2019 für Maja Riniker (Nationalrätin) nach. Zudem kandidieren weitere Schwergewichte wie der Aarauer Stadtpräsident Hanspeter Hilfiker, der Oberentfelder Gemeindeammann Markus Bircher oder der junge, ambitionierte Yannick Berner. Hilfiker werden gute Chancen zugeschrieben. Wenn noch ein Neuer einschlägt, könnte dies Marclays Sitz gefährden. Es ist zudem möglich, dass sich die SVP den frei werdenden BDP-Sitz (Marcel Bruggisser tritt nicht mehr an, die BDP löst sich im Aargau auf) schnappt. Oder legen die Grünen derart zu, dass sie ihren einst verlorenen zweiten Sitz zurückholen?

Klimaaktivistin und ehemaliger Nationalrat drängen nach vorn

214 Kandidierende ringen um die im grössten Bezirk Baden zu vergebenden 30 Sitze. Wie in allen Bezirken war die SP vor vier Jahren die grosse Abräumerin (siehe Grafik). Hier sind die zwei bisher von der BDP gehaltenen Sitze zu vergeben. Einen will der bisherige Sitzinhaber Michael Notter neu für die CVP ins Trockene bringen. Zu erwarten ist, dass die Grünen (aktuell zwei Sitze) einen der BDP-Sitze holen. Doch werden die Bisherigen, die Badener Stadträtin Ruth Müri und Neo-Grossrat Christian Keller (Geschäftsführer VCS Aargau) beide bestätigt? Die Grünen haben auf Listenplatz 1 die junge Klimaaktivistin Vera Becker gesetzt. Und auf dem vierten Listenplatz folgt Jonas Fricker. Er war grüner Nationalrat, trat aber nach einem völlig untragbaren Vergleich von Schweinetransporten mit Judendeportationen der Nazis zurück. Gelingt sein Polit-Comeback?

Im Bezirk Bremgarten treten 15 der 16 Bisherigen wieder an. Lediglich bei der SVP wird ein Sitz frei. Sie wird ihn wohl verteidigen. Aber mit wem? Mit Polit-Urgestein Manfred Breitschmid (71)? Oder kommt es zum Generationenwechsel? Bereit steht der junge Newcomer Yves Blülle.

Brugg verliert als einziger Bezirk einen Grossratssitz. Der geht wegen des Bevölkerungswachstums in den Bezirk Lenzburg. Der Bezirk Brugg hat noch elf Sitze, alle Bisherigen treten wieder an. Eine oder einer muss am 18. Oktober also über die Klinge springen. Wen trifft es? Die nachgerutschte SVP-Grossrätin Doris Iten, oder gar den prominenten EVP-Grossrat Roland Frauchiger? Noch spannender wird es, falls die GLP den vor vier Jahren verlorenen Sitz möglicherweise zurückerobert.

Kann sich die Kleinpartei EDU im Grossen Rat halten?

Der Bezirk Kulm hat neun Sitze zu vergeben. Hier ist die spannendste Frage, ob die kleine EDU die vom Wahlgesetz verlangte Quote von mindestens 5 Prozent Wähleranteil in einem Bezirk wieder überspringt. Derzeit steht die EDU in Kulm bei 5,35 Prozent. Schafft sie es nicht, können andere profitieren. Chancen hätten FDP (die 2016 einen Sitz verlor), GLP oder Grüne.

Im Bezirk Laufenburg mit seinen 7 Sitzen will die CVP unbedingt ihren Sitzverlust von 2016 (er ging damals an die SP) wettmachen. Der Verlust schmerzte die CVP besonders, weil sie im Bezirk gar mehr Stimmen holte als die SP. Zugute kommen könnte der CVP, wenn die bisher BDP-Wählenden (1,5 Prozent) jetzt auf sie setzen.

Der Bezirk Lenzburg kann neu 13 (bisher 12) Sitze vergeben. Spannend ist es hier bei der CVP, die 2016 auf einen Sitz kam. Während der Legislatur zog Cécile Kohler aus Baden nach Lenzburg und nahm ihr Mandat mit, kürzlich wechselte Maya Bally von der BDP zur CVP. Zusammen mit Sabine Sutter- Suter treten drei bisherige Grossrätinnen für die CVP an. Noch enger wird das Ringen, da auch die mit dem Slogan «Bald kommen meine Tage» national bekannt gewordene Christina Bachmann ins Parlament drängt.

Im Bezirk Muri (7 Mandate) gab es vor vier Jahren keine einzige Sitzverschiebung. Hier tritt die vor vier Jahren bestgewählte Milly Stöckli (SVP) nicht mehr an. Ins Rennen steigen die jungen Kandidaten Alain Bütler, Lukas Abt und Jeremias Bächler. Die grössten Hoffnungen, den dritten SVP-Sitz zu verteidigen, darf sich Bütler machen, der Präsident der Jungen SVP Aargau. Derweil muss die CVP um den zweiten Sitz kämpfen. Schnappt sich womöglich die GLP mit ihrem Zugpferd, Muris Gemeindepräsident Hampi Budmiger, das Mandat? Budmiger war lange parteilos, kandidiert jetzt für die Grünliberalen. Er ist als Obmann der Gemeindeammänner-Vereinigung des Bezirks gut vernetzt und bekannt.

Spannend wird es auch im Bezirk Rheinfelden (10 Mandate). Dies insbesondere bei der Frage, wer den Sitz des nicht mehr kandidierenden Franco Mazzi (Stadtammann Rheinfelden) holt. Die FDP (sie hat 2 Sitze) scheint ihn auf sicher zu haben, doch die CVP (1 Sitz) will ihr zweites, einst an die GLP verlorenes Mandat zurückholen – von wem auch immer. Völlig ungefährdet sind die drei SVP-Sitze, unter anderem mit Fraktionschefin Désirée Stutz.

Zieht wieder ein Giezendanner im Grossen Rat ein?

Wie in Kulm interessiert im Bezirk Zofingen (15 Mandate), ob die EDU ihren Sitz halten kann, zumal der bisherige Grossrat Martin Lerch nicht mehr antritt. Aber auch, ob Stefan Giezendanner (SVP) nach der Wahl seines Bruders Benjamin in den Nationalrat neuer Grossrat wird. Die SP muss sich sehr anstrengen, ihren dritten Sitz zu verteidigen. In Lauerposition für einen zweiten Sitz sind die Grünen. Die CVP dürfte ihren Sitz mit dem Zofinger Stadtammann Hans-Ruedi Hottiger (er ist parteilos, aber Mitglied der CVP- Fraktion) verteidigen können.

Zusammen mit Muri hat der Bezirk Zurzach mit sieben Mandaten am wenigsten Sitze. Hier fällt der grosse Anteil Frauenkandidaturen auf. Aktuell ist mit Claudia Hauser (FDP) allerdings erst eine Frau aus dem Bezirk im Grossen Rat. Besonders schwierig ist es für Neue – Frauen wie Männer –, weil alle sieben Bisherigen wieder antreten.

Zeichen stehen auf Gewinne für Grüne und Grünliberale

Diese kleine Zusammenstellung zeigt: In jedem Bezirk sind die Verhältnisse anders. Ob eine Partei zulegt oder verliert, hängt auch stark von der Prominenz ihrer jeweiligen Zugpferde ab. Insgesamt dürfte es am 18. Oktober nicht zu grossen Verschiebungen kommen – abgesehen davon, dass Grüne und Grünliberale wie bei den Nationalratswahlen zulegen und gerade in den grossen Bezirken Sitze holen dürften.

Auch die CVP dürfte leicht zulegen, wenn die Annahme eintrifft, dass etliche BDP-Wählende nach dem Wechsel mehrerer Grossräte zur CVP nun ihre Liste einwerfen. Der neue Grosse Rat im Aargau dürfte nach den Wahlen ein bisschen grüner und etwas linker sein als bisher. Denkbar ist, dass der heu- tige rechtsbürgerliche Block im Rat leicht schwächer wird. Umso stärker umworben sein wird im Kantonspar- lament bei künftigen Rechts-Links- Abstimmungen die Mittepartei CVP.