Kampagnenstart
So wollen Bürgerliche und Wirtschaft am 15. Mai die Steuern für Firmen und natürliche Personen senken

Die bürgerlichen Befürworter der Steuersenkungsvorlage, über die im Aargau am 15. Mai an der Urne entschieden wird, beginnen noch vor der Gegnerschaft von links ihre Abstimmungskampagne. «Vorteil für alle» lautet ihr Slogan, mit dem sie obsiegen wollen.

Mathias Küng
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Kämpfen für die Steuervorlage, von links: Andy Steinacher (SVP), Gabriel Lüthy (FDP), Maya Bally (Die Mitte), Urs Widmer (AGV), Beat Bechtold (AIHK), Philippe Kühni (GLP).

Kämpfen für die Steuervorlage, von links: Andy Steinacher (SVP), Gabriel Lüthy (FDP), Maya Bally (Die Mitte), Urs Widmer (AGV), Beat Bechtold (AIHK), Philippe Kühni (GLP).

HO

Am 15. Mai kommt im Aargau eine sehr gewichtige Vorlage an die Urne. Es geht um die vom Grossen Rat beschlossene Senkung der Firmen-Gewinnsteuern, zeitlich gestaffelt von 18,6 auf 15,1 Prozent. Dieselbe Vorlage bringt eine Erhöhung des Versicherungsabzugs in der Steuererklärung um 50 Prozent. Ein Beispiel: Ein Ehepaar kann neu 6000 statt wie bisher 4000 Franken abziehen – sofern die Vorlage die Volkshürde nimmt.

Allianz von GLP bis SVP und mit den Wirtschaftsverbänden

Für Befürworter wie Gegner geht es am 15. Mai um viel. So starten die bürgerlichen Befürworter jetzt schon die Abstimmungskampagne. Vertreter des Komitees legten an einer Medieninformation ihre Argumente auf den Tisch. Sie stünden für eine breite Allianz von GLP, SVP, Die Mitte, FDP, EDU, Junge Mitte und Jungfreisinnige, Aargauische Industrie- und Handelskammer (AIHK), Aargauischer Gewerbeverband (AGV), Gemeindeammänner-Vereinigung sowie Bauernverband Aargau, betont AIHK-Direktor Beat Bechtold.

Im befürwortenden Co-Präsidium haben die Präsidentinnen beziehungsweise Präsidenten der obgenannten Parteien und Verbände Einsitz, also auch Gemeindeammänner-Präsident Patrick Gosteli, sowie der Badener Stadtammann Markus Schneider.

Maya Bally: Höherer Versicherungsabzug ist überfällig

Maya Bally.

Maya Bally.

Britta Gut

Bei einem Ja am 15. Mai «profitieren alle natürliche Personen durch die deutliche Erhöhung des Versicherungspauschalabzugs», sagt Maya Bally (Die Mitte). Diese Erhöhung sei überfällig, wurde der Abzug doch in den letzten 21 Jahren nie erhöht, derweil die Krankenkassenprämien massiv gestiegen sind.

Heute bilde der Aargau mit seinem tiefen Abzug für Familien mit Kindern sogar das Schlusslicht aller Kantone. Aber profitiert nicht vor allem der obere Mittelstand? Bally verneint. Der untere Mittelstand profitiere auch, sogar überproportional, sagt sie.

Gabriel Lüthy: Wir wollen zurück ins Mittelfeld der Kantone

Viel umstrittener als der Versicherungsabzug dürfte im Abstimmungskampf die Senkung der Firmen-Gewinnsteuer sein. Die sei für die Wirtschaft und den ganzen Kanton sehr wichtig, sagt FDP-Grossrat Gabriel Lüthy. Im Zuge der Steuersenkungen vieler Kantone sei der Aargau bezüglich Steuerbelastung auf die hinteren Ränge abgerutscht: «Wir schaffen es mit der Vorlage bei der Gewinnsteuer nicht nach vorn, aber wir wollen zurück ins Mittelfeld der Kantone», so sein dringliches Credo.

Gabriel Lüthy.

Gabriel Lüthy.

Man wolle so erreichen, dass mehr Arbeitsplätze im Aargau geschaffen werden, statt dass weiterhin «so viele gut ausgebildete Aargauerinnen und Aargauer zur Arbeit in andere Kantone pendeln.» Lüthy ist überzeugt, dass von der Vorlage alle profitieren.

Ihm schliesst sich AGV-Geschäftsführer Urs Widmer voll an. Das gelte auch für KMU, für das Gewerbe überhaupt. Zum einen entlaste die Vorlage via höheren Versicherungsabzug die Privatpersonen, zum andern mache die tiefere Gewinnsteuer den Aargau für grössere Firmen wettbewerbsfähiger: Davon profitieren laut Widmer auch zahllose Gewerbetreibende, wie der Beck, der den Znüni in die grosse Firma liefert, Gärtner, Elektriker, Sanitär usw.

Ins gleiche Horn stösst GLP-Präsident Philippe Kühni: «Es ist genau der richtige Zeitpunkt für diese Vorlage, da die meisten Gemeinden trotz Corona finanziell sehr gut dastehen». Der Kanton müsse für Firmen attraktiver werden: «Die Steuerbelastung ist dafür ein wichtiger Faktor. Von einer starken Wirtschaft profitieren auch die Standortgemeinden via Firmensteuern und über Arbeitnehmende, die ebenfalls Steuern zahlen.» Zudem greife der Kanton den Gemeinden zum Ausgleich der erwarteten Firmensteuerausfälle vier Jahre lang kräftig unter die Arme.

Andy Steinacher: Mehrere Fricktaler Gemeinden müssten in Geld schwimmen

Andy Steinacher.

Andy Steinacher.

Britta Gut

Aber geht diese Rechnung auf, kommen wirklich mehr Firmen, obwohl der Aargau selbst nach einer Steuersenkung steuerlich bei weitem nicht so attraktiv ist wie etwa Basel-Stadt? SVP-Grossrat Andy Steinacher ist überzeugt davon. Damit wolle man auch den Wegzug gewinnstarker Firmen verhindern, aber auch, dass weitere Gewinnverschiebungen in andere Kantone stattfinden, was sogar firmenintern sehr einfach sei.

Kann er Beispiele für solche Verschiebungen nennen? Aus Datenschutzgründen nicht, bedauert er. Er verweist aber auf das Fricktal mit grossen, gewinnstarken Firmen. Steinacher: «Die Standortgemeinden müssten eigentlich im Geld schwimmen, tun sie aber nicht.» Was die Steuerdifferenz etwa zu Basel betreffe, so sei die Versuchung heute gross, sich einen Wegzug aus dem Aargau zu überlegen. Wenn man die Differenz verkleinere, sinke dieser Anreiz.

Wie sind die Chancen nach der Klatsche für die Stempelsteuer-Vorlage?

Wie schätzt das Komitee denn seine Chancen ein, blies doch wirtschaftsfreundlichen Vorlagen wie der Stempelabgabe jüngst ein sehr kalter Wind ins Gesicht? Die Stempelabgabe sei sehr technisch und schwierig erklärbar gewesen, sagt Lüthy: «Doch die Vorlage vom 15. Mai können wir erklären. Wir können und werden diese Abstimmung gewinnen, denn alle profitieren davon.»

Aber kommen wirklich mehr Firmen und schaffen Firmen neue Arbeitsplätze, sodass über diese dynamischen Effekte letztlich die Steuerausfälle ausgeglichen werden? Immerhin bezeichnete GAV-Präsident Patrick Gosteli diese Effekte noch unlängst als Kristallkugellesen. Diese Effekte seien immer eine Schätzung, exakt könne man es nicht sagen, antwortet Steinacher. Doch schätze der Kanton aus seiner Erfahrung heraus konservativ: «Nach den letzten Steuerrevisionen waren die Erträge letztlich höher als die Schätzungen.» Er stellt mit Blick auf eine sinkende Gewinnkurve im Kanton eine Gegenfrage: «Was geschieht, wenn wir nichts tun?»

Über die Argumente der Gegenseite berichten wir bei deren Kampagnenstart ebenfalls an dieser Stelle.