EVP-Schweiz-Präsidentin Lilian Studer verteilt bei der Geburtstagsfeier ihrer Kantonalpartei in Aarau süsse Bären und ruft dazu auf, selbstbewusst aufzutreten. Regierungsrat Markus Dieth lobt die EVP für ihre Brückenbauer-Funktion und Diskussionsbereitschaft.
Wenn sich 120 Personen im Grossratsgebäude zur Feier treffen, Grossrat und Pfarrer Lutz Fischer-Lamprecht im Saal ein Gebet spricht, ein Regierungsrat ein Grusswort spricht, ein Blue-Grass-Duo seine Gospelsongs vorträgt und ein Spoken-Word-Künstler auftritt – dann feiert die EVP Aargau ihr 100-jähriges Bestehen.
Am Samstagmittag trafen sich in Aarau zahlreiche Mitglieder, aktive und ehemalige Politikerinnen und Politiker, Vertretungen anderer Kantonalparteien sowie die nationale Parteipräsidentin Lilian Studer, die aus dem Aargau stammt, zum grossen Geburtstagsfest. Roland Frauchiger, Co-Präsident der EVP Aargau und Grossrat, moderierte die Feier.
Frauchiger sagte, bei der Gründung kurz nach dem 1. Weltkrieg sei die EVP Aargau in einem Spannungsfeld zwischen den politischen Polen gestanden und habe sich als Brückenbauerin gesehen. Auch heute stehe die Partei in einem Spannungsfeld zwischen dem Evangelium als Fundament und dem Zeitgeist. «Wir sollten uns nicht dazu verleiten lassen, von unserem Fundament abzurücken», hielt Frauchiger fest.
Man könne auf einem Fundament verschiedene Häuser bauen, sollte dies aber nicht ausserhalb davon tun, «nur aus Angst, man könnte als Hinterwäldlerpartei angeschaut werden», mahnte er. Der Aargau ist für die EVP ein wichtiger Kanton: die nationale Partei wurde 1919 in Brugg gegründet, mit Heiner Studer stellte man von 1999 bis 2007 den ersten Nationalrat, heute sitzt seine Tochter Lilian in Bundesbern und präsidiert die EVP Schweiz.
Lilian Studer ging in ihrem Referat auf die Geschichte der EVP Aargau ein, bei der es auch Verbindungen zur aktuellen Coronasituation gibt. So konnte die EVP Rupperswil in den 1920er-Jahren keine Nomination durchführen, weil wegen einer Viehseuche ein Versammlungsverbot galt. Zudem stellte die EVP mit Grossrätin Johanna Haber im Jahr 1984 die erste Kantonsärztin des Aargaus.
Studer wies ebenfalls auf die Brückenbauerfunktion der EVP hin und illustrierte diese damit, dass 1953 mit Unternehmer Eugen Scholl und Gewerkschaftssekretär Charles Girod zwei sehr unterschiedliche Männer für die Partei im Grossen Rat sassen. Dank der traditionell guten Diskussions- und Streitkultur habe dies funktioniert. Studer gratulierte der EVP und damit «uns allen» zum 100. Geburtstag und hielt fest, die Werte der Partei seien noch immer dieselben wie bei der Gründung. Damals wie heute setze sich die EVP getreu ihrem Slogan mit Leidenschaft für Mensch und Umwelt ein.
Sie habe nichts an Attraktivität eingebüsst, auch als kleine Partei trage die EVP viel zur Entwicklung der Gesellschaft bei. Am Ende ihrer Ansprache verteilte Studer süsse Berner Bären an die kantonale Parteiführung mit Co-Präsident Frauchiger und Co-Präsidentin Therese Dietiker. Sie wünschte der EVP Aargau «eine bärenstarke Zukunft» und hielt fest, man dürfe künftig politisch durchaus selbstbewusster auftreten.
Markus Dieth (Die Mitte) überbrachte die besten Wünsche des Regierungsrat und wies darauf hin, dass die Politik und das Schweizer System heute auf dem Prüfstand stünden – ganz ähnlich wie damals, als die EVP Aargau gegründet wurde. In solchen Zeiten sei weniger das Zerren von links und rechts gefragt, sondern mehr das Verbindende und die Brückenbauer in der politischen Mitte. «Bei der EVP trifft man auf Politikerinnen und Politiker, die diskussionsbereit sind und im Dienst der Gesellschaft handeln», lobte Dieth.
Uriel Seibert, Grossrat im Aargau und Co-Präsident der Jungen EVP Schweiz, hielt in seiner Rede fest, dass der Regierungsrat den Slogan «Für die Menschen im Aargau» wohl bei seiner Partei abgekupfert habe. «Wir wären nicht enttäuscht, wenn die Regierung auch politische Inhalte aus unserem Leitbild und unserem Schwerpunktprogramm abkupfern würde», ergänzte Seibert lachend. Schliesslich wurden zahlreiche ehemalige und aktive Grossratsmitglieder geehrt, bevor es bei der EVP Aargau zum gemütlichen Teil des 100. Geburtstags mit Mittagessen und Begegnungsprogramm draussen vor dem Grossratsgebäude ging.