Coronakrise
In Wohnheimen für behinderte Menschen werden Personal und Schutzmaterial knapp

Die Coronakrise macht nicht nur den Spitälern zu schaffen. Auch soziale Institutionen stehen vor Herausforderungen, wie das Beispiel der Stiftung Schürmatt zeigt.

Noemi Lea Landolt
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In der Stiftung Schürmatt wird betreutes Wohnen für behinderte Menschen angeboten. Doch auch diese Einrichtung leidet unter der Coronakrise.

In der Stiftung Schürmatt wird betreutes Wohnen für behinderte Menschen angeboten. Doch auch diese Einrichtung leidet unter der Coronakrise.

Peter Siegrist

Die Stiftung Schürmatt betreut, schult und therapiert Menschen mit Beeinträchtigungen. Zwar sind die Heil­pädagogischen Schulen der Stiftung – wie alle anderen Schulen im Kanton – vorerst geschlossen. Aber um die Menschen, die in den Wohngruppen leben, kümmern sich die Mitarbeitenden weiterhin. Die wenigsten hätten zu ihren Eltern ziehen können, sagt Schürmatt- Direktor Werner Sprenger. «Rund 70 Prozent der Klientinnen und Klienten des Wohnbereichs sind weiterhin in unserer Obhut. Sie können nicht zu Hause betreut werden, weil sie ein schwieriges Verhalten zeigen oder weil ihre Eltern betagt sind und damit zur Risikogruppe gehören.»

Mitarbeitende fallen aus, weil sie zu einer Risikogruppe gehören

Für die Stiftung und die Mitarbeitenden stelle die aktuelle Situation eine grosse Herausforderung dar, auch wenn sich bisher noch kein Klient mit dem Coronavirus angesteckt habe, sagt Werner Sprenger. Die Schürmatt kämpfe zum Beispiel mit Personalmangel. «Viele Mitarbeitende fallen aus, weil sie zu einer Risikogruppe gehören.» Home- office ist bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung selbsterklärend keine Option.

Aber auch auf Mitarbeitende, die nicht zur Risikogruppe gehören, muss der Schürmatt-Direktor verzichten. Er erzählt, dass einer seiner Mitarbeiter als Sanitätssoldat eingezogen wurde. «Als soziale Institution sind wir nicht Teil des Gesundheitswesens, deshalb können unsere Mitarbeitenden vom Militär eingezogen werden.» Aus dem gleichen Grund sei auch das Schutzmaterial knapp. «Hygienemasken haben wir genug, aber spezielle Atemschutzmasken sind knapp. Wir haben nur 15 bis 20 Stück», sagt Werner Sprenger.

Erfolgreiche Intervention bei Regierungsrat Alex Hürzeler

Er hat sich deshalb direkt an den zuständigen Regierungsrat Alex Hürzeler gewandt und ihn gebeten, die Thematik in die Entscheidungsgremien einfliessen zu lassen. «Die Mitarbeitenden arbeiten eng mit den Klientinnen und Klienten, sie helfen ihnen zum Beispiel bei der Körperpflege oder beim Essen. Deshalb sind sie genauso auf Schutzmaterial wie Masken, Schürzen und Desinfektionsmittel angewiesen, wie das Personal in Spitälern oder Alters- und Pflegeheimen.»

Die Intervention beim zuständigen Regierungsrat war erfolgreich. Der Kantonale Führungsstab hat das Problem erkannt. In seinem Lagebulletin vom letzten Mittwoch hielt er fest, dass sich bei den Sonderschulen und Heimen momentan Herausforderungen hinsichtlich der personellen Ressourcen und der Umsetzung der Quarantäne- und Isolationsmassnahmen stellten. Und weiter: «Sonderschulen und Heime werden in Bezug auf Schutzmassnahmen und -material dem Gesundheitswesen gleichgestellt.»

Werner Sprenger freut sich über das schnelle Handeln der Regierung und hofft, dass sich die Situation in Bezug auf das Schutzmaterial nun verbessert. Gleichzeitig sei die Stiftung daran, sich vorzubereiten. «Wir sind dabei, ein Isolierzimmer einzurichten.» Wenn es in der Schürmatt mehrere Coronafälle geben würde, könnte auch eine ganze Wohnung komplett isoliert und für die Patientinnen und Patienten genutzt werden. «Das haben wir schon einmal gemacht, als wir das Norovirus hatten.»

So wie der Stiftung Schürmatt geht es auch anderen Unternehmen mit sozialem Auftrag. Deren Verband Avusa schreibt in einer Mitteilung, dass neben den Akteuren im Gesundheits- und Lebensmittelbereich auch diesen Un- ternehmen ein grosses Dankeschön gebühre. Ebenso müssten sie mit dem notwendigen Schutzmaterial ausgerüstet werden. Der Verband zeigt sich erfreut, dass der Kanton die erhöhte Relevanz inzwischen erkannt hat und bedankt sich für die angebotene Unterstützung.