Coronavirus
Impfstrategie im Aargau: Der Kanton wurde von der guten Nachricht überrumpelt

Der Aargau feilt mit Hochdruck an seiner Impfstrategie. Während andere Kantone noch dieses Jahr mit Impfen loslegen, ist im Aargau vieles noch unklar und der Impfstart abhängig davon, wann der Bund seine Software liefert.

Noemi Lea Landolt
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Mit einer ersten Lieferung erhält der Aargau ungefähr 8000 Dosen des Corona- Impfstoffes. Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen werden zuerst geimpft.

Mit einer ersten Lieferung erhält der Aargau ungefähr 8000 Dosen des Corona- Impfstoffes. Bewohnerinnen und Bewohner von Pflegeheimen werden zuerst geimpft.

David Goldman/ap

Swissmedic hat am Samstag den ersten Corona-Impfstoff zugelassen. Kurz darauf verkündete Gesundheitsminister Alain Berset in einer Videobotschaft: «In den nächsten Tagen starten wir mit Impfen.» Diese Aussage setzt die Kantone unter Druck, die eine Impfstrategie entwickeln und den Impfstoff verteilen müssen.

Während die Zentralschweizer Kantone und Basel-Stadt noch im alten Jahr mit dem Impfen beginnen, dauert es im Aargau noch etwas länger. Hier will man am 5. Januar 2021 loslegen. Am Montag Abend hat die Startsitzung mit den beteiligten Leistungserbringern aus dem Gesundheitswesen zur Detailplanung stattgefunden. «Die Leistungserbringer haben im Vorfeld ihre Bereitschaft zur Mithilfe zugesichert und sich bereits bei der Erstellung des Grobkonzepts aktiv eingebracht», sagt Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit. Sie sei deshalb zuversichtlich, dass der Kanton am 5. Januar parat sein werde.

Spitalpersonal soll nicht zusätzlich belastet werden

Eine bis ins Detail ausgearbeitete Impfstrategie hat der Aargau noch nicht. Fest steht, dass zu Beginn die Impfzentren den Kantonsspitälern in Aarau (KSA) und Baden (KSB) angegliedert werden. Dort sollen Coronarisikopersonen geimpft werden und von dort sollen auch mobile Einheiten ausschwärmen, die jene besonders gefährdeten Aargauerinnen und Aargauer impfen, die nicht mehr selbstständig nach Aarau oder Baden reisen können. Zum Beispiel Heimbewohner.

Den Spitälern angegliedert werden die Impfzentren wegen der Spital-Apotheke. Der Impfstoff von Pfizer/Biontech muss nämlich bei minus 75 °C gelagert werden. Das ist in den Spital-Apotheken möglich. Mit dem Transport des Impfstoffes von der Anlieferstelle des Bundes bis zu den Impfzen­tren hat der Kanton die Firma Planzer beauftragt.

Das Spitalpersonal ist wegen der Coronapandemie bereits am Anschlag – trotzdem sollen im KSA und KSB noch Impfzentren entstehen. «Alleine wird das KSB diese zusätzliche Aufgabe nicht stemmen können», sagt Sprecher Omar Gisler. Das Spital könne sein medizinisches und logistisches Know-how in die Projektgruppe einbringen. «Insbesondere in der Administration und Organisation ist jedoch eine Unterstützung durch den Kanton unabdingbar.»

Es sei nicht die Meinung, dass die Spitäler die Impfzentren betreiben müssen, sagt Barbara Hürlimann. Natürlich seien insbesondere die Spitalapotheker und die Infektiologen involviert. «Aber es ist nicht so, dass die Spitäler den Betrieb mit eigenem Personal stemmen müssen.» Angesichts der aktuellen Belastung wäre das gar nicht möglich. Stattdessen setzt der Kanton zum Beispiel auf pensionierte Ärztinnen und Ärzte, auf Apothekerinnen und Apotheker, Spitex-Organisationen, Sanitätssoldaten oder Studierende. Wahrscheinlich wird auch der Zivilschutz zum Einsatz kommen.

Ihre Coronatestzentren haben die Spitäler selbstständig und ohne Hilfe des Kantons aufgebaut und organisiert. Bei den Impfzentren will der Kanton die Spitäler nun unterstützen.

Container-Lösung oder Badminton-Halle?

Noch unklar ist laut Hürlimann, ob Container aufgestellt oder ob andere, bestehende Räumlichkeiten in der Nähe der Spitäler zu Impfzentrum umfunktioniert werden. Das werde in den nächsten Tagen entschieden. In Aarau böte sich beispielsweise die leere Aeschbachhalle an. In Baden zum Beispiel die Badminton-Halle in der Nähe des Spitals oder das Trafo.

Für die Planung und Umsetzung der kantonalen Impfstrategie ist die Abteilung Gesundheit zuständig. Am 7. Dezember teilte das Gesundheitsdepartement mit, das Impfkonzept werde unter der Leitung des Kantonsapothekers erstellt. Weil dieser jedoch krankheitsbedingt ausfällt, wurde ein externer Projektleiter angestellt. Er hat letzte Woche seine Tätigkeit aufgenommen.

8000 Impfdosen für weit mehr als 100'000 Risikopatienten

Ihn erwartet keine einfache Aufgabe. Wichtig sei, dass mit der Impfung möglichst rasch all jene Menschen erreicht werden, die aus gesundheitlichen Gründen darauf angewiesen sind, sagt Hürlimann. Im Aargau leben weit über 100'000 Personen, die zur Coronarisikogruppe gehören. Wie genau sie alle erreicht und priorisiert werden können, daran werde aktuell mit Hochdruck gearbeitet, sagt sie. Nicht zuletzt gehe es auch darum, die Aargauer Bevölkerung von einer Impfung zu überzeugen. «Zumindest am Anfang muss man sich trotz Impfung weiterhin an die Schutzmassnahmen halten», sagt Hürlimann. Aktuell sei noch nicht bekannt, ob auch das Ansteckungs- und Übertragungsrisiko mit einer Impfung tiefer sei.