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Kanton Aargau
Das Hilfswerk Margrit Fuchs betreut Hunderte von Waisen und verwahrlosten Kindern, ermöglicht 1500 Kindern den Schulbesuch, unterstützt zahlreiche notleidende Familien mit Viehabgaben und leistet viele weitere Hilfsaktivitäten. Die Präsidentin der Stiftung, Regula Gloor, berichtet von ihrem erneuten Besuch in Ruanda.
Die Kantine von Kumukenke ist brechend voll. Alle sind zur offiziellen Einweihung gekommen, Mütter, Väter, Kinder, die Behörden des Bezirks und die Mamans Volontaires, welche für die Betreuung von Waisen und verwahrlosten Kindern zuständig sind. Kumukenke ist bereits die fünfte Kantine, die durch die Stiftung Margrit Fuchs finanziert und nun vom Bureau Social in Betrieb genommen wurde. Rund 100 Kinder erhalten hier dreimal pro Woche ein Mittagessen, werden mit Kleidern, einer Schuluniform und Hygieneartikeln ausgestattet und erhalten mit den Mamans Volontaires eine Vertrauensperson für sämtliche Anliegen.
Das ursprünglich ausschliesslich für Waisenkinder geplante Projekt hat sich stark ausgeweitet, da in allen Bezirken auch sehr viele vernachlässigte, mangelernährte Kinder leben, deren Eltern sich nicht um sie kümmern. Deshalb war schnell klar, dass man auch diese Eltern ins Projekt einbeziehen muss, wenn sich wirklich etwas nachhaltig ändern soll. In vielen Treffen wurden die Eltern auf ihre Verantwortung für ihre Kinder hingewiesen, auf die Wichtigkeit des Schulbesuchs und eine angemessene Hygiene. Sie wurden aber auch instruiert, wie sie durch den Anbau von Gemüse und Früchten für eine gesündere Ernährung sorgen können – und sie mithilfe eines Kleinkredites sich aus der absoluten Armut befreien und ihr Leben selber in die Hand nehmen können.
Um ihre Erlebnisse und Erfahrungen den Besuchern aus der fernen Schweiz zu vermitteln und für die Hilfe zu danken, sind die Leute so zahlreich in die Kantine gekommen. Die Lebensgeschichten sind berührend, und dass sich die Begünstigten so offen vor der ganzen Gemeinschaft und den fremden Besuchern äusserten, zeugt vom neu gewonnenen Selbstvertrauen.
Da ist Yvette, der man es heute fast nicht mehr abnimmt, dass sie noch vor zwei Jahren nicht einmal Kontakt mit den Nachbarn hatte, da sie sich so geschämt hatte für ihre fehlende Schulbildung und ihre Armut. Heute kann sie mit dem Kleinkredit ein Stück Land pachten, das ihr und ihren zwei Kindern den Lebensunterhalt sichert. Heute ist sie aktiv in der Gemeinschaft dabei. Oder Raymond, der mit dem Kleinkredit eine kleine Ziegenzucht aufgebaut hat und stolz erwähnt, wenn wir mal «Brochettes» aus Ziegenfleisch haben möchten, er die beste Quelle sei. Oder Vivienne, die auf dem gepachteten Land ausschliesslich Soja anpflanzt und aus dem Soja Biscuits fertigt, die einen sehr guten Absatz finden. Als Beweis überreicht sie uns ein paar «Versucherli». Und ja, die sind wirklich sehr fein.
Einiges zu lachen gibt es, als zwei ungefähr Zehnjährige ein selbst verfasstes Gedicht zu unseren Ehren vortragen, in welchem sie aufführen, was für sie dank unserer Hilfe besser geworden ist und was sie gelernt haben. Nach dem Grund der Heiterkeit gefragt, wird uns gesagt, dass sie alle Mädchen vor den bösen jungen Männern gewarnt hätten, die doch alle nur das eine wollten und sie nachher im Stich lassen würden. Die beiden sind zwar noch etwas gar jung für das Thema, aber es zeigt doch, dass alle Themen in dieser Gemeinschaft angesprochen werden. Dies wird auch durch eine andere junge Mutter bestätigt, die erzählt, dass sie kurz vor der Scheidung gestanden sei. Da sie und ihr Mann jetzt aber gelernt hätten, wie man Konflikte in der Familie lösen könne, sehen sie heute wieder eine gemeinsame Zukunft.
Ein lokales Komitee, welches durch die Dorfgemeinschaft gewählt wird, entscheidet darüber, wer einen Kleinkredit erhalten soll. Wer sich bewirbt, muss zuerst ein Ausbildungsprogramm absolvieren und sein Projekt vor dem Komitee präsentieren. Nur wenn es als erfolgversprechend eingeschätzt wird und man dem Kreditnehmer das Projekt zutraut, wird beim Bureau Social die Kreditgewährung beantragt. Häufig übernimmt die Gemeinschaft sogar eine Solidarhaftung für den Kredit, und das lokale Komitee kümmert sich auch um das Inkasso der Kreditraten. So ist eine soziale Kontrolle gewährleistet und die Zahlungsmoral stark gestiegen.
Das Projekt mit den mittlerweile fünf Kantinen, in denen sich die Mamans Volontaires um knapp 500 Kinder kümmern, hat sich durch den Einbezug der Eltern und der ganzen Dorfgemeinschaften erfreulich entwickelt. Bereits wurden wir von weiteren Bezirken angefragt, ob wir das System mit den Kantinen und den Mamans Volontaires nicht auch bei ihnen aufbauen würden. Wir prüfen das, da wir überzeugt sind, dass dieses Projekt ganz im Geist von gewesen wäre.
Wir durften uns während unseres Besuchs davon überzeugen, dass auch alle anderen Projekte und Aktivitäten des Hilfswerks sich erfreulich entwickeln und die beiden Direktverantwortlichen für die Stiftung, Frédéric und Yvonne, eine ausgezeichnete Arbeit leisten und dafür sorgen, dass das Geld zweckgebunden eingesetzt wird.
Auch die von uns angebotenen beruflichen Ausbildungen als Schreiner, Köchin, Schneiderin oder Autounterhalt werden rege genutzt. Die Ausbildungen sind zwar in keiner Art und Weise mit einer Lehre in der Schweiz zu vergleichen und auch die Qualität ist nicht immer ganz so, wie wir es gerne möchten. Trotzdem finden die Lehrabgänger aufgrund der erlernten Fähigkeiten in den meisten Fällen einen Job oder können sich selbstständig machen.
Die Viehverteilungen haben dazu geführt, dass der Bezirk Muhanga jetzt zu jenen Bezirken gehört, in denen das auch vom Präsidenten unterstützte Projekt «one cow – one family» (eine Familie – eine Kuh) am weitesten fortgeschritten ist. Deshalb wurde der Schwerpunkt in diesem Jahr auf den Bezirk Kamoni gelegt, wo neben Kühen und Ziegen auch Schweine und Hühner verteilt werden. Diese Tiere sind weniger anspruchsvoll in der Pflege und vermehren sich schneller, sodass sie bald zusätzliches Einkommen generieren.
Die Hilfswerkgründerin und -leiterin Margrit Fuchs ist auch 10 Jahre nach ihrem Tod immer noch sehr präsent in Ruanda. Ihre Zuwendung zu den Menschen, ihre Unterstützung und Herzlichkeit, aber auch ihr Fordern, dass man den Menschen zwar eine Anschubhilfe geben soll, dass sie dann aber ihr Leben selber in die Hand nehmen müssen, wurden auch anlässlich der jedes Jahr stattfindenden ‹Semaine Margrit› immer wieder erwähnt. Die Bevölkerung, aber auch die Behörden im Bezirk sind ausgesprochen dankbar, dass das Werk von Margrit durch die Stiftung weitergeführt wird. Immer wieder werden wir gebeten, den herzlichen Dank an die unbekannten Spender in der fernen Schweiz weiterzuleiten, was wir hiermit auch tun möchten: MURAKOZE – DANKE, dass Sie das Werk von Margrit Fuchs mit einer Spende an die Weihnachtsaktion unterstützen.
Ein sehr wichtiges Projekt, bei welchem weiterhin ein sehr grosser Bedarf besteht, sind die Schulgeldzahlungen. Obwohl wir heute rund 1500 Kinder unterstützen, gibt es immer noch sehr viele Kinder, die trotz guten Leistungen den Schulbesuch abbrechen müssen, da sie das Schulgeld nicht bezahlen können.
Hier klafft der Anspruch des Staates, dass alle Kinder 9 oder sogar 12 Jahre zur Schule gehen sollen, und die Realität, nämlich dass für den Schulbesuch bezahlt werden muss, stark auseinander. Die wenigsten Kinder haben eine Sekundarschule in ihrer Nähe, sie müssen ein Internat mit entsprechenden Kosten besuchen. Die Kinder, die wir unterstützen, sind sich ihrer Chance bewusst und bitten uns immer wieder, diesen Dank den Spendern in der Schweiz zu übermitteln.
Ein Schüler hat es in der Form eines Gedichts in Englisch getan, in welchem er uns zusicherte, dass er eines Tages alles zurückzahlen werde, das Schulgeld, die Bücher, sogar das Benzin für das Flugzeug, welches uns aus der Schweiz hierhergebracht habe . . . Aber vor allem werde er nach seiner Ausbildung andern Kindern helfen, damit sie die gleiche Chance wie er selber erhalten würden.
Das Projekt, Solarlampen an Schüler abzugeben, welche zu Hause über kein elektrisches Licht verfügen, wird mit gutem Erfolg weitergeführt. Die Lehrer bestätigen, dass die Schüler dadurch bemerkenswerte Fortschritte machen. Pro Schule wurde ein verantwortlicher Lehrer bestimmt, der alle Lampen am Beginn des Semesters überprüft und defekte Lampen zusammen mit den Schülern repariert. So wird dafür gesorgt, dass einerseits die Lampen nicht verkauft werden, anderseits aber auch, dass sie nicht plötzlich defekt in einer Ecke landen, da sie niemand reparieren kann. Weitere Schulen haben sich gemeldet, die ebenfalls gerne Solarlampen abgeben möchten, damit die Kinder auch nach Sonnenuntergang Hausaufgaben erledigen können.
Auch dieses Jahr konnten wir dank eines Legates ein Schulhaus bauen. In unglaublich kurzer Zeit, in zwei bis drei Monaten, hat unser Baumeister Théogène mit seiner Bauequipe ein Schulhaus mit sechs Klassenzimmern, einem Lehrerzimmer und sanitären Anlagen erbaut. Es sind einfache eingeschossige Bauten; als Einrichtung gibt es nicht viel mehr als Pulte und Bänke und eine Wandtafel. Aber sie dienen ihrem Zweck. Da nicht alle Schulhäuser über Elektrizität verfügen, wurden diese Bauten mit Solarpanels ausgerüstet, die nun zuverlässig dafür sorgen, dass alle Räume über Licht verfügen und auch Erwachsene am Abend unterrichtet werden können. (rg)