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Einer der wenigen stattfindenden Grossanlässe konnte im Campussaal Brugg-Windisch mit 250 Teilnehmenden durchgeführt werden. Sie hielten die Abstandsregeln ein und blickten auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2019 zurück.
Kann man es im aktuellen Corona-Umfeld wagen, wieder einen Grossanlass in einem geschlossenen Raum durchzuführen? Und wenn ja, wie? Vor dieser Frage stehen mit Blick auf die September-Abstimmungen und die Wahlen im Oktober Parteien und Abstimmungskomitees. Meist entscheiden sie derzeit gegen öffentliche Grossanlässe oder verlegen sie ins Internet.
Die Verantwortlichen der Hightech Zentrum Aargau AG wagten es für ihren Jahresanlass. Dafür luden sie in den Campussaal Brugg-Windisch ein. Dort liessen sie ganz bewusst jeden zweiten Stuhl frei. Trotzdem konnten 250 angemeldete Personen über mehrere Checkpoints in den in drei Sektoren unterteilten Saal geleitet werden. So konnte man die Abstände einhalten.
Beim anschliessenden Apéro durfte man sich nur innerhalb des eigenen Sektors bewegen, um das Contact-Tracing sicherzustellen. Auf das übliche Buffet wurde verzichtet, um Ansammlungen zu verhindern. Der Apéro wurde auf einem Teller serviert. Ab dann lag es in der Selbstverantwortung jedes und jeder einzelnen, die Abstände einzuhalten. Der Abend zeigte: So ein Grossanlass ist unter Coronabedingungen sehr aufwendig, aber machbar, wenn Saal und Abstände gross genug sind.
Der Anlass wurde zum Abend von Volkswirtschaftsdirektor Urs Hofmann, der am 1. April 2009 sein Amt angetreten hat. Damals, mitten in der Finanzkrise, schrumpfte die Industrieproduktion, der sinkende Euro setzte die Exportwirtschaft zusätzlich unter Druck. «Wie immer in Zeiten der wirtschaftlichen Baisse und der Rezession», blickte Hofmann im Campussaal zurück, «wurden damals auch von der Aargauer Regierung geeignete Massnahmen zum Schutz unserer Unternehmen und der Arbeitsplätze gefordert.»
Der Regierungsrat präsentierte damals ein langfristig angelegtes Programm zur Stärkung der Innovationskraft der Aargauer KMU. Dazu gehörte die Idee zur Begründung eines Hightech Zentrums (HTZ). Dieses sollte im Aargau Firmen mit guten Ideen und Bildungsinstitutionen mit entsprechendem Know-how zusammenbringen, um so neuen Produkten oder Dienstleistungen auf die Sprünge zu helfen. Hofmann gewann damals die Regierung und schliesslich auch die Mehrheit des Grossen Rates dafür.
Im Campussaal sagte Hofmann stolz, das 2012 gegründete Hightech Zentrum habe sich inzwischen etabliert. Es unterstütze «KMU unkompliziert und praxisnah bei Innovationsvorhaben». Hofmann tritt im Oktober für den Regierungsrat nicht mehr an, was die Veranstalter nutzten, um ihn, den «Vater» des Hightech Zentrums, schon jetzt gebührend zu verabschieden. Verwaltungsratspräsident Anton Lauber dankte der «Schlüsselfigur» Hofmann für sein Wirken mit viel Lob und innovativen Geschenken, etwa mit einem Nano-Regenschirm, den man nach dem Regen bloss zu schütteln brauche, und er sei wieder trocken.
In kurzen Präsentationen konnten anschliessend drei Firmen aufzeigen, inwiefern das Hightech Zentrum bei einer Innovation helfen konnte.
Eins dieser Unternehmen ist die Stobag AG in Muri. Sie ist auf massgeschneiderte Sonnen- und Wetterschutzsysteme spezialisiert. Sie hat mit Unterstützung des Hightech Zentrums ihr erstes grosses Digitalisierungsprojekt umgesetzt: Die Entwicklung eines integrierten Tools für Online-Bestellungen durch den Fachhandel. So konnte die Stobag AG den Bestellprozess stark beschleunigen.
Die Medicoat AG aus Mägenwil beschichtet Knochenimplantate (etwa Hüftimplantate), baut Beschichtungsanlagen und produziert Beschichtungspulver. In einem Nano-Argovia-Projekt wurde ein innovativer, kostengünstiger Prozess zur keramischen Beschichtung sehr kleiner Titanimplantate (nutzbar etwa im Zahnbereich) entwickelt.
Schliesslich sprach ein Vertreter der ABB Schweiz AG Traktion in Turgi: Auf der Basis einer Technologiestudie wurde am Standort Baden eine automatisierte Batterieproduktion gebaut. Im Zentrum stehen innovative Energiespeichersysteme für mobile Anwendungen (etwa für Züge, Elektrobusse). Ermöglicht wurde diese Investition als Folge der Entwicklung eines Laserschweissverfahrens, das für ABB Neuland gewesen sei. Auf die Nachfrage von Moderator und Grossrat Herbert H. Scholl, ob das Hightech Zentrum nicht vorab für KMU da sein soll, antwortete der ABB-Vertreter, innerhalb des Konzerns seien sie selbst eine Art KMU. Um die Hilfe seien sie froh gewesen.
Schliesslich erläuterte Crispino Bergamaschi, Direktionspräsident der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) in Brugg-Windisch, die vier Elemente des «Aargauer Rezepts für eine erfolgreiche Innovationsförderung»: Es bestehe aus Fachkräften (FHNW, PSI, Höhere Fachschulen), aus Beratung (etwa Hightech Zentrum, Park InnovAare), aus Förderinstrumenten (zum Beispiel Forschungsfonds Aargau) und aus Start-up-Förderung (etwa Swiss Challenge FHNW). All dem solle man Sorge tragen, so Bergamaschi. Letztlich aber brauche es eigenverantwortliche Unternehmen, die von beseelten Menschen angetrieben werden.
Das Jahr 2019 sei sehr gut gewesen, sagte Martin A. Bopp, Geschäftsführer der Hightech Zentrum Aargau AG. Erneut sei es gelungen, die «Mission Innovation» zu erfüllen. Demnach startete das Team der Technologie- und Innovationsexperten 349 neue Kundenprojekte, was eine Rekordmarke sei. 85 Projekte wurden gemeinsam mit einer Hochschule durchgeführt. Von den insgesamt über 350 Hochschulprojekten seit dem Start 2013 seien 51 Prozent mit der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW umgesetzt worden, die andere Hälfte mit Hochschulen aus der ganzen Schweiz, sagte Bopp weiter. Das Hightech Zentrum machte auch eine Kundenbefragung. Diese sei erneut sehr positiv ausgefallen, sagte Bopp weiter. Mehr als 90 Prozent der unterstützten Unternehmer würden seine Institution einer befreundeten Geschäftskollegin oder einem befreundeten Geschäftskollegen empfehlen. Zwei Drittel der Unternehmen erwarten, dass sie dank der so realisierten Projekte neue Produkte oder Dienstleistungen entwickeln und ihre Konkurrenzfähigkeit steigern. (mku)