Grosser Rat
Aargauer Gemeinden sollen nicht länger Pensionskassengelder einsacken dürfen, um Sozialhilfeschulden zu begleichen

Der Grosse Rat überwies ein Postulat, in dem die Regierung aufgefordert wird, dafür zu sorgen, dass künftig Sozialhilfeschulden nicht mehr mit Freizügigkeitsguthaben zurückbezahlt werden müssen.

Raphael Karpf
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Der Grosse Rat überwies diesen Dienstag ein Postulat, um das Altersguthaben von Sozialhilfebezügern besser zu schützen.

Der Grosse Rat überwies diesen Dienstag ein Postulat, um das Altersguthaben von Sozialhilfebezügern besser zu schützen.

Sandra Ardizzone

Wer im Aargau in die Sozialhilfe abrutscht, muss damit rechnen, dass er diese mit seinem Altersguthaben wird zurückzahlen müssen. So handhaben es aktuell mehrere Gemeinden. Der Aargau ist der einzige Kanton schweizweit, in dem dies geschieht.

Eine einheitliche Regelung gab es im Kanton bisher nicht. Zwar raten der Kantonale Sozialdienst sowie die SKOS-Richtlinien (Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe) explizit davon ab, Altersguthaben einzufordern. Gleichzeitig erlauben mehrere Aargauer Verwaltungsgerichtsentscheide diese Praxis. Und entsprechend handhaben die Gemeinden die Thematik ganz unterschiedlich.

So konnte es bisher vorkommen, dass jemand kurz vor der Pensionierung fast sein gesamtes Freizügigkeitsguthaben hergeben musste, während eine Person in derselben Situation ein Dorf weiter das nicht musste.

Motion forderte das Ende dieser Praxis

Eine parteiübergreifende Motion mit Sprecherin Therese Dietiker (EVP) wollte dies ändern. Dietiker forderte, dass mit Freizügigkeitsguthaben keine Sozialhilfeschulden mehr zurückbezahlt werden müssen. Das Geld solle einzig für die Altersvorsorge verwendet werden dürfen.

Die Motion lehnte die Regierung zwar ab, aber sie war bereit, das Anliegen als Postulat entgegenzunehmen. An seiner Sitzung diesen Dienstag hat der Grosse Rat das Postulat überwiesen.

Für den Kanton brächte diese Regelung finanzielle Vorteile. Denn wer ohne Freizügigkeitsguthaben dasteht, erhält Ergänzungsleistungen. Diese werden von Bund und Kanton finanziert.

Vor der Entscheidung sollen Gemeinden angehört werden

Schlechter dastehen würden hingegen die Gemeinden, die ihr Sozialhilfebudget nicht mehr mit Altersguthaben aufbessern können. So schreibt die Regierung auch, man werde zuerst noch die Gemeinden anhören, bevor man einen Entscheid fälle.

Das Netzwerk Sozialer Aargau schreibt in einer Mitteilung, man begrüsse, dass das Postulat überwiesen wurde. Gleichzeitig fordert das Netzwerk Sozialer Aargau: «Die Gemeinden im Kanton Aargau müssen sich zu den revidierten SKOS-Richtlinien bekennen und künftig auf die Rückerstattung von Sozialhilfegeldern mit Freizügigkeitsguthaben verzichten.»