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Kanton Aargau
Einer der grössten Schweizer Betrugsfälle hat ein weiteres Nachspiel: Die Ehefrau des zu neun Jahren verurteilten Geschäftsführers der Fricktaler Investmentfirma ASE musste sich am Dienstagmorgen vor dem Bezirksgericht Laufenburg verantworten. Der Vorwurf: Geldwäscherei. Im Mittelpunkt: eine Omega-Uhr.
170 Millionen Franken. Um so viel Geld betrogen die Verantwortlichen der Fricktaler Investmentfirma ASE knapp 2000 Personen. Der Geschäftsführer Martin S. wurde im vergangenen Dezember wegen gewerbsmässigen Betrugs, qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung und mehrfacher Urkundenfälschung zu einer Freiheitsstrafe von neun Jahren verurteilt.
Am Dienstagmorgen, rund ein halbes Jahr nach dem Urteil, musste sich nun auch seine Frau vor dem Bezirksgericht Laufenburg verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihr Geldwäscherei vor und fordert eine bedingte Geldstrafe von 80 Tagessätzen à 140 Franken sowie eine Busse von 2000 Franken. Weil sie den Strafbefehl nicht akzeptieren wollte, kam es zum Prozess. Vor Gericht erschien die Beschuldigte ganz in Weiss. Eine elegante Erscheinung, nicht nur wegen der silbernen Schuhe.
Elegant ist auch die Uhr, um die sich die Gerichtsverhandlung dreht. Eine Omega Ladymatic, 18 Karat Roségold, Zifferblatt aus Perlmutt Diamanten. Kostenpunkt: 14 400 Franken. Ein Geschenk, das sie von ihrem Mann erhielt - noch bevor der Millionenbetrug aufflog.
Im September 2011, als der ASE-Geschäftsführer die Uhr in einem Basler Juweliergeschäft gekauft hat, war das Schneeballsystem allerdings bereits ins Wanken geraten. Oder wie die Staatsanwaltschaft im Strafbefehl schreibt: Damals habe der verurteilte Vermögensverwalter bereits "Kundengelder im dreistelligen Millionenbereich von mehreren hundert geschädigten Personen vernichtet". Von der wertvollen Uhr fehlt bis heute jede Spur. Auch der Dienst für Wirtschaftskriminalität der Aargauer Kantonspolizei suchte erfolglos danach.
Fest steht: Die Ehefrau hat das Geschenk verkauft. Sie sei aus finanzieller Not dazu gezwungen gewesen, die Armbanduhr zu einem Spottpreis zu veräussern, sagte ihr Anwalt vor Gericht. "Sie stand vor dem Nichts." Bei einer Hausdurchsuchung konnten 4400 Franken in bar sichergestellt werden. Der Verteidiger bestritt am Prozess allerdings, dass dieses Geld aus dem Verkauf des Geschenks stammt. Deshalb sei der beschlagnahmte Betrag seiner Mandantin zurückzugeben.
Die Beschuldigte selbst gab sich am Prozess wortkarg. "Weil ich mir keiner Schuld bewusst bin", antwortete sie auf die Frage von Gerichtspräsident Beat Ackle, warum sie Einsprache gegen den Strafbefehl erhoben habe. Danach überliess sie das Reden ihrem Verteidiger.
Dieser begründete den geforderten Freispruch unter anderem mit fehlenden Beweisen dafür, dass die Armbanduhr mit "deliktischem Geld" bezahlt worden sei. Denkbar sei auch, dass es sich dabei um geliehene oder von überzogenen Konten stammende Gelder handle. Die Aussage des verurteilten Geschäftsführers, wonach er dafür thailändische Bankkarten verwendet habe, sei falsch, stattdessen habe er dazu drei verschiedene Kreditkarten benutzt.
Die Staatsanwaltschaft, die der Gerichtsverhandlung fernblieb, lässt hingegen keine Zweifel aufkommen, dass das Geschenk mit zu Unrecht angeeigneten Kundengeldern bezahlt worden sei. Die Beschenkte hätte zum Zeitpunkt als sie die Uhr weiterverkaufte "um deren deliktischen Hintergrund" wissen oder diesen zumindest annehmen müssen.
Schliesslich habe da ihr Mann bereits in U-Haft gesessen und die Zeitungen seien voll mit Artikeln über den Fall ASE gewesen. "Zudem bestürmten aufgebrachte Anleger nach dem Bekanntwerden des Skandals die Beschuldigte an ihrem Wohnort." Für die Staatsanwaltschaft ist klar: Die Ehefrau hat sich der Geldwäscherei schuldig gemacht.
Ob das Bezirksgericht Laufenburg zum gleichen Schluss kommt, wird sich erst im August zeigen. Dann wird das Urteil schriftlich eröffnet.
Das Firmengeflecht der ASE: