Corona-Alltag
Gehen Sie jetzt gar häufiger spazieren? – Eine Umfrage am Hallwilersee

Für Herrn und Frau Schweizer ist ein Spaziergang in der Natur fast etwas Heiliges. Was für eine Bedeutung hat dieser gerade zu Zeiten von Corona? Und was ist, wenn der Bund doch eine Ausgangssperre verhängt? Wir haben bei Spaziergängern am Hallwilersee nachgefragt. Die Antworten sehen Sie in der Bildergalerie.

Daniel Vizentini (Text) und Chris Iseli (Bilder)
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Trotz Coronavirus und eisigem Wind war das Hallwilerseeufer bei der traumhaften Frühlingssonne gestern ein verlockendes Ziel – natürlich immer mit dem nötigen Sicherheitsabstand zueinander.
11 Bilder
Ueli Hofer (72), Rentner aus Bremgarten «Ich muss täglich meine Dosis Vitamin D tanken – meiner Gesundheit wegen. Bei mir wurde Krebs diagnostiziert. Meistens laufe ich in Bremgarten der Reuss entlang, heute bin ich für einmal hier am See. Eine Ausgangssperre wäre für mich schlimm. Ich müsste mich natürlich daran halten.»
Martina (50) und Reto Bracher (46), Pharmatechniker aus Wolfwil SO «Die frische Luft tut uns gut. Wir haben beide einen Job, bei dem wir froh sind, wenn wir mal ein wenig aus dem Labor nach draussen können. Diese Abwechslung ist uns wichtig. Seit einer Woche haben wir dies reduziert. Wir gehen für unsere Eltern einkaufen, sonst sind wir nicht viel unterwegs.»
Stefan Hubin (52), Kantonspolizist aus Hunzenschwil «Draussen an der frischen Luft zu laufen, tut gut und ist auch für das Immunsystem wichtig. Momentan arbeite ich im Home-Office, heute habe ich frei und nutze die Zeit, um mit den Kindern am See zu spazieren. Da wir einen grossen Garten haben, wäre eine Ausgangssperre für uns nicht schlimm. Wir würden uns selbstverständlich daran halten.»
Michael Studer (56), Fahrlehrer aus Seengen «Jedes Menschenleben, das wir gefährden, ist eines zu viel – deshalb würde ich eine Ausgangssperre natürlich befolgen und halt versuchen, mich anders zu beschäftigen. Für meine Gesundheit gehe ich aber jeden Tag laufen, alleine. Vor allem jetzt, da ich nicht arbeiten darf, gehe ich öfters. Ich schaue dabei, dass ich niemandem zu nahe trete.»
Karl-Heinz Bolz (83), Rentner aus Dietikon ZH «Für mich wäre eine Ausgangssperre ganz, ganz schlimm. Jeden Tag bin ich unterwegs am Laufen, bei mir im Limmattal oder eben hier am Hallwilersee. Zwar bin ich mit 83 Jahren Teil der Risikogruppe, doch gerade dieses Laufen an der frischen Luft hält mich fit. Ich würde mich sicher an die Sperre halten, aber schlimm wäre es dennoch.»
Dieter Basler (57), Mechaniker aus Schönenwerd SO «Eine Ausgangssperre wäre für mich ein Problem, denn derzeit wohne ich in einem Zimmer ohne Küche. Sonst bin ich aber gerne alleine und müsste nicht unbedingt raus. Am Wasser zu laufen, wirkt für mich jedoch beruhigend. Ich denke, viele unterschätzen die aktuelle Lage noch. Zudem sollten die Kantone einheitliche Regeln haben.»
Ruth und Reinhard Frischknecht (beide 70), Rentner aus Bremgarten «Wir sind seit Wochen praktisch nur noch zu Hause, versuchen aber, jeden Tag ein wenig frische Luft zu schnappen. Wir sind dabei sehr vorsichtig und halten immer genügend Abstand zu anderen Personen. Mein Mann hat ein ernsthaftes Lungenproblem; Vorsicht ist deshalb sehr wichtig – aber eben auch die tägliche Portion frische Luft.»
Willi Hermann (78) und Monika Wernli (66), Rentner aus Unterentfelden «Wir finden, man muss schon zwei Stunden am Tag spazieren gehen können. Vielleicht nicht in der Stadt, aber auf dem Land – da begegnet man ja kaum jemandem. Uns ist das wichtig und es ist sicher besser, als TV zu schauen. Angst haben wir keine, uns tun aber die Jungen leid: Es wird ja scheinbar künftig immer wieder solche Krankheitswellen geben.»
Die Schwestern Evelyn (37) und Jennifer Erni (33), Gesundheitsfachfrau und Verkaufsangestellte aus Beromünster LU «Wenn es so weit kommt, dass wir nicht raus dürfen, wäre es nicht gut, denn dann wird man ja erst recht krank. Bei der Arbeit mit älteren, gefährdeten Menschen treffen wir alle möglichen Schutzmassnahmen. Angst um uns haben wir kaum, um die Menschen in unserem Umfeld aber schon.»
Lia Saner (26), Buchhalterin aus Fahrwangen mit Hund Faro «Dank Hund wohl keine totale Sperre» «Ich gehe sowieso immer mit meinem Hund laufen, eine Ausgangssperre würde mich deshalb nicht so hart treffen, denn der Hund muss täglich raus. Eine Sperre würde die Menschen aber auf einer anderen gesundheitlichen Ebene treffen – nämlich der psychischen. Dies sollte man nicht unterschätzen.»

Trotz Coronavirus und eisigem Wind war das Hallwilerseeufer bei der traumhaften Frühlingssonne gestern ein verlockendes Ziel – natürlich immer mit dem nötigen Sicherheitsabstand zueinander.

Chris Iseli