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Die CVP und die Grünen setzen für ihre Ständeratskandidaturen auf Frauen: Marianne Binder ist schon nominiert, Irène Kälin und Maya Bally könnten folgen. Nicht nur, aber auch, weil sich die SP Aargau für Cédric Wermuth entschieden hat.
Als die Aargauer Genossen letzte Woche Cédric Wermuth als Ständeratskandidaten nominierten, haben sie entschieden, dass der Sitz von Pascale Bruderer am besten von einem Mann verteidigt werden soll.
Und dies, obwohl sich auch Nationalrätin Yvonne Feri aufstellen lassen wollte. Dass dieser Schritt ausgerechnet von jener Partei kommt, welche sich die Frauenförderung wie sonst höchstens noch die Grünen auf die Fahne geschrieben hatte, irritiert in der Politlandschaft. In Bundesbern etwa wird der «Frauenförderer» und Feminist, der einer Frau den Weg ins Stöckli versperrt, hinter vorgehaltener Hand als «Frau Wermuth» betitelt.
... vertraten bis jetzt den Kanton Aargau im Ständerat. Christine Egerszegi (FDP, von 2007 bis 2015) ) war die Erste, Pascale Bruderer (SP, von 2011 bis 2019) die Zweite.
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Pascale Bruderer ist erst die zweite Aargauer Ständerätin. Sie wurde 2011 ins Stöckli gewählt. Christine Egerszegi war von 2007 bis 2015 für die FDP im Ständerat. Dass die SP Aargau ab 2019 keine Frau mehr im Stöckli hat, ist nach Wermuths Nomination klar.
Und auch die FDP wird keine Frau für den Ständerat nominieren. Bisher haben die Nationalräte Thierry Burkart und Matthias Jauslin ihr Interesse für die Kandidatur angemeldet. In den letzten Tagen ist zwar auch der Name von Grossrätin Maja Riniker im Umfeld der überparteilichen Frauenbewegung «Helvetia ruft!» aufgetaucht.
In der FDP selber ist sie aber kein Thema. Weder für die FDP Frauen, noch für Riniker selber. Sie fühle sich geehrt, sagt sie, lehnt eine Kandidatur aber kategorisch ab. «Das ist keine Option für mich», sagt sie. Riniker findet, dass es für eine solche Kandidatur Erfahrung im Bundeshaus braucht. Und die fehle ihr nun einmal. Ihr Interesse für die Nationalratswahlen hat sie aber bereits angemeldet.
Die SP ist die dritte Aargauer Partei, die einen Kandidaten für die Ständeratswahl nominiert hat. Die SVP tritt mit Hansjörg Knecht an, die CVP als einzige bisher mit einer Frau, Parteipräsidentin Marianne Binder. Ihre Partei besetzt die meisten Sitze im Stöckli. Natürlich möchte sie in den Ständerat gewählt werden, sagt Binder. Aber nicht, weil sie eine Frau ist und bisher als einzige Aargauerin nominiert wurde.
Das Vorgehen der SP, nicht auf eine Frau zu setzen, sieht sie nicht als Vorteil für sich. «Wer sich auf den Frauenbonus verlässt, hat das Spiel nicht begriffen.» Man überzeuge mit Positionen und dem eigenen Engagement. Zudem müsse in Majorzwahlen jede Kandidatin und jeder Kandidat Mehrheitsfähigkeit beweisen, findet Binder.
Dennoch, sie setze sich sehr wohl dafür ein, dass Frauen politisieren, stimmen und wählen gehen. «Es ist ein Schlag ins Gesicht aller Frauen, die sich fürs Frauenstimmrecht starkgemacht haben, dass heutzutage zwei Drittel aller Frauen noch immer nicht abstimmen gehen», sagt Binder. Wenn ihre Kandidatur Frauen für die Politik mobilisiere und begeistere, dann habe sie bereits viel erreicht.
Mehr Frauen in der Politik: Das ist das Ziel von «Helvetia ruft!». Die vergangene Woche gegründete überparteiliche Frauenbewegung soll der Untervertretung der Frauen in der Politik entgegenwirken: «Das Parlament droht noch stärker eine reine Männerriege zu werden, weil eine Reihe von National- und Ständerätinnen ihren Rücktritt angekündigt haben», sagt Kathrin Bertschy, Nationalrätin GLP und Co-Präsidentin des Frauendachverbandes «alliance F». Dieser hat gemeinsam mit «Operation Libero» die Bewegung ins Leben gerufen.
«Wir wollen Frauen dazu motivieren zu kandidieren, sich vorzudrängen.» Und die Parteien sollen sie auf attraktive Listenplätze setzen. Die Bewegung strebt eine 50:50-Vertretung von Frauen und Männern auf nationaler Ebene an. Dabei spielt die Parteizugehörigkeit keine Rolle, bei der Gründung haben Nationalrätinnen
aus allen grossen Parteien mitgemacht. «Auch in bürgerlichen Parteien vertreten Frauen Gleichstellungsthemen. Vielleicht nicht gleich stark wie Frauen in linken Parteien, aber sicher stärker als Männer, die an ihrem Platz sitzen», sagt Kathrin Bertschy.
Auf einer Internetplattform sammelt «Helvetia ruft!» nun Spenden. Damit will die Bewegung möglichst vielen Frauen zu einer erfolgreichen Kandidatur verhelfen. Und sie will die kantonalen Parteien unter Druck setzen: «Wir werden nächsten Sommer ein Rating publizieren und vergleichen, wie viele Frauen auf den Listen der Kantonalsektionen sind», sagt Bertschy. (tel)
Seit Gründung des Bundesstaats und bis 2007 waren die zwei Aargauer Ständeratssitze immer von Männern besetzt. Diese Zeiten wünscht sich insbesondere die überparteiliche Frauenbewegung «Helvetia ruft!» nicht zurück (siehe Box).
Unter anderen waren Yvonne Feri und die Grüne Nationalrätin Irène Kälin bei der Lancierung der Kampagne letzten Freitag mit dabei. Beide haben ihr Interesse bereits signalisiert, wieder bei den Nationalratswahlen anzutreten. Während der Kampf um den Ständeratssitz für Feri aber bereits vorbei ist, wägt Kälin noch ab, ob sie sich aufstellen lassen wird.
Es sei für die Aargauer Grünen klar, dass sie jetzt jene sind, die für eine linke Frau im Ständerat sorgen müssen, sagt deren Präsident Daniel Hölzle. «Jetzt stellen wir erst recht eine Frau auf.»
Ob es Irène Kälin sein wird, ist noch offen. Sie war bereits vor vier Jahren Ständeratskandidatin der Grünen, und das habe sie auch sehr gerne gemacht, sagt sie. Ihr «Traumszenario» sei aber, dass sich eine andere Frau aufstellen lässt. «Ich bin überzeugt, dass wir viele gute Kandidatinnen auf der Nationalratsliste haben werden und dass von denen eine auch gerne für den Ständerat kandidieren würde.»
Roland Basler, Präsident der Aargauer BDP, denkt, dass es eine Chance für seine Partei sein könnte, jetzt eine Frau zu nominieren. «Der Entscheid der SP war sicher nicht unwichtig für unsere Diskussion», sagt er.
Die BDP nominiert erst im Januar, damit sei noch alles offen. Die Partei habe aber bereits signalisiert, dass sie für die Ständeratswahlen antreten wolle. «Dass wir auf eine Frau, und zwar auf Maya Bally, setzen könnten, ist absolut ein Thema», sagt Basler.
Grossrätin Maya Bally hatte bereits für die Regierungsratswahlen 2016 kandidiert. Es handle sich aber nicht um eine reine Prinzipienfrage, sondern um die Kandidatur einer der valabelsten Personen seiner Partei für dieses Amt, betont Basler. Neben Bally komme auch Nationalrat Bernhard Guhl für eine Kandidatur infrage.
Bei der EVP habe die Frauendiskussion keinen Einfluss auf die Nomination für den Ständerat, sagt Co-Präsident Roland Frauchiger. 2015 hatte Grossrätin Liliane Studer kandidiert. Ob die EVP wieder auf Studer setzt, lässt Frauchiger offen. Man werde die valabelste Person nominieren.
Gleich sieht es der Präsident der Aargauer Grünliberalen (GLP), Beat Hiller. Die Geschlechterfrage sei zwar immer ein Thema bei Nominationen, sagt er. «Aber am Schluss entscheiden wir uns für den oder die Besten.»