Regierungsratswahlen
Franziska Roth gegen Robert Obrist: ein Duell mit ungleichen Spiessen

Das Ausscheiden von Susanne Hochuli aus Regierung mischt die Karten im Wahlkampf neu durch. Aufgrund des Wähleranteils müsste sich die SVP-Kandidatin klar durchsetzen. Aber weil Franziska Roth auch bei Bürgerlichen umstritten ist, bekommt der Grünen-Kandidat Robert Obrist eine Chance.

Urs Moser
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Franziska Roth (SVP) gegen Robert Obrist (Grüne)

Franziska Roth (SVP) gegen Robert Obrist (Grüne)

AZ

Vor den Sommerferien begann SVP-Präsident Thomas Burgherr nervös zu werden. Innerhalb der Partei wurde darüber gemäkelt, dass Regierungsratskandidatin Franziska Roth keine sichtbaren Anstrengungen zeigte, die Zeit zwischen ihrer Nomination im April und der Sommerpause zu nutzen, um ihr grösstes Manko wettzumachen: den geringen Bekanntheitsgrad.

Das fiel nicht nur SVP-intern auf. Parteichef Burgherr musste sich auch von freisinniger Seite sagen lassen, angesichts des flauen Wahlkampfs der SVP-Kandidatin würden Stimmen laut, die FDP sollte sich eher selber eine zweite Regierungsratskandidatur überlegen als den Anspruch der SVP auf einen zweiten Sitz zu anerkennen.

Reicht die starke Hausmacht?

Zu dieser Zeit ging man noch davon aus, es bleibe bei einer Vakanz. Der Sitz von Susanne Hochuli wäre für die SVP mit ihrer politisch kaum erfahrenen Kandidatin ohnehin nur sehr schwer zu erobern gewesen. Doch jetzt kommt es zu einem Duell, in dem die Vorzeichen völlig anders aussehen. Auf den ersten Blick scheint der Kandidat der Grünen kaum eine Chance zu haben, es für sich zu entscheiden.

Ein paar Zahlen illustrieren das: Bei den letzten Grossratswahlen erreichte die SVP einen Wähleranteil von 32 Prozent, Robert Obrist hat hingegen eine Hausmacht von kaum mehr als 7 Prozent hinter sich. Obrist trat letztes Jahr für die Grünen zu den Nationalratswahlen an, er holte etwas mehr als 9200 Stimmen. Auch Franziska Roth stand einmal auf der SVP-Nationalratsliste, sie machte 2011 aus dem Stand über 50 000 Stimmen.

Woher sollen Abertausende von Stimmen kommen, die dem Grünen fehlen, um Susanne Hochulis Nachfolge antreten zu können? Auch wenn sich die Begeisterung für eine offizielle Wahlallianz mit der SVP bei den Freisinnigen und der CVP in Grenzen hält: Die bürgerlichen Wähler werden kaum in Scharen an die Urnen strömen, um einen Grünen zu wählen. Kommt dazu: Wenigstens eine Frau in der Regierung zu haben, würde sich für den Aargau schon nicht schlecht machen.

Kann SVP-Präsident Thomas Burgherr nach dem Verzicht von Susanne Hochuli nun also beruhigt zurücklehnen und darauf vertrauen, dass sich sein sehnlicher Wunsch nach einer noch stärker bürgerlich dominierten Regierung trotz einer zäh in die Gänge kommenden Kampagne praktisch von selbst erfüllt? Wohl kaum. Zwar werden Wahlen - und Persönlichkeitswahlen erst recht – nicht mit dem Rechenschieber gewonnen.

Aber dennoch zunächst eine weitere Zahlenspielerei, welche die nominelle Übermacht der SVP-Kandidatin etwas relativiert: Sofern die SP nicht eine eigene Kandidatur für den frei werdenden Regierungssitz aus dem Hut zaubert, kann der Grüne Obrist auf ihre Unterstützung zählen.

Auch die Anhänger der Grünliberalen - ihnen steht Obrist recht nahe - dürften ihm den Vorzug geben. Ebenfalls werden EVP-Wähler kaum für eine Doppelvertretung der SVP im Regierungsrat stimmen. So läppert sich ein Stimmenpotenzial zusammen, das immerhin schon einmal jenem der SVP-Hausmacht von Franziska Roth entspricht. Das reicht zwar nicht, aber der Kandidat der Grünen kann auch den einen oder anderen Trumpf ausspielen, um auch im bürgerlichen Lager zu punkten, was die Kandidatur zumindest nicht vollends aussichtslos macht.

Wenn die Pferde durchgehen

Robert Obrist ist zwar erst vor zweieinhalb Jahren in den Grossen Rat nachgerutscht und damit in der breiten Öffentlichkeit wohl kaum bekannter als seine Gegnerin Franziska Roth. In dieser Zeit hat er sich aber zumindest im inneren Politzirkel bereits einen Namen gemacht: Obrist hat sicher seine Prinzipien, gilt aber nicht als grüner Fantast und ist unter anderem als dossiersicherer Finanzpolitiker aufgefallen. Durch seine langjährige berufliche Tätigkeit am Forschungsinstitut für biologischen Landbau in Frick dürfte Obrist in bäuerlichen Kreisen gut vernetzt sein, was sicher auch kein Nachteil ist.

Und wie sagte die abtretende Regierungsrätin Susanne Hochuli gestern im az-Interview: Im Gegensatz zur Kandidatin der SVP habe sich «ihr» Kandidat im Wahlkampf noch nicht vergaloppiert. Nachdem ihr ein zögerlicher Wahlkampf vorgeworfen worden war, setzte Franziska Roth bei ihrem ersten Auftritt tatsächlich gleich einen Akzent, mit dem sie aber auch im bürgerlichen Lager nicht nur gut ankam.

Nicht zwei, gleich zehn Schüler mehr pro Klasse wären für sie kein Problem. Überhaupt solle sich die Bildungspolitik mehr auf eine Schule ausrichten, wie sie noch vor 30, 40 Jahren war. Das sorgte für Kopfschütteln und hat die SVP-Kandidatin zum Beispiel für BDP-Präsident Roland Basler (der allerdings nicht die Grünen unterstützen will, sondern mit einer eigenen BDP-Kandidatur «als konstruktive, bürgerliche Alternative» liebäugelt) schlicht «unwählbar».