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Aargau
Kanton Aargau
Heute tagt der neu zusammengesetzte Grosse Rat erstmals in diesem Jahr. Er wird unter anderem eine Asyl-Standesinitiative verabschieden. Eine zweite folgt demnächst.
Im neuen Jahr hat der Grosse Rat erst eine Sitzung abgehalten, um den neuen Ratspräsidenten zu wählen. Seither herrschte nach aussen Funkstille. Das hat damit zu tun, dass die Regierung zum Legislaturende jeweils möglichst viele Geschäfte abschliesst. Neue Geschäfte müssen von der neuen Regierung erst aufgegleist werden. Mit Verzögerung kommen diese dann in den Grossen Rat. So tagt dieser heute erst zum zweiten Mal in diesem Jahr. Am meisten Beachtung dürfte dabei eine neue Standesinitiative finden.
Ausgelöst hat diese die SVP-Fraktion. Sie will, dass der Aargau den Bund auffordert, «durch eine Änderung der Asylpolitik dafür zu sorgen, dass die Schweiz den an Leib und Leben bedrohten Flüchtlingen möglichst nahe den Herkunftsländern hilft und dafür Anreize konsequent abbaut, welche Schleppern ein blühendes Geschäft mit lebensgefährlichen Reisen ermöglicht». Dieser Text ist Ende August von SVP, FDP, der mehrheitlichen CVP und der EDU unterstützt worden. Das reichte mit 78 : 43 für die Ausarbeitung einer Standesinitiative.
Der Grosse Rat hat im Spätsommer zwei Asylvorstösse erheblich erklärt, die als Standesinitiativen in Bern eingereicht werden sollen. Nebst dem SVP-Vorstoss (vgl. Hauptartikel) geht es um einen der FDP-Fraktion. Verlangt wird darin, dass der Bund neu «während der ersten zehn Jahre die vollen ungedeckten Kosten für vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge» übernimmt. Die Gesundheitskommission bereitet derzeit den definitiven Antrag an den Grossen Rat vor.
Laut Kommissionspräsident Ulrich Bürgi (FDP) soll jetzt nur eine Erhöhung von 5 auf 7 (statt auf 10) Jahre verlangt werden. Dafür will die Kommission die unbegleiteten minderjährigen Asylbewerber in die Initiative miteinbeziehen. Denn diese kosten pro Monat 4 000 Franken und verursachen dem Kanton ungedeckte Kosten von 7 Millionen Franken pro Jahr. Auch wolle man verlangen, dass der Bund die Integrationspauschale gemäss Empfehlung der Sozialdirektorenkonferenz von 6 000 auf 20 000 Franken pro Asylbewerber erhöht. Dieses Geld soll insbesondere für die schulische und berufliche Integration eingesetzt werden.
Jetzt schlägt die zuständige Sicherheitspolitische Kommission dem Rat mit 8:4 bei einer Enthaltung vor, die Standesinitiative nach Bern zu schicken. Allerdings hat sie ihr in der Vorberatung «zwei gewichtige Zähne gezogen», wie Marlène Koller (SVP), die bei der Beratung dabei war, in der az unlängst sagte. In der Begründung für die Initiative fehlen jetzt nämlich die SVP-Forderungen, die Grenzen für Asylsuchende zu schliessen, sowie auch im Mittelmeer aufgegriffene Menschen in Lager vor Ort zurückzubringen.
Entscheidend sei, sagt SVP-Fraktionschef Jean-Pierre Gallati dazu, dass die Forderung «wirksame Flüchtlingshilfe vor Ort» nach Bern geschickt wird. Um die einzelnen Formulierungen in der Begründung mag er nicht streiten.
Es ist davon auszugehen, dass der Grosse Rat heute gegen den Protest vorab von SP und Grünen die Standesinitiative beschliesst. Etwas Spannung in die Debatte bringt der Umstand, dass die Regierung empfiehlt, auf die Initiative zu verzichten. Dies hat sie noch in alter Zusammensetzung (1 Regierungsrat SVP, 1 FDP, 1 CVP, 1 SP, 1 Grüne) entschieden. Natürlich unterstütze sie das Anliegen, Menschen vor Ort zu helfen, betont sie. Der Bund sei aber bereits entsprechend tätig – auch finanziell. Deshalb sei es «wenig zweckmässig, zu dieser Frage noch eine Standesinitiative einzureichen».
Diese Empfehlung der Regierung sei «Ausdruck einer Willkommenskultur», sagt dazu SVP-Fraktionschef Gallati. Dies im Unterschied zur SVP-Forderung, Flüchtlinge möglichst vor Ort zu betreuen, was «sicher nicht im Interesse der Mitte-Links-Mehrheit im vorherigen Regierungsrat» sei. Gallati spielt damit darauf an, dass sich die neue Regierung anders zusammensetzt (2 SVP, 1 FDP, 1 CVP, 1 SP). Wie steht denn die neue Gesundheits- Sozial- und Asyldirektorin Franziska Roth (SVP) zur Empfehlung der Regierung? Ihr Generalsekretär Stephan Campi antwortet: «Frau Regierungsrätin Franziska Roth, Vorsteherin DGS, trägt diesen Entscheid der damaligen Regierung kollegial mit.»
So hilft die Aargauerin des Jahres in Flüchtlingslagern: