Coronakrise
Fernunterricht: Aargauer Schulleiter und Lehrpersonen ziehen mit – «jede weitere Weisung wäre falsch gewesen»

Die Aargauer Regierung will den Schulen bei der Gestaltung des Fernunterrichts nicht zu stark rein reden. Diese Weisung deckt sich mit den Vorstellungen der Schulverbände.

Eva Berger
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Elisabeth Abbassi ist Präsidentin des Lehrerverbands Kanton Aargau.

Elisabeth Abbassi ist Präsidentin des Lehrerverbands Kanton Aargau.

Mario Heller

Die vom Kanton vorgegebenen Rahmenbedingungen sind mit Schulleiter- und Lehrerverband koordiniert. Am vergangenen Mittwoch haben sie sich getroffen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Dass der Regierungsrat die Gestaltung des Fernunterrichts den Schulen überlässt, ist denn auch in ihrem Sinne. «Jede weitere Weisung, etwa zu Infrastruktur oder Lehrmaterial, wäre falsch gewesen», sagt Elisabeth Abbassi, Präsidentin des Aargauischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (alv). Umfragen in den ersten zwei Wochen seit der Schliessung der Schulen hätten ergeben, dass nicht alle Schülerinnen und Schüler Zugang zu einem Computer haben. Zudem seien die einzelnen Schulen im Aargau sehr unterschiedlich ausgerüstet. Einheitliche Weisungen zum Fernunterricht für alle wären demnach gar nicht umsetzbar, die Strategie des Regierungsrats also willkommen und richtig.

Ebenfalls sinnvoll ist aus Sicht von Elisabeth Abbassi, dass Schülerinnen und Schüler in der Zeit des Fernunterrichts keine Noten erhalten. «Das ist absolut matchentscheidend. Es entlastet Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrpersonen gleichermassen», sagt sie. Individuelle Rückmeldungen von Lehrerinnen direkt an die Schüler, die in die Endbewertung einfliessen können, seien aus ihrer Sicht zielführender als Bewertungen durch Noten. Dass Lehrerpersonen auch Betreuungsaufgaben übernehmen sollen, die nicht in ihrem Pflichtenheft stehen, etwa in den Frühlingsferien, sei selbstverständlich, sagt die Verbandspräsidentin. Die Regierung setze die Prioritäten richtig, findet Abbassi: «Das Allerwichtigste ist, dass Personen in den systemrelevan- ten Berufen entlastet werden. Wenn sie Eltern sind, übernimmt die Kinderbetreuung jetzt jemand anderes. Lehrpersonen und Schulen leisten diesbezüglich natürlich auch ihren Beitrag.»

Welche Auswirkungen der Fernunterricht und die damit einhergehenden Veränderungen für die Schülerinnen und Lehrer konkret habe, wisse man sowieso erst, wenn die Krise überstanden ist. Wichtig sei jetzt für Lehrpersonen und Schulleitungen, dass sie Kinder und ihre Eltern unterstützten.

In einem Jahr wären die Schulen besser vorbereitet gewesen

Auch der Verband der Schulleiterinnen und Schulleiter des Kantons Aargau (VSLAG) ist mit den neuen Weisungen einverstanden, wie Co-Präsident Philipp Grolimund sagt. «Die Regelungen sind angemessen. Detailliertere Vorgaben wären nicht sinnvoll.» Zu unterschiedlich seien die Rahmenbedingungen von Schülern und Schulen, als dass konkretere Vorgaben machbar wären, gibt er zu bedenken. Der Regierungsrat konzentriere sich jetzt auf das Wesentliche, sagt Grolimund: Dass der Unterricht stattfindet und alle Kinder angemessen betreut werden.

Zwar sei es unüblich, dass Lehrpersonen in den Ferien Betreuungsaufgaben übernähmen, sagt er. Aber es stehe ausser Frage, dass sie in ausserordentlichen Situationen ausserordentlichen Effort leisteten, pflichtet Philipp Grolimund der Lehrerverbandspräsidentin bei. Insgesamt sieht er es so: Die Aargauer Schulen wären in einem Jahr besser auf die plötzliche Schliessung vorbereitet gewesen, denn die Digitalisierung laufe im Zuge der Vorbereitungen auf den Lehrplan 21 auf Hochtouren, die Beschaffung der nötigen Infrastruktur komme voran. Aktuell müsse einiges improvisiert werden. Aber: «Das hat eben niemand kommen sehen.»