Coronakrise
Erste Aargauer Spitäler melden Kurzarbeit an – andere könnten folgen

Das Kantonsspital Aarau und zwei Rehakliniken haben Kurzarbeit beantragt. Einen anderen Weg geht die Rehaklinik Bellikon, etwa mit Videokonferenzen.

Nadja Rohner
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Die Rehaclinic Bad Zurzach (links) und das Kantonsspital Aarau haben Kurzarbeit beantragt.

Die Rehaclinic Bad Zurzach (links) und das Kantonsspital Aarau haben Kurzarbeit beantragt.

AZ/Montage: mwa

Der Kanton meldete am Montag insgesamt 481 bestätigte Corona­fälle (117 mehr als am Freitag). 94 Personen mussten ins Spital, 25 auf die Intensivstation. Acht sind gestorben.

Es klingt paradox: Mitten in der grössten Gesundheitskrise seit Jahrzehnten müssen Arztpraxen, Spitäler und Kliniken Kurzarbeit anmelden. Auch im Aargau. Konkret betroffen sind Bereiche der RehaClinic (Bad Zurzach) sowie aarReha (Schinznach Bad) – und sogar das Kantonsspital Aarau (KSA) inklusive Zofingen. Das hat die KSA-Geschäftsleitung am Montag entschieden. Laut Sprecherin Isabelle Wenzinger betrifft das aber kein medizinisches Personal. Und: «Bevor Mitarbeitende für Kurzarbeit angemeldet werden, wird für sie eine Einsatzmöglichkeit gesucht. Die Mitarbeitenden werden keine Lohneinbussen haben.»

Dass die Spitäler im Aargau derzeit halb leer sind, liegt daran, dass sie auf den grossen Corona­ansturm warten. Viele Untersuchungen und Operationen dürfen nicht mehr durchgeführt werden. Erlaubt sind nur noch Eingriffe, deren Unterlassung die Lebenserwartung bedeutend verkürzen würde oder bleibende Schäden zur Folge hätte. Ausnahmen sind zudem gestattet, wenn eine Verschlechterung der Situation abgewendet oder die Lebensqualität des Patienten deutlich verbessert werden kann. Vorsorge- oder Routineuntersuchungen sind hingegen nicht mehr erlaubt.

Einbruch von bis zu 90 Prozent

Das bedeutet für manche Leistungserbringer, dass ganze Betriebszweige wegfallen. Die Reha Clinic AG beantragt deshalb Kurzarbeit für die Klinik für Schlafmedizin sowie den ambulanten Bereich, wo schwerpunktmässig Therapien und ärztliche Konsultationen angeboten werden. Hier verzeichne man einen Einbruch von 80 bis 90 Prozent, sagt Kommunikationsleiter René Stupf. Im Bereich der Rehabilitation sei ein Rückgang von nur 50 Prozent zu beobachten, es kämen nach wie vor Patienten nach akuten Ereignissen wie etwa Herzinfarkt oder Schlaganfall.

Die aarReha in Schinznach liess eine Anfrage der AZ unbeantwortet. Mitarbeitende berichten aber, dass per 1.4. teilweise Kurzarbeit gilt.

Anders in der Rehaklinik Bellikon. Dort gibt es vorerst keine Kurzarbeit. «Unser heutiges Leistungsvolumen würde eine solche einschneidende Massnahme noch nicht begründen», sagt Burga Martinelli, Leiterin Marketing und Kommunikation. Man habe aber gewisse ambulante Leistungen zurückgestellt und andere so organisiert, dass die Patienten nicht in der Klinik vorbeikommen müssen. «Zum Beispiel werden Patienten des ambulanten Kompetenzzentrums für berufliche Eingliederung unter anderem über Videokonferenz betreut.»

Auch die Klinik Barmelweid in Erlinsbach, die ihre Tagesklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie zumachen musste und nur noch reduziert Sprechstunden anbieten kann, verzichtet vorerst auf Kurzarbeit.

Andere Spitäler versuchen es noch ohne Kurzarbeit

Die anderen von der AZ kontaktierten Spitäler (Kantonsspital Baden, Muri, Leuggern, Rheinfelden, Hirslanden Aarau) melden mehr oder weniger unisono, dass Kurzarbeit zwar noch nicht beantragt worden sei, je nach Dauer und Umfang der Coronamassnahmen aber auch nicht ausgeschlossen werden könne. Es wird versucht, durch Ferienbezug, Überstundenabbau und interne Verschiebungen des Personals den Schaden möglichst gering zu halten.

«Aktuell liegt unsere Bettenbelegung im Akutspital bei rund 40 Prozent, im Vergleich zu einer jährlichen durchschnittlichen Bettenbelegung von zirka 80 Prozent», erläutert Miriam Crespo Rodrigo, Leiterin Kommunikation beim Gesundheitszentrum Fricktal (Spitäler Laufenburg und Rheinfelden). «Sollte sich die Auslastung der Betten nicht zeitnah bessern, so sehen wir uns gezwungen, Massnahmen wie Kurzarbeit zu prüfen.»

Auch im Spital Leuggern sei es in den letzten Tagen «eher ruhig» gewesen, sagt Direktor René Huber. «Wir haben diese Zeit genutzt, um uns einerseits auf den bevorstehenden Ansturm vorzubereiten. Andererseits konnte sich ein Teil des Personales erholen und bisher aufgelaufene Überstunden kompensieren.»

Eine Feriensperre wie andernorts gibt es im Spital Leuggern nicht, aber: «Unsere Mitarbeitenden, welche aktuell Ferien beziehen, müssen innerhalb von 48 Stunden einsatzbereit sein», so René Huber. Der CVP-Grossrat weisst auch darauf hin, dass «die zu erbringenden Vorhalteleistungen – weniger Eingriffe und Hochfahren des Personal- und Materialbestandes – einen massiven Einfluss auf das Geschäftsergebnis 2020 haben werden».