Talk Täglich
«Dossiers waren für mich wie von einem anderen Stern» – Franziska Roth will 2020 wieder antreten

Franziska Roth spricht im TalkTäglich über den Wechsel vom Gerichtssaal in die Politik, verteidigt ihre Anzeige gegen einen früheren Mitarbeiter und kündigt ihre erneute Kandidatur an.

Fabian Hägler
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Vor zwei Wochen hat Franziska Roth einen ehemaligen Projektleiter in ihrem Departement angezeigt. Die Regierungsrätin und frühere Richterin ist der Meinung, Urs Zanoni habe eine Amtsgeheimnisverletzung begangen, als er einen nicht freigegebenen Bericht an die Mitglieder der Gesundheitskommission verschickt hat.

Aus einer Sitzung dieser Kommission kam Roth am Dienstagabend, als sie im TalkTäglich auf Tele M1 persönlich zur Anzeige Stellung nahm.

Moderator Rolf Cavalli wollte von ihr wissen, ob in diesem Fall die ehemalige Richterin mit ihr durchgegangen sei. Die SVP-Politikerin räumte ein, als frühere Staatsanwältin sehe sie solche Dinge wohl anders und reagiere auch nicht gleich darauf wie ein anderer Regierungsrat.

«Nichts zu verheimlichen»

Sie hielt fest, das Departement habe nichts zu verheimlichen, auf dem Bericht hätten allerdings Unterschriften gefehlt und es gebe keine Verpflichtung, dieses Dokument zu veröffentlichen.

Recherchen der AZ zeigten, dass es sich beim Bericht in weiten Teilen um eine Zusammenfassung von bekannten Fakten handelte. Brisante oder sensible Informationen enthält der Bericht zur Integrierten Gesundheitsversorgung keine. Roth begründete ihre Anzeige denn auch nicht mit dem Inhalt des Dokuments, sondern mit dem Prinzip, dass der ehemalige Projektleiter Zanoni auch nach seinem Weggang dem Amtsgeheimnis unterliege.

Ob die Staatsanwaltschaft die Anzeige an die Hand nimmt und ein Strafverfahren eröffnet, ob der frühere Mitarbeiter einen Strafbefehl erhält oder ob es gar zu einer Gerichtsverhandlung kommt, ist völlig offen. Fiona Strebel, die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, sagt auf Anfrage der AZ lediglich: «Die Anzeige wird derzeit geprüft, mehr kann ich dazu nicht sagen.» Sobald ein Entscheid über das weitere Vorgehen getroffen worden sei, werde die Staatsanwaltschaft von sich aus wieder informieren, kündigt sie an.

Als die Anzeige durch eine Medienmitteilung aus Roths Departement publik wurde, hagelte es Kritik von politischen Gegnern. Dass nicht einmal ihr Parteikollege und SVP-Fraktionschef Jean-Pierre Gallati sie verteidigte, kommentierte die Regierungsrätin im Talk so: «Das ist seine Sache, er kann sagen und denken, was er will. Ich handle auch nicht für die Partei, sondern bin einfach Mitglied der SVP.»

«Kulturschock für das Personal»

Roth betonte, sie habe mit der Anzeige ein Zeichen setzen wollen, dies sei aber keine Disziplinierungsmassnahme für die heutigen Angestellten. «Es hat einige Wechsel gegeben, aber wir haben noch viele Leute, die gute Arbeit leisten», hielt die Regierungsrätin fest. Auf die Abgänge mehrerer Führungskräfte angesprochen, räumte Roth ein, der politische Wechsel von der Grünen Susanne Hochuli zu ihr als SVP-Vertreterin sei für viele wohl ein Kulturschock gewesen.

Deshalb habe es sie nicht überrascht, dass die Resultate der Mitarbeiterbefragung in ihrem Departement schlechter ausgefallen seien als im Schnitt aller Kantonsangestellten.
Einen weiteren Grund für die niedrigen Werte bei der Motivation ihrer Mitarbeiter sieht Roth in der negativen Berichterstattung der Medien über ihr Departement.

Sie hielt fest, trotz diverser Personalwechsel gebe es keinen Know-how-Verlust, die Abgänge seien mit qualifizierten Leuten ersetzt worden. Moderator Cavalli zitierte darauf aus einer Mitarbeiterinformation, in der Roth selber davor warnt, dass 20 Prozent der Mitarbeiter kündigungsgefährdet seien und deshalb ein Know-how-Verlust drohe. Die Regierungsrätin entgegnete, sie wünsche sich keine solchen Abgänge, zumal die Rekrutierung und Einarbeitung neuer Angestellter immer Zeit und Geld koste.

Roth benotet sich mit 6 von 10

Nach gut 16 Monaten im Amt gibt Roth sich selber auf einer Skala von 1 bis 10 die Note 6. «Es gibt noch Luft nach oben, aber es ist auch schon einiges passiert im letzten Jahr», kommentierte sie ihre Einschätzung. Auf ihre Kritik an Vorgängerin Susanne Hochuli angesprochen – Roth hatte eine fehlende Strategie bemängelt – räumte Roth ein, für sie sei der Wechsel vom Richterstuhl ins Regierungsratsbüro ziemlich krass gewesen.

Franziska Roth im Gespräch mit Rolf Cavalli.    

Franziska Roth im Gespräch mit Rolf Cavalli.    

Claudio Thoma

«Die Dossiers waren für mich wie von einem anderen Stern», bekannte die Regierungsrätin. Es habe Zeit gebraucht, «die Füsse auf den Boden zu bringen und herauszufinden, wo ich hin will». Der politische Betrieb sei eine ganz andere Welt als die Arbeit am Bezirksgericht, sagte Roth rückblickend. Als ehemalige Richterin sei sie sich eine gewisse Zurückhaltung gewohnt, dies sei in der Politik aber offenbar nicht gefragt.

«Stand heute trete ich wieder an»

Franziska Roth sagte, sie könne relativ gut mit Kritik umgehen, allerdings würden die Erfolge, die sie im Departement bisher erzielt habe, zu wenig gewürdigt. Dank der konsequenten Umsetzung des Prinzips «ambulant vor stationär» könnten im Gesundheitsbereich mehrere Millionen Franken gespart werden.

Zudem habe der Regierungsrat das Konzept für die Spitalgesetzrevision genehmigt, die Vorlage solle im Herbst in die Anhörung kommen. Bei der Standortsuche für eine kantonale Grossunterkunft für Asylbewerber sei man leicht im Verzug, im August sollten aber drei Vorschläge vorliegen.

Auf die Schlussfrage von Cavalli, ob sie bei den Regierungsratswahlen in zwei Jahren nochmals kandidiere, antwortete Roth ungewöhnlich offen: «Grundsätzlich habe ich im Sinn, wieder anzutreten, Stand heute sage ich also Ja. Das kann sich ändern, aber ich habe Freude an meinem Amt und wüsste nicht, warum ich es mir anders überlegen sollte.»

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