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Kanton Aargau
In verschiedenen Aargauer Gemeinden müssen Frühpensionierte ihre bezogene Sozialhilfe mit ihren Ersparnissen aus der Pensionskasse begleichen - dieses geht also an die Gemeinde. In anderen Kantonen ist diese Praxis verboten.
Kurz vor der Pensionierung geht Geld, das zeitlebens gespart wurde, an die Gemeinde. Das berichtet die Sendung «Kassensturz» von SRF am Dienstag. Der Redaktion liegen Dokumente vor, die belegen, dass verschiedene Aargauer Gemeinden von Bedürftigen, wenn diese frühpensioniert werden, verlangen, ihre berufliche Vorsorge aufzulösen und damit ihre bezogene Sozialhilfe zurückzuzahlen.
Die Sendung zitiert dazu eine Sozialhilfebezügerin aus Beinwil im Freiamt, bei der genau das in diesem Sommer verfügt worden war. Auch in Wettingen kennt man diese Praxis, auf Grund einer Verfügung sei beim Kanton Aufsichtsbeschwerde gegen Wettingen eingereicht worden.
Vor knapp sechs Jahren, Anfang 2015, berichtete der «Kassensturz» bereits einmal über das Thema. Für die Gemeinde Wettingen sagte damals Sozialvorsteherin Yvonne Feri, in Wettingen werde niemand dazu gezwungen, vorzeitig Pensionskassengelder zu beziehen, um Sozialhilfeschulden zu begleichen.
Die Unabhängige Fachstelle für Sozialhilferecht (UFS) und ein Sozialversicherungsexperte kritisieren das Vorgehen der Gemeinden, dieses sei zweckwidrig, da Pensionskassengelder der Absicherung im Alter dienen. Und Ziel der Sozialhilfe sei, Menschen wieder in die Unabhängigkeit zu führen, nicht umgekehrt.
In Zürich ist das was in Aargauer Gemeinden passiert, verboten. Auch der Aargau müsse nachbessern, sagt der Sozialhilfeexperte.
Es sei im Ermessen der Gemeinderäte, ob sie dieses Vorgehen beibehalten, oder auf die Zurückzahlung von Sozialhilfe durch Altersguthaben verzichten, sagt Sozialdirektor Jean-Pierre Gallati im Interview mit «Kassensturz». Das geschehe gemäss kantonaler Sozialgesetzgebung und sei durch die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichts gestützt.
Gemeinden hätten in dieser Frage eine gewisse Autonomie, weshalb das unterschiedlich gehandhabt werde. Die Forderung nach Vereinheitlichung sei berechtigt und werde geprüft. Ob es dazu eine neue Gesetzgebung brauche, sei unklar, sagt Gallati.