«Nose to tail» und Fleisch von nebenan liegen im Trend. Das verhilft der Metzgete zu neuem Aufschwung. Der Begriff meint: ein Tier wird ganzheitlich verwertet. René Wassmer, Wirt des Restaurants Weingarten in Thalheim, weiss allerdings: «Das ist nichts Neues.»
Es ist noch nicht lange her, da haftete der Metzgete ein verstaubtes Image an: sie sei etwas für ideenlose Wirte und altmodische Gäste. Während der Liebhaber immer wusste, dass Leberli mit Rösti und gekochten Äpfeln – richtig zubereitet – ein Gedicht sein können, waren gerade Junge nicht mehr für die fleischige Menükarte zu begeistern. Das ändert sich jetzt – ironischerweise dank neuer Ernährungstrends wie «Nose to tail».
Der Begriff meint: ein Tier wird ganzheitlich verwertet, «vom Schnörrli bis zum Schwänzli». Dies zeuge von Respekt und Wertschätzung gegenüber dem Tier, so die Philosophie. René Wassmer, Wirt des Restaurants Weingarten in Thalheim, weiss: «Das ist nichts Neues. Das machen wir hier schon seit 82 Jahren so.» Viele Gäste schätzten zudem, dass das Fleisch aus der Nähe stamme. Im Falle des «Weingartens» vom 2 Kilometer nahen Eichhof.
Markus Bolliger, Präsident des Aargauer Metzgermeisterverbandes, freut sich über das neue Bewusstsein. Ob der Absatz der Metzgereien dank der Metzgete zugenommen habe, könne er nicht sagen: «Ich kenne die Zahlen anderer Betriebe zu wenig.
Und Statistiken zu führen, liegt nicht drin.» Auf jeden Fall sei die Metzgete eine schöne Tradition im Herbst – in diese Zeit gehöre sie auch. Entstanden war sie aus dem Umstand, dass nach Ende der Erntezeit die Ernteabfälle ausblieben, mit denen die Tiere gefüttert wurden. Um Betriebskosten zu sparen und vor dem Winter Vorräte anzulegen, wurde geschlachtet und frisch verwertet.
Was sich geändert hat: die Därme, die zum Wursten verwendet werden. Früher habe man für die Blutwurst den Schweinskrausdarm genommen, sagt Bolliger: «Heute ist eher der Rindsdarm Standard, produziert auf der Maschine, mit dem Clip gestossen, wie man auch die Cervelats macht.» Doch die Herstellung unterscheide sich von Betrieb zu Betrieb. «Die Rezepte werden über Generationen weitergegeben.»
In seinen Wanderjahren habe ein Metzger dort, wo ihn eine Wurst besonders fein gedünkt habe, den Meister gefragt, ob er das Rezept mitnehmen dürfe. «Und wenn du Glück hattest, gab er es dir.»
Der höchste Gastwirt im Kanton, Gastro-Aargau-Präsident Bruno Lustenberger, stellt den Trend ebenfalls fest: «Ja, die Nachfrage hat eindeutig zugenommen.» Viele Betriebe identifizierten sich stark mit der Metzgete: «Sie sind stolz darauf, und die Gäste können es jeweils kaum erwarten.»
Jeder Trend habe auch einen Gegentrend, sagt Lustenberger: «Wenn an einem Ort alles vegetarisch und vegan ist, wird an einem anderen dafür umso mehr und bewusster Fleisch gegessen.» «Nose to tail» sei für einen Koch ohnehin das Beste, was es gebe.