Coronapandemie
Die SP Aargau will vom Regierungsrat vor den Sommerferien Antworten zu einer zweiten Welle

Seit der Bundesrat die Massnahmen gelockert hat, stecken sich wieder mehr Menschen mit dem Coronavirus an. In einer Bar in Spreitenbach gab es bereits einen ersten Superspreader-Event. Die SP will nun wissen, wie und ob der Regierungsrat vorbereitet ist.

Noemi Lea Landolt
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Über 100 Personen waren in der Spreitenbacher Bar. Wer am Anfang der Infektionskette steht, ist unklar. (Symbolbild)

Über 100 Personen waren in der Spreitenbacher Bar. Wer am Anfang der Infektionskette steht, ist unklar. (Symbolbild)

zvg

Am Montag hat das Gesundheitsdepartement mitgeteilt, dass sich im Umfeld der Tesla Bar in Spreitenbach über 20 Personen mit dem Coronavirus angesteckt haben. Kantonsärztin Yvonne Hummel spricht inzwischen von einem Superspreader-Event, weil sich viele Personen infiziert haben.

Der kantonsärztliche Dienst geht davon aus, dass sich die Ansteckungen am 20. Juni ereignet hatten. Am besagten Abend waren über 100 Personen in der Bar. Wer am Anfang der Infektionskette steht, ist unklar. «Bei über 20 infizierten Personen kann nicht bestimmt werden, von wem die Ansteckung ausging», sagt Hummel. Unter den Infizierten fänden sich auch Personen, die kürzlich aus dem Ausland in die Schweiz eingereist seien.

152 Aargauerinnen und Aargauer sind in Quarantäne

Die Infektionen im Umfeld der Bar schlagen sich auch in den Zahlen nieder. Aktuell kümmern sich die Mitarbeitenden des Contact Tracing Centers um 152 Personen in Quarantäne (62 mehr als am Montag) und 39 infizierte Personen in Isolation (19 mehr als am Montag). Die Mitarbeitenden haben also zunehmend mehr zu tun.

Der Ansteckungsverlauf zwischen Zürich, Spreitenbach und Olten:

Kantonsärztin Hummel sagt, bei einer Zunahme der zu prüfenden Personen würden zusätzliche Tracer eingesetzt. Im Moment sind Zivildienstleistende, Mitarbeitende des Kantons und der Lungenliga als Contact Tracer im Einsatz.

Die SP Aargau ist wegen der steigenden Fallzahlen beunruhigt. In einem offenen Brief verlangt die Partei vom Regierungsrat Antworten, noch bevor sich dieser in die Sommerferien verabschiedet. Die SP will vom Regierungsrat zum Beispiel wissen, ob er auf eine zweite Welle vorbereitet sei und ob Konzepte vorlägen. Ausserdem stellten sich Fragen in Bezug auf weitere Massnahmen wie eine Maskenpflicht in öffentlichen Verkehrsmitteln oder eine Ausweispflicht in Clubs.

Gallati schliesst Aargauer Sonderzug nicht mehr aus

Die Kantone könnten im Kampf gegen das Coronavirus in Eigeninitiative strengere Vorschriften erlassen. Zu Beginn der Pandemie hat der Regierungsrat stets betont, dass er keine kantonalen Sonderzüge fahren werde, sondern sich an die Vorgaben des Bundes halte.

Sonderzüge wolle man zwar weiterhin nicht, sagte Gesundheitsdirektor Jean-Pierre Gallati am Dienstag am Rande der Grossratssitzung in Spreitenbach. Ausschliessen kann er Sonderzüge aber nicht mehr.
Kantonsärztin Hummel sagte am Dienstag zur AZ, sie könne sich vorstellen, im Aargau eine Ausweispflicht einzuführen. Auch Gallati sagt, die Ausweispflicht wäre durchaus eine Möglichkeit. Über einzelne Massnahmen entscheide aber die Kantonsärztin, sagte er.

Um die Infektionsketten zu unterbrechen, setzen die Kantone auf das sogenannte Contact Tracing. Sie versuchen also, herauszufinden, mit wem eine infizierte Person Kontakt hatte und ordnen für die engen Kontaktpersonen eine zehntägige Quarantäne an. Damit enge Kontakte infizierter Personen von den Mitarbeitenden des Contact Tracing Centers kontaktiert werden können, ist der Kantonsärztliche Dienst darauf angewiesen, dass zum Beispiel Bars, Clubs oder Restaurants Präsenzlisten führen und die Kontaktdaten auf diesen Listen korrekt sind.

Schutzkonzept der Tesla Bar wurde noch nicht überprüft

Der Betreiber der Spreitenbacher Tesla Bar hat die Präsenzliste dem Kantonsärztlichen Dienst umgehend zur Verfügung gestellt, sodass die Mitarbeitenden des Contact Tracing Centers, die Gäste, die an jenem Abend in der Bar waren, kontaktieren konnten. Gegenüber der AZ erklärte er, dass an besagtem Abend nur reingekommen sei, wer vorher einen Tisch reserviert habe.

Obwohl die Präsenzliste einen guten Eindruck macht, will der Kanton das Schutzkonzept der Bar noch genauer unter die Lupe nehmen. Die Abklärungen seien noch im Gang, sagt die Kantonsärztin. Die Eigentümer der Spreitenbacher Bar haben bereits vergangenen Freitag entschieden, die Bar bis mindestens Ende Woche zu schliessen, dies als reine Vorsichtsmassnahme. Ob die Tesla Bar nächste Woche wieder öffnet, sei noch nicht entschieden.