Container-Dorf
Dank Leichtbausystem eines Aargauer Start-ups: In Frick ziehen Asylbewerber in die «Boxs»

Im ehemaligen A3-Werkhof in Frick, der zur Asylunterkunft umfunktioniert wird, wird auch eine junge Aargauer Erfindung eingesetzt: ein neues Leichtbausystem des Buchser Start-ups Boxs AG.

Mario Fuchs
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Im ehemaligen A3-Werkhof in Frick sind Elektromonteure und Sanitärinstallateure am Werk.
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Sie bohren, verlegen, verkabeln.
Wo einst Strassenputzmaschinen und Pfadschlitten parkiert wurden, stehen jetzt 41 Container exakt aneinandergereiht.
Der Kanton hat die Container von den SBB gekauft: Die Tunnel-Arbeiter vom Gotthard schliefen darin, ab April werden 180 Asylsuchende einziehen.
1,4 Millionen Franken hat der Grosse Rat für die Einrichtung der Unterkunft bewilligt.
In Frick wird auch eine junge Aargauer Erfindung eingesetzt: ein neues Leichtbausystem des Buchser Start-ups Boxs AG. Im Bild: Raphael Markstaller, Geschäftsführer und Leiter Projekte Boxs AG.
Zwei Jahre haben die Boxs-Gründer entwickelt, in Frick können sie jetzt ihren ersten Grossauftrag realisieren: zwei grosse Koch- und Essräume à je 70 Quadratmeter.
Container-Bauten in der Asylunterkunft Frick

Im ehemaligen A3-Werkhof in Frick sind Elektromonteure und Sanitärinstallateure am Werk.

Mario Heller

Der ehemalige A3-Werkhof in Frick ist endgültig aus seinem Dornröschenschlaf erwacht. Am Donnerstagnachmittag sind Elektromonteure und Sanitärinstallateure am Werk. Sie bohren, verlegen, verkabeln. Wo einst Strassenputzmaschinen und Pfadschlitten parkiert wurden, stehen jetzt 41 Container exakt aneinandergereiht.

Der Kanton hat die Container von den SBB gekauft: Die Tunnel-Arbeiter vom Gotthard schliefen darin, ab April werden 180 Asylsuchende einziehen. 1,4 Millionen Franken hat der Grosse Rat für die Einrichtung der Unterkunft bewilligt.

Was man bislang nicht wusste: In Frick wird auch eine junge Aargauer Erfindung eingesetzt: ein neues Leichtbausystem des Buchser Start-ups Boxs AG. Zwei Jahre haben die Boxs-Gründer entwickelt, in Frick können sie jetzt ihren ersten Grossauftrag realisieren: zwei grosse Koch- und Essräume à je 70 Quadratmeter.

Geschäftsführer Raphael Markstaller sagt: «Jedes Element kann von zwei Personen getragen werden. Damit kommt man überall hin.» Die Zeltlager syrischer Flüchtlinge brachten die jungen Aargauer Ingenieure auf die Idee. Container wären zwar eine beständigere und hygienisch bessere Lösung als Zelte – aber weil die Camps so dicht bebaut sind, kann man nicht mit schweren Containern hineinfahren.

Die Lösung: eine Art Container zum Zusammenbauen vor Ort. «Es funktioniert wie ein Lego-System», sagt Markstaller. Kunststoff-Blöcke tragen eine leichte Stahlkonstruktion, darin werden sogenannte Sandwich-Elemente für Boden und Wände eingesetzt. Ein Fachwerk aus Aluminium trägt das Dach. Nach Bedarf werden Kabel eingezogen, Fenster und Türen eingebaut.

Kanton: «Absolute Wunschlösung»

Warum aber entstehen die zwei ersten grossen «Boxsen» nicht in einem jordanischen Flüchtlingslager, sondern im Fricktal in einer Halle? Der Grund hat einen Namen und trägt einen weissen Bauhelm: Christoph Urech. Vor einem Jahr hat das Departement Gesundheit und Soziales den passionierten Bauchef in den Fachbereich Sicherheit und Logistik geholt.

Jetzt ist es seine Aufgabe, Asylunterkünfte zu finden, zu planen und zu realisieren. Beispielsweise hat er die Zeltunterkunft in Aarau umgesetzt. Urech sagt: «Hier wäre ursprünglich eine Leichtbauweise aus Gipsplatten geplant gewesen. Aber dann habe ich zufällig von der genialen Lösung der Boxs AG erfahren.»

Die Unterkunft in Frick wurde für drei Jahre bewilligt. Deshalb ist das System für Urech eine «absolute Wunschlösung», weil viel günstiger. Ein Einbau aus Gips und Holz müsste beim Auszug teuer entsorgt werden. Das Aargauer Lego-System verursacht hingegen null Abfall: Es kann problemlos abgebaut, andernorts aufgebaut oder platzsparend eingelagert werden.

Auch andere Kantone interessiert

Zudem sind die Sandwich-Panels, also die Böden und Wände, viel robuster: wetterfest, abwaschbar – und brandsicher. Man erinnert sich: Der Kanton hatte 200 Ikea-Häuschen bestellt, ein Brandtest fiel aber vernichtend aus, man musste die Häuschen retournieren.

Und für Asyl-Bauchef Urech rechnet sich die neue Lösung doppelt: Für den Aufbau braucht es nur vier Mitarbeiter, zwei davon sind Asylsuchende im Beschäftigungsprogramm. Auch die Aargauer Wirtschaft profitiert. Ausser den Kunststoff-Verbindungsteilen werden alle Elemente von hiesigen Firmen geliefert, die Boxs AG koordiniert.

Für das Start-up, das sich vor einem Jahr gründete, ist der Auftrag des Kantons im A3-Werkhof eine Hauptprobe. Mehrere Gemeinden und Kantone schielen gespannt nach Frick. Bewährt sich das System in seinem ersten Ernsteinsatz, haben Markstaller und seine Kollegen bereits nächste Aufträge in Aussicht.