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Kanton Aargau
Der Kanton Aargau passt sein Hilfsprogramm für Betriebe, die besonders unter der Pandemie leiden, an. Neu sollen auch Zulieferer von geschlossenen Betrieben sowie Unternehmen mit grossen Verlusten zusätzlich profitieren. Die Kosten würde zu einem grossen Teil der Bund übernehmen.
Der Kanton Aargau erweitert sein Hilfspaket für Betriebe, die besonders unter den Massnahmen gegen das Coronavirus leiden. Das gab die Regierung am Donnerstagnachmittag bekannt. «Wir haben gesehen, dass es gewisse Lücken gibt in den bisherigen Massnahmen. Es gibt Unternehmen, die nicht abgedeckt sind», sagte Volkswirtschaftsdirektor Dieter Egli.
Dadurch würden je länger je mehr Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. «Es zeigte sich, dass Anpassungen und Erweiterungen des Härtefallprogramms notwendig sind, damit diese Unternehmen die Krise überstehen und ihre Geschäftstätigkeit weiterführen können.»
Zwei Zielgruppen sollen von den Anpassungen insbesondere profitieren:
Zum einen Unternehmen, die zwar nicht behördlich geschlossen sind, aber trotzdem grosse Ausfälle beklagen. Gemeint sind vor allem Betriebe aus der Reise-, der Event- und der Schaustellerbranche. Betriebe mit mindestens 40 Prozent Umsatzrückgang können neu Fixkostenbeiträge anmelden. Ihnen übernimmt der Kanton die Fixkosten wie Miete, Strom oder Versicherungen, analog wie er es bereits bei geschlossenen Betrieben tut.
Und zum anderen können neu auch Zulieferer und Dienstleister von geschlossenen Betrieben Fixkostenbeiträge beantragen. Gemeint sind hauptsächlich Getränke- und Lebensmittellieferanten sowie Putzinstitute. Macht ein Betrieb mindestens 25 Prozent des Umsatzes mit einem nun geschlossenen Betrieb, bekommt auch dieser Betrieb neu Fixkostenbeiträge. Allerdings nur für denjenigen Umsatz, den er effektiv mit geschlossenen Betrieben machen würde.
Für acht Monate soll es diese Gelder in einem ersten Schritt geben (und für die Zulieferer solange, wie der zugelieferte Betrieb geschlossen ist). Eine allfällige Verlängerung, je nach Entwicklung der Pandemie, wird zu einem späteren Zeitpunkt geprüft. Die Gelder sind bei 20 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes beziehungsweise 750'000 Franken pro Unternehmen gedeckelt.
Durch diese neuen Massnahmen sowie die zunehmende Dauer der Pandemie erhöhen sich die Kosten massiv. Der Grosse Rat hat bereits einen Verpflichtungskredit von 125 Millionen Franken an Corona-Hilfsgeldern gutgeheissen. Nun beantragt die Regierung beim Grossen Rat, den Betrag um 325 Millionen Franken aufzustocken. Insgesamt 450 Millionen Franken stünden damit an Hilfsgeldern bereit.
Allerdings: Einen grossen Teil davon würde der Bund übernehmen. Wie der Betrag genau aufgeteilt werden soll, wird aktuell im Bundesparlament beraten. Stand jetzt geht der Aargauer Finanzdirektor Markus Dieth aber davon aus, dass der bereits bewilligte kantonale Nachtragskredit von 111 Millionen Franken ausreichen wird.
Der Kanton verfüge über gute Voraussetzungen, um die finanziellen Folgen der Pandemie stemmen zu können, so Dieth. Zum einen dank des hohen Überschusses in der Jahresrechnung 2020. Zum anderen dank der sechsfachen Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank. Alleine dadurch finden sich zusätzliche 212 Millionen Franken in der Kantonskasse wieder.
Als nächstes werden zwei Grossrats-Kommissionen über die Botschaft beraten. Die Regierung beantragt, dass die zweite, die Finanzkommission, den Zusatzkredit vorzeitig freigeben kann. So könnten die Änderungen bereits am 23. März in Kraft treten. Und spätestens Ende März sollen die Betriebe, die neu profitieren würden, Gesuche einreichen können. Der Grosse Rat würde die Botschaft dann nachträglich beraten.
Nicht rückzahlbarer Beitrag (maximal 20 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 750'000 Franken) und/oder eine Kreditausfallgarantie (maximal 25 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 10 Millionen Franken)
Nicht rückzahlbare Beiträge (maximal 10 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 20'000 Franken)
Nicht rückzahlbarer Fixkostenbeitrag für maximal acht Monate (maximal 20 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 750'000 Franken). Der Beitrag berechnet sich nach dem branchenüblichen Fixkostenansatz.
Nicht rückzahlbarer Fixkostenbeitrag für die Dauer der Schliessung (maximal 50'000 Franken im Monat, insgesamt maximal 20 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 750'000 Franken). Der Beitrag berechnet sich nach dem branchenüblichen Fixkostenansatz.
Nicht rückzahlbarer Fixkostenbeitrag für die Dauer der Schliessung des zugelieferten Betriebs (maximal 50'000 Franken im Monat, insgesamt maximal 20 Prozent des Umsatzes beziehungsweise 750'000 Franken). Der Beitrag berechnet sich nach dem branchenüblichen Fixkostenansatz, bezieht sich aber nur auf den Teil des Umsatzes, der effektiv auch mit den geschlossenen Betrieben gemacht würde.
Die verschiedenen Massnahmen können grundsätzlich kombiniert werden, soweit die Anspruchsvoraussetzungen pro Massnahme erfüllt sind und der Maximalbetrag pro Unternehmen noch nicht erreicht ist. Behördlich geschlossene Betriebe erhalten zudem automatisch eine neue Zahlung bis zum 21. März. Sie müssen kein neues Gesuch stellen.
Der Kanton hat bisher rund 28,5 Millionen Franken nicht rückzahlbare Beiträge ausbezahlt sowie rund neun Millionen Franken Kreditausfallgarantien gesprochen.
Das Busreise-Unternehmen Stöcklin Reisen aus Wettingen ist einer derjenigen Betriebe, der vom neuen Hilfspaket profitieren würde. Im Jahr 2020 brach der Umsatz von normalerweise gegen fünf Millionen Schweizer Franken «um 84,3 Prozent» ein, wie Verwaltungsratspräsident Emil Schmid sagt. Damit erfüllt man die Bedingungen für die neuen Fixkostenbeiträge locker.
Nur: Was das neue Hilfspaket bringen wird, weiss Schmid noch nicht. Erst diese Woche hat er Härtefallgelder beantragt. Aber noch im alten Regime. «Eine riesen Arbeit» sei es gewesen, sagt er. Demnach dürften 390'000 Franken an die Stöcklin Reisen AG fliessen, hat sein Buchhalter berechnet. Das ist viel Geld, aber der Betrag relativiert sich in Anbetracht eines Verlustes von 951'000 Franken 2020. Und jetzt ist die Ausgangslage schon wieder eine andere. Ob es dadurch nun mehr Geld geben wird: Schmid weiss es nicht.
Aber langsam wird es eng für ihn. Dank weiterer Unternehmen im Bereich Transport und Immobilien könnte er Knappheiten auch aus der Unternehmensgruppe bewältigen, sagt Schmid. «Aber die Reserven der Reise-Unternehmens sind bald aufgebraucht. Es wäre schön, wenn das Geld zügig ausbezahlt würde», so Schmid. Denn wann er wieder normal arbeiten kann, steht in den Sternen.