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Kanton Aargau
Die SVP-Prominenz mit Christoph Blocher, Christoph Mörgeli und Roger Köppel kam zur Wahlkampf-Veranstaltung «Stopp dem Asylchaos» in Aarau durch die Hintertür. Draussen hielt die Juso eine Mahnwache ab.
84 Anmeldungen für die Mahnwache der Juso gab es auf Facebook – tatsächlich standen um 19.30 Uhr rund 40 Personen mit Kerzen und Transparenten vor dem Kultur- und Kongresszentrum. «Es geht um Menschen, verdammt» und «Stoppt das Töten - Refugees welcome» war da unter anderem zu lesen.
Doch da waren Christoph Blocher, Christoph Mörgeli und Roger Köppel, die drei Referenten beim SVP-Anlass «Stopp dem Asylchaos», schon im Saal. So blieb das Megafon unbenutzt, die Konfrontation der Meinungen fand vorerst auf Distanz statt: hundert Meter von der Juso entfernt hatte die Junge SVP ihren Wahlkampfwagen postiert.
Juso-Mitglied Leona Klopfenstein freute sich trotzdem: «Wir wollen ein stilles Zeichen gegen fremdenfeindliche Politik setzen, das ist uns gelungen.» Bei den SVP-Sympathisanten ernteten die Demonstranten viel Kopfschütteln, schiefe Blicke und kritische Bemerkungen.
«Jeder von denen soll zehn Flüchtlinge nach Hause nehmen», murmelte eine Frau. Einen direkten Kontakt zwischen SVP und Juso gab es dann doch: Kantonalpräsident Thomas Burgherr suchte das Gespräch mit einem Sympathisanten, bevor er in den Saal schritt und dort die Besucher begrüsste.
Heimspiel für die SVP-Referenten
Dann sprach Ständeratskandidat Hansjörg Knecht – doch die grosse Bühne gehörte den drei Gästen aus Zürich. Christoph Mörgeli gab einen historischen Überblick zur Asyltradition der Schweiz und räumte ein, im 19. Jahrhundert hätten viele Aargauer das Land in Richtung Amerika verlassen. «Doch dort gab es kein ausgebautes Sozialsystem und keine Krankenversicherung für die Flüchtlinge, sie mussten kämpfen, viele haben es nicht geschafft und kehrten bitterarm zurück.»
Immer wieder heisst es, das Flüchtlings- und Asylthema werde nur von der SVP aufgenommen. Zumindest im Aargau stimmt das nicht: Heute findet im Kulturlokal Werkk in Baden eine Diskussion mit Gabriela Suter, Cédric Wermuth (beide SP) sowie Florian Vock (Juso) statt. Die drei Kandidierenden sprechen mit Fachleuten von Netzwerk Asyl Aargau, Flüchtlingshilfe und Amnesty International über neue Ansätze in der Flüchtlingspolitik. «Drei Diskussionsrunden über Fluchtursachen, das Engagement der Schweiz und die internatio-nale Zusammenarbeit. Ohne Polemik und Hasstiraden, dafür mit dem starken Bedürfnis, Lösungsansätze zu finden», kündigt Gabriela Suter auf ihrer Website an.
Christoph Blocher blickte auf seine Zeit als Bundesrat zurück – von 2003 bis 2007 war er auch für das Asylwesen verantwortlich. Die Schweiz müsse im Asylverfahren schneller entscheiden und abgewiesene Bewerber umgehend in ihre Herkunftsländer zurückführen, nannte er als Rezept.
Angesprochen auf das Plakat der Juso mit dem Slogan, es gehe um Menschen, sagte Blocher: «Ja, es geht um Menschen, das weiss jeder, und die Bilder im Fernsehen gehen ans Herz.»
Unter tosendem Applaus des Publikums fuhr er fort: «Aber wir können nicht aus Mitleid alle aufnehmen, das ist wie bei der Kindererziehung, man kann ein Kind auch nicht immer machen lassen, was es will, das kommt sonst nicht gut.»
Wie ist die Stimmung im Volk?
«Refugees welcome» hiess es auf einem anderen Juso-Plakat, doch wie willkommen sind Flüchtlinge in der Schweiz tatsächlich? Roger Köppel hielt fest, derzeit herrsche in Europa und in der Schweiz ein Asylchaos, an Leib und Leben bedrohte Menschen, echte Kriegsflüchtlinge und Wirtschaftsmigranten würden nicht unterschieden.
«Derzeit gibt es einen Begrüssungsrausch, eine Willkommenseuphorie», kritisierte der Nationalratskandidat und Weltwoche-Verleger. Man könne den Behörden nicht glauben, diese sprächen nur von Kriegsflüchtlingen aus Syrien, es gebe aber viel mehr Eritreer, die in der Schweiz einen Asylantrag stellten.
Einen anderen Vergleich stellte der ehemalige Bettwiler Gemeindeammann Wolfgang Schibler an: «Vor vier Jahren wurden wir gefeiert, weil wir die Asylunterkunft in Bettwil verhindert haben. An der Infoveranstaltung zur Unterkunft in der geschützten Operationsstelle im Spital Muri am Dienstag gab es bei 170 Besuchern keine kritische Stimme – das macht mir Angst, gerade mit Blick auf die Wahlen.»
Köppel prophezeite, die Stimmung der Bevölkerung werde wieder wechseln, umso mehr müsse man SVP wählen am 18. Oktober. Derweil brannten draussen die letzten Kerzen der Juso langsam nieder.