Kantonsfinanzen
Burgherr will Verwaltung schrumpfen und so weitere 400 Millionen sparen

400 Millionen will SVP-Präsident Thomas Burgherr sparen, indem die Kantonsverwaltung verkleinert wird. Generell: Burgherr möchte die Staatsquote um 1 Prozent senken. Finanzanzdirektor Roland Brogli kontert: «Das macht keinen Sinn.»

Mathias Küng
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Thomas Burgherr: Massive Einsparungen statt Bilanzreserve.

Thomas Burgherr: Massive Einsparungen statt Bilanzreserve.

Eben hat der Grosse Rat das Sparbudget 2014 des Kantons nach einer sehr kontroversen Debatte bereinigt. Für 2015–2017 liegen im Rahmen einer Leistungsanalyse weitere Spar- und Mehreinnahmenvorschläge der Regierung vor, die pro Jahr bis 120 Millionen Franken bringen sollen.

Was ist die Staatsquote?

Die Staatsquote zeigt, wie hoch der bereinigte Aufwand des Kantons im Vergleich zum Volkseinkommen respektive Bruttoinlandprodukt (BIP) ist. 2011 betrug der ganze Aufwand des Kantons 4,9 Milliarden Franken. Zieht man durchlaufende Beiträge, Einlagen in/aus Fonds und Spezialfinanzierungen und interne Verrechnungen ab, ergibt sich der bereinigte Aufwand von 4,1 Milliarden. 2011 betrug das Volkseinkommen 34 Milliarden Franken. Somit beträgt die Staatsquote 12 Prozent. Laut neustem Aufgaben- und Finanzplan kann sie bis Ende 2017 auf 11,5 Prozent gesenkt werden. Thomas Burgherr fordert binnen acht bis zehn Jahren eine zusätzliche Senkung um 1 Prozent. (MKU)

Der Grosse Rat diskutiert und beschliesst nächstes Jahr die in seiner Kompetenz liegenden Massnahmen. Viele führen jetzt schon zu heftigen Debatten, vorab jene im Bildungsbereich.

SVP-Präsident Thomas Burgherr geht dies viel zu wenig weit. Bund und Kantone lebten über ihre Verhältnisse, kritisiert er gegenüber der az und fordert: «Das muss gestoppt werden.» Private Firmen müssten täglich wirksame Kosteneinsparungen treffen, sonst hätten sie im Markt keine Chance mehr. Dasselbe Verhalten erwartet Burgherr vom Staat.

Er geht davon aus, dass der bereinigte Aufwand des Kantons 2017 rund 4,5 Milliarden Franken beträgt und die Staatsquote von heute 12,1 bis dann auf 11,5 Prozent sinkt (siehe Box). Das genügt ihm aber nicht. Burgherr: «Ich fordere in den nächsten acht bis zehn Jahren eine weitere Senkung um ca. 1 Prozent. Somit müssten ca. 400 Millionen Franken eingespart werden.»

«Kein sofortiger Stellenabbau»

Doch wie soll dies zusätzlich zur jetzigen «Leistungsanalyse» möglich sein? Laut Burgherr müsste eine Angebots- und Strukturüberprüfung eingeleitet werden. Da dieser Umsetzungsprozess sechs bis acht Jahre dauern könnte, würde dies nach seiner Einschätzung «keinen sofortigen Stellenabbau beim Personal bedeuten». Die Korrekturen «könnten höchstwahrscheinlich neutral durchgeführt werden», so seine Einschätzung.

Auf Dauer nicht finanzierbar

Ist dies wirklich realistisch? Burgherr: «Ich bin zutiefst überzeugt, dass unser überdimensionaler Verwaltungsapparat, der jedes Jahr weiter wächst, auf Dauer so nicht mehr finanzierbar ist. Das Verwaltungspersonal ist im Aargau seit 2008 um 22 Prozent oder 830 Stellen gewachsen.» Es sei auch dringend zu definieren, was sich der Kanton noch leisten kann. Was private Unternehmen besser und effizienter machen könnten (Strassenbau, Bauprojektleitungen etc.), soll ausgelagert werden.

Brogli: Das macht keinen Sinn

Finanzdirektor Roland Brogli hat für Burgherrs Forderung kein Verständnis. Gerade dank der geplanten Leistungsanalyse sei es überhaupt möglich, die Staatsquote von aktuell 12,1 bis 2017 auf 11,5 Prozent zu senken. Brogli: «Die Anhörung zur Leistungsanalyse läuft. Sie führt zu vielen Diskussionen und auch Opposition. Ich hoffe, dass wir die Zahlen im Gesamten erreichen. Es macht einfach keinen Sinn und wäre mit Blick auf die Leistungsanalyse verfehlt, jetzt ein neues Ziel zu formulieren, das nicht aus dem Gesetz hervorgeht.»

Brogli plädiert dafür, alle Kräfte auf die Leistungsanalyse zu konzentrieren. Wenn Thomas Burgherr finde, die massive Leistungsanalyse genüge nicht, habe er die Möglichkeit, im Rahmen der Debatte darüber neue Massnahmen einzubringen.

Brogli verweist auf die Aufgaben, die der Kanton zu erfüllen hat und die zu reduzieren wären, um die Staatsquote wie von Burgherr gefordert zu senken: «Da muss man konkret darlegen, was man genau will.» Wenn man so runterfahren müsste, fragt Brogli: «Wie können wir dann noch eine nachhaltige Politik betreiben?»

Die Menschen erwarteten zu Recht gute Bildungsangebote, eine gute Infrastruktur und Sicherheit. Brogli: «Ich kann nicht Aufgaben an die Wand fahren, das wäre nicht im Sinne des Bürgers.»

Brogli plädiert für eine Gesamtsicht. Nebst der Aufgabenerfüllung erwarteten die Bürgerinnen und Bürger schliesslich auch, dass der Staat seine Finanzen im Griff hat. Beides sei der Fall. Letzteres zeige sich auch, indem der Aargau pro Kopf der Bevölkerung den kleinsten Aufwand hat und dass er von allen Kantonen am wenigsten Subventionen erhält. Brogli: «Wir haben bewiesen, dass wir nicht übermarchen.»

Parlament sprach Stellen

Das von Burgherr heftig kritisierte Stellenwachstum sehe er auch, sagt Roland Brogli: «Darum haben wir per 2014 einen Stellenstopp beschlossen.» Die Zunahme sei aber auf Beschlüsse des Grossen Rats zurückzuführen.

Etwa mit der neuen Straf- und Zivilprozessordnung, mit neuen Staatsanwaltschaften, dem neuen Kindes- und Erwachsenenschutzrecht. Da habe der Kanton Vorgaben des Bundes umgesetzt. Und bei jeder Vorlage habe die Regierung aufgezeigt, wie viele neue Stellen das bedingt.