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Der Aargauer Ständerat (FDP) ärgert sich, dass Züge in Baden und Brugg nicht stoppen, obwohl sie dies müssten. Auch der Antwort des Bundesrats auf seine Interpellation kann er nicht viel abgewinnen.
Wer regelmässig den Schnellzug von Bern nach Baden benutzt, hat sich mit grosser Wahrscheinlichkeit auch schon darüber geärgert: «Dieses Verkehrsmittel wird umgeleitet und hält nicht an allen Haltestellen», heisst es bei den SBB immer mal wieder. Wer also in Baden oder Brugg in einen Zug ein- oder aussteigen will, riskiert, dass er dies nicht kann. Grund: Um Verspätungen aufzuholen, streichen die SBB ab und an einzelne, im Fahrplan vorgesehene, Stopps.
Auch dem Badener Ständerat Thierry Burkart (FDP) ist diese Praxis ein Dorn im Auge. Was die SBB machten, sei schlicht gesetzeswidrig. Denn die SBB seien laut Personenbeförderungsgesetz dazu verpflichtet, alle in den Fahrplänen enthaltenen Fahrten durchzuführen. «Nur in absoluten Ausnahmen wie etwa Unwetter oder ein Unglück darf diese Praxis angewendet werden.» Anfang März reichte Burkart deshalb beim Bundesrat eine Interpellation ein. Zusammengefasst wollte Burkart vom Bundesrat wissen: Ist der Bundesrat der Auffassung, dass es sich beim verspätungsbedingten Auslassen von Haltestellen um Umstände handelt, welche die SBB nicht vermeiden können? Und akzeptiert der Bundesrat, dass die Interessen der Benützer von Bahnhöfen in kleineren Zentren weniger hoch gewichtet werden, als jene der Bahnhöfe in den grossen Zentren?
Nun liegt die Antwort des Bundesrats vor, die sich in grossen Teilen früherer Stellungnahmen der SBB gleicht. «Auch ohne Mangel an technisch funktionstüchtigem Rollmaterial und ausreichendem Personal lassen sich Verspätungen und Störungen von Zügen nicht vollständig vermeiden. Die SBB verfolgen das Ziel, bei Verspätungen und Störungen mit kurzfristigen Massnahmen den übrigen Verkehr zu stabilisieren und Verspätungsübertragungen auf andere Züge zu vermeiden.» Allerdings seien diese Massnahmen im Interesse der Zuverlässigkeit des Fahrplanangebotes auf das Notwendigste zu beschränken. Bei den Massnahmen handle es sich weder um die Bevorteilung von bestimmten Regionen, noch um eine Geringschätzung von ländlichen Gebieten. Laut SBB kommt die Massnahme mit dem Wegfall des Haltes in Baden und Brugg AG durchschnittlich 1,5-Mal pro Monat zur Anwendung. Auch wenn diese Fälle ärgerlich seien, könne die Verbindung nicht als «in der täglichen Umsetzung kaum praktikabel» bezeichnet werden. «Der Bundesrat sieht keinen Anlass, gegen die Praxis der SBB zu intervenieren.»
Wenig überraschend kann Thierry Burkart dieser Antwort nicht sehr viel abgewinnen und seine Reaktion fällt mehr als deutlich aus. «Die Antworten des Bundesrats sind gelinde gesagt billig und werden der Ernsthaftigkeit der Sache nicht gerecht.» So sei schon der Einstiegssatz entlarvend. Der Bundesrat hätte etwas simpler auch schreiben können: «Es ist immer etwas, findet Euch damit ab». Das Verkehrsdepartement wolle sich offenbar mit der Problematik nicht ernsthaft auseinandersetzen, weil es vor den strukturellen technischen und personellen Problemen der SBB resigniert habe, respektive diese vorläufig für nicht lösbar halte, so Burkart mit deutlichen Worten. «Diese Laisser-faire-Politik widerspricht der Betriebspflicht und sie steht in einem Gegensatz zu den grossen Summen, welche die öffentliche Hand in die Eisenbahn investiert.»
Auch mit der Antwort des Bundesrates, wonach es sich nicht um eine Geringschätzung einzelner Regionen handle, kann Burkart wenig anfangen. «Die Geringschätzung unserer Region, respektive unseres Kantons zeigt sich auch jetzt, nachdem bei den SBB angeblich wieder Normalbetrieb herrsche. So haben wir bis zum 7. Juni von Baden, Brugg und Aarau nach wie vor nur eine Verbindung pro Stunde nach Bern, und diese verkehrt ab Olten über die alte Strecke.» Die Reisezeit Baden-Bern betrage somit 1.5 Stunden, wobei erst noch Regionalverkehrsrollmaterial mit enger Bestuhlung eingesetzt werde, und das in einer Zeit, in der es wichtig wäre, Abstand zu nehmen.
Thierry Burkart gibt sich kämpferisch: «Ich werde den Unmut der Region im Ständerat an Frau Bundespräsidentin Sommaruga gerichtet deutlich adressieren und selbstverständlich weiter für die ÖV-Erschliessung unseres Kantons kämpfen.»
Auch der Badener Nationalrätin Marianne Binder (CVP) sind Zugverbindungen ein Anliegen. Konkret geht es um attraktive Direktverbindungen in die grossen Städte und zum Flughafen. Damit diese auch künftig erhalten bleiben, hat sie ebenfalls Anfang März eine Motion eingereicht. Sie fordert den Bundesrat auf, «Grundlagen zu schaffen, die Region Baden mit ihren 140'000 Einwohnern ihrer Bedeutung gemäss in die Fahrplangestaltung und Gesamtplanung der SBB einzubeziehen». Zwar würden die Pläne des Bundes für Baden und Brugg tatsächlich mehr und auch schnellere Verbindungen vorsehen. «Matchentscheidend sind jedoch Direktverbindungen ohne Umsteigerei wie etwa in Olten oder Aarau inklusive ständigen Risikos, die Anschlüsse zu verpassen.»
Nun liegt die Antwort des Bundesrats vor, der die Ablehnung der Motion beantragt. In einem mehrjährigen, Planungsprozess habe der Bund den Ausbau der Bahninfrastruktur bis ins Jahr 2035 erarbeitet. «Der Kanton Aargau und die Region Baden profitieren dabei von einem überdurchschnittlichen Angebotsausbau, werden doch sowohl die schnellen Verbindungen von Baden nach Zürich als auch nach Aarau zu einem Viertelstundentakt ausgebaut. Zum Flughafen Zürich gibt es neu eine halbstündliche statt einer stündlichen Direktverbindung und in Richtung Basel sollen die Züge neu genau halbstündlich statt unregelmässig versetzt verkehren», schreibt der Bundesrat.
Tönt doch gut? Marianne Binder ist gleichwohl nicht zufrieden: «Die Region Baden wird zwar mehr Verbindungen bekommen in Richtung grosse Zentren, gleichzeitig fallen jedoch bestehende Direktverbindungen weg, beispielsweise diejenige nach Bern. Betroffen davon ist auch die Region Brugg. Das ist eine klare Verschlechterung, und die will ich nicht einfach so hinnehmen.» Gerade auch der Bezirk Zurzach verkehre intensiv mit dem Bahnhof Brugg. (mru)