Christoph Hagenbuch
Klar rechts, manchmal laut, voller Ideen für die Landwirtschaft: So tickt der neue höchste Aargauer Bauer, der fast Physiker wurde

Christoph Hagenbuch ist der neue Präsident des Bauernverbands Aargau. Der SVP-Mann aus Oberlunkhofen politisiert im Grossen Rat konservativ, in der Landwirtschaft setzt er auf neue Ideen.

Eva Berger
Drucken
Christoph Hagenbuch im letzten Sommer in seinem Gerstenfeld in Oberlunkhofen. Die Gerste wird angebaut für die Drüüklang Brauerei in Oberlunkhofen.

Christoph Hagenbuch im letzten Sommer in seinem Gerstenfeld in Oberlunkhofen. Die Gerste wird angebaut für die Drüüklang Brauerei in Oberlunkhofen.

Henry Muchenberger

Als Schüler wusste Christoph Hagenbuch noch nicht, was aus ihm werden soll. Um sich mit der Berufswahl Zeit zu geben, ging er in die Kanti, machte ein Austauschjahr in Australien, dann die Matur und begann an der ETH Zürich zwei Studiengänge: Physik und Agronomie. Unter den Landwirtschaft-Studenten war ihm wohler als bei den Physikern und die breitere Materie begeisterte ihn mehr. 2011 schloss er mit einem Master in Agrarwissenschaften ab.

Mit 36 Jahren höchster Aargauer Bauer

Er hat sich erst spät für den Beruf entschieden, dabei ist Hagenbuch auf einem Bauernhof aufgewachsen. Heute leitet er die Zweige Ackerbau und Spezialkulturen im Familienbetrieb in Oberlunkhofen. Und am 13. April haben die Mitglieder des Bauernverbands Aargau den knapp 36-Jährigen zum obersten Aargauer Bauern gewählt. Christoph Hagenbuch sagt:

«Ich mache das aus Überzeugung. Es lohnt sich, für unseren Berufsstand einzustehen.»

Seine Wahl vom Vize zum Präsidenten des Bauernverbands (BVA) kommt in einer umtriebigen Zeit, eben hat der Abstimmungskampf zu den beiden Agrarinitiativen vom 13. Juni Fahrt aufgenommen. Der BVA bekämpft sie. Doch: «Wir müssen aufpassen, unser Schaffen nicht nur auf die anstehenden Urnengänge zu fokussieren», appellierte der neue Präsident in einem Brief an die Mitglieder, der die Antrittsrede ersetzte.

Die Cousins Sebastian und Christoph Hagenbuch gehören zu den Süsskartoffelpionieren in der Schweiz. Um ihre Süsskartoffeln vor dem Kompost zu bewahren, wenn sie den strengen Normen der Grossverteiler nicht genügen, organisierten sie 2019 ein Erntefest mit Direktverkauf.

Die Cousins Sebastian und Christoph Hagenbuch gehören zu den Süsskartoffelpionieren in der Schweiz. Um ihre Süsskartoffeln vor dem Kompost zu bewahren, wenn sie den strengen Normen der Grossverteiler nicht genügen, organisierten sie 2019 ein Erntefest mit Direktverkauf.

Christian Breitschmid / FRE

Preisdruck, Bauvorschriften und Auflagen, Diskrepanzen beim Konsumentenverhalten und schlechte bäuerliche Einkommen seien ebenso anzugehen. «Die Herausforderungen in der Branche sind gross. Aber der BVA besteht nicht nur aus dem Präsidenten, das meistern wir gemeinsam», sagt Hagenbuch.

Christoph Hagenbuch

Christoph Hagenbuch (geboren 1985) ist in Oberlunkhofen aufgewachsen, heute wohnt und arbeitet er dort auf dem Familienbetrieb. Hagenbuch lebt in Partnerschaft und ist Vater eines Kindes. Seit 2017 ist er im Grossen Rat, er hat Einsitz in der Kommission Aufgabenplanung und Finanzen. Seit 13. April ist Christoph Hagenbuch Präsident des Bauernverbands Aargau (BVA), zuvor war er vier Jahre Vize. Dem BVA gehören rund 2600 Bauernfamilien und 58 Organisationen an. (eva)

Braugerste, mobile Ställe, alte Wurzeln

Der Agrarkanton Aargau sei aber gesund. Die fortschrittlichen Landwirtschaftsbetriebe stünden in engem Austausch, die verarbeitende Industrie in der Nähe mache die Produktion effizient und aufgrund kurzer Transportwege nachhaltig. «Ich bin überzeugter Verfechter von Regionalität, die Bedingungen dafür sind hier gegeben», sagt Hagenbuch. Auch deshalb baut er seit neustem Braugerste an.

Infoveranstalung "Für ein Bier mit Schweizer Wurzeln" am 13. Juni 2019. Markus Dieth (L), damals Landammann und Landwirtschaftsdirektor Kanton Aargau, im Gespräch mit Christoph Hagenbuch (R) in dessen Gerstenfeld in Oberlunkhofen.

Infoveranstalung "Für ein Bier mit Schweizer Wurzeln" am 13. Juni 2019. Markus Dieth (L), damals Landammann und Landwirtschaftsdirektor Kanton Aargau, im Gespräch mit Christoph Hagenbuch (R) in dessen Gerstenfeld in Oberlunkhofen.

Henry Muchenberger

Die kleine Brauerei im Dorf musste diese bis anhin importieren, bald schon liefert sie Hagenbuch, weitere Betriebe stiegen in die Produktion ein. In diesem Sommer wird zudem in Möriken-Wildegg eine Mälzerei eingerichtet. Hagenbuch sagt:

«An Schweizer Bier kommt meistens lediglich das Wasser aus der Schweiz. Dabei könnten wir alles, was es dafür braucht, hier herstellen.»

Indem er Braugerste anpflanzt, macht er den ersten Schritt dazu. Er habe sowieso immer neue Ideen. So haben Hagenbuchs schon früh in zwei mobile Hühnerställe investiert, damit die Hühner immer frisches Gras fressen können. Der Betrieb setzt zudem neben der Gerste auf weitere Nischen, Süsskartoffeln, Pastinaken und Schwarzwurzeln werden angebaut, seit kurzem auf Bestellung auch Herbstrüben für Räbeliechtli. «Das mache ich für die Kinder und darum sehr gerne», sagt der Vater eines bald zweijährigen Sohnes.

Im März 2016 hatte Hagenbuch Pech. Der Bauer begutachtete das vom viel Regen stark beschädigte Feld. Viele Kartoffeln sind verfault.

Im März 2016 hatte Hagenbuch Pech. Der Bauer begutachtete das vom viel Regen stark beschädigte Feld. Viele Kartoffeln sind verfault.

Mario Heller / FRE

Wichtig ist Hagenbuch zu betonen, dass der ganze Betrieb nur durch Zusammenarbeit funktioniert. Seine Eltern, seine Partnerin und die Mitarbeiter seien alle auch an den Ideen und deren Umsetzung beteiligt. «Wenn ich alles alleine machen würde, wäre der Betrieb nicht dort, wo er heute ist», stellt er klar.

Politisch klar rechts, manchmal laut

So innovativ Hagenbuch in seinem Beruf ist, so linientreu ist er in der Politik. Seit 2017 sitzt er für die SVP im Grossen Rat. Sein Polit-Spider ist klar rechts, er ist für eine strikte Migrationspolitik, einen schlanken Staat und konsequentes, hartes Vorgehen bei Sozialhilfemissbrauch. Er setzt sich gegen Vorschriften und Auflagen speziell in der Landwirtschaft ein und kann dabei auch sehr deutlich werden.

Podiumsdiskussion zum revidierten Jagdgesetz im Trafo in Baden am 1.9.2020. Christoph Hagenbuch SVP, Grossrat.

Podiumsdiskussion zum revidierten Jagdgesetz im Trafo in Baden am 1.9.2020. Christoph Hagenbuch SVP, Grossrat.

Michael Würtenberg

Zum Beispiel wenn es um Biber geht, die durch ihre Bauten Felder überfluten und Wege einstürzen lassen. Christoph Hagenbuch stört sich an jenen, die den Nager verteidigen, denn «Problem-Biber» soll man einfangen und umsiedeln dürfen, als letztes Mittel abschiessen, ist Hagenbuch überzeugt. Von 20 Bibern mache vielleicht einer Probleme, der absolute Schutz könne deshalb sogar kontraproduktiv sein. «Wenn wir uns beim Umgang mit einem einzigen Tier nicht lösungsorientiert finden, gefährdet das alle anderen Biber, weil die Stimmung in der Bevölkerung gegenüber dem Biber ins Negative kippen könnte.»

Sein Politstil sei durchaus laut, sagt Hagenbuch:

«Ich äussere mich einfach gerne prägnant und formuliere meine Meinung deutlich.»

Er wünsche sich manchmal lebhaftere, direktere Diskussionen im Grossen Rat. Der Stil in der englischen Politik beispielsweise gefalle ihm. «Dort ist man in der Sache unerbittlich, manchmal sarkastisch, bleibt aber anständig und kommt irgendwann auch auf den Punkt.» Manchmal fehle es an Lockerheit im Aargauer Grossen Rat, findet Hagenbuch.

Ob er dereinst auch, wie sein Vorgänger Alois Huber, im Nationalrat Agrarpolitik macht, weiss Hagenbuch noch nicht. Dem Mittdreissiger pressiert es mit seiner weiteren Karriere auch nicht. Sicher sei, dass die Landwirtschaft vor der Politik Priorität behalte. «Müsste ich wählen, wäre ich sicher Bauer und nicht Berufspolitiker.» Darum konzentriere er sich jetzt auf das BVA-Präsidium:

«Alles was ich mache, tue ich aus Überzeugung. Was danach kommt, sehe ich dann.»