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Im zweiten Teil des Abschiedsinterviews erklärt Susanne Hochuli, warum sie manchmal arrogant wirkte, was sie mit ihrer Regierungsrats-Rente vor hat und wohin sie mit Hündin Mira Mitte Januar zieht.
Im ersten Teil des Abschiedsinterviews bewies Susanne Hochuli einmal mehr, dass sie keine typische linke und grüne Politikerin ist: Sie sprach übers Schiessen, und stellte Forderungen an die Asylbewerber.
Hier der zweite Teil:
So schlimm wie in den USA ist es nicht. Aber wir haben schon Scheuklappen in der Politik. Wenn ich eine Integrations-RS für Asylbewerber vorschlage, heulen die Linken gleich auf: «Nein, nein, man muss diese Leute speziell gut behandeln, weil sie aus schwierigen Situationen kommen.» Ich finde diese Einstellung sehr paternalistisch. Warum sollen wir diesen Menschen einfach über den Kopf streicheln statt sie ernst zu nehmen und Dinge einzufordern, die wichtig sind für unsere Gesellschaft, aber vor allem auch für sie selber? Ich gebe aber zu, mir passiert es auch, dass ich mich zu schnell auf eine Meinung festlege, auch aufgrund meiner Herkunft und meiner wertkonservativen Haltung.
Beim Thema gleichgeschlechtliche Eltern. Für mich war immer klar, dass eine Familie aus Mutter, Vater und Kind besteht. In meiner Arbeit als Regierungsrätin wurde ich dann mit den sogenannten Regenbogen-Familien konfrontiert. Da habe ich gemerkt, dass ich auf dem Holzweg bin. Ich habe eingesehen, dass eine Familie vor allem aus mindestens zwei Generationen besteht. Ob jetzt Mutter und Vater, zwei Mütter oder zwei Väter oder eine alleinerziehende Mutter oder alleinerziehender Vater die Eltern sind, ist zweitrangig. Entscheidend ist, dass es Eltern sind, die sich bewusst für ihre Kinder entschieden haben und das Beste für sie wollen.
Nicht unbedingt enttäuscht, aber ernüchtert hat mich, dass der Umgangston destruktiver geworden ist und es oft gar nicht mehr um die Sache geht. Das bringt uns leider nicht weiter.
Natürlich habe ich auf dem Heimweg von einer Asyl-Infoveranstaltung auch schon gedacht: Was soll das überhaupt, muss ich mir das noch antun?! Aber ich habe mir mit der Zeit eine Technik angeeignet: An solchen Veranstaltungen stülpte ich in meiner Vorstellung eine Glasglocke über mich und versuchte, sachlich und ruhig meine Argumente vorzutragen und Provokationen nicht an mich heranzulassen.
Ja, das wirkt vielleicht überheblich, wenn jemand im Saal schreit «Was soll ich tun, wenn meine drei Töchter von einem Asylbewerber vergewaltigt werden» und ich ruhig antworte: «Laut Statistik findet sexuelle Gewalt mehr in der Familie statt.» Eine grosse Hilfe waren auch mein Zuhause und meine Leute im Departement. Da musste ich nichts vormachen und konnte auch mal weinen oder meinen Frust ausdrücken.
(lacht laut). Nein, so schlimm! Der Begriff «Alt-Regierungsrätin» wird mich wohl über den Tod hinaus begleiten.
Es interessant, dass das gerade bei mir zum Thema gemacht wird.
...vielleicht ja. Aber ich werde mich mit diesem Ruhegehalt sicher nicht zur Ruhe setzen. Die 150›000 Franken werden mir die Möglichkeit geben, Projekte anzupacken, die für die Gemeinschaft Sinn machen, aber für mich finanziell nicht gewinnbringend sein müssen.
Nein, noch nicht. Sonst werden Sie ständig nachfragen, was daraus geworden ist.
Haben Sie schon Jobangebote bekommen oder Mandate?
Als Grüne bekommen Sie keine Mandatsangebote (lacht). Aber ja, ich wurde auf die eine oder andere Sache aufmerksam gemacht.
Da gäbe es lohnenswerte Engagements. Aber ich muss schon noch etwas Spannenderes machen. Ich habe zum Beispiel noch nie in meinem Leben ein Haus gebaut. Doch ich will mir jetzt noch nicht konkrete Gedanken machen. Zuerst gehe ich auf meinen 1500-Kilometer-Fussmarsch an die Ostsee.
Am Freitag, den 13. Januar.
Meine Hündin Mira. Sie musste lernen, ihr eigenes Rucksäckli zu tragen. Ihr Tüchli, Striegel und Futter.
Ich muss mich auf weit unter 10 Kilo beschränken. Mein Dilemma: Ich will viel lesen auf der Reise und hänge so an Büchern. Meine Tochter hat mich jetzt aber überredet, einen E-Reader zu kaufen. Ich muss die echten Bücher aber zuerst anfassen und riechen, bevor ich mich auf die Reise mache. Dann sollte es gehen.