Abstimmung
Kartonmauer und Stacheldraht gegen die Frontex-Vorlage: Gegnerschaft formiert sich im Aargau in einem Komitee

SP, Grüne, deren Jungparteien und migrantische Organisationen setzen sich für ein Nein zu mehr Geld aus der Schweiz für die Grenzschutzagentur Frontex ein. Mit einer Aktion in Baden machten sie auf ihr Anliegen aufmerksam – und am 1. Mai kommt die bekannte Rettungsschiff-Kapitänin Carola Rackete in den Aargau.

Fabian Hägler
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Kartonmauer mit Stacheldraht auf dem Schlossbergplatz: Das war die Aktion der Gegner der Frontex-Vorlage in Baden.

Kartonmauer mit Stacheldraht auf dem Schlossbergplatz: Das war die Aktion der Gegner der Frontex-Vorlage in Baden.

Zvg

Im Aargau stellt sich eine Allianz aus Parteien und migrantischen Organisationen gegen den Frontex-Ausbau. Im Nein-Komitee sind der Verein Netzwerk Asyl Aargau, Club Asyl Aargau, die Juso Aargau, die Jungen Grünen Aargau, die SP Aargau und die Grünen Aargau vertreten. Nicht im Referendumskomitee dabei ist der Gewerkschafts-Dachverband Arbeit Aargau, der aber ebenfalls die Nein-Parole gefasst hat.

Das Parlament möchte den Unterstützungsbeitrag der Schweiz an die EU-Grenzschutzagentur Frontex auf 61 Millionen Franken erhöhen, am 15. Mai wird darüber abgestimmt. Ein Grossteil der Arbeit von Frontex fokussiere sich auf die «Abwehr» von Geflüchteten, heisst es in einer Mitteilung des Nein-Komitees. Es kritisiert:

«Während wir aktuell ukrainische Flüchtende zu Recht mit offenen Armen empfangen, lassen wir Tausende Menschen jährlich im Mittelmeer ertrinken.»

Der Umgang mit den Geflüchteten aus der Ukraine zeige, dass eine humanitäre Flüchtlingspolitik möglich und richtig sei, schreibt das Komitee. Hingegen sei es falsch, Frontex mit mehr Geld aus der Schweiz zu finanzieren, weil die Grenzschutzagentur an illegalen Praktiken beteiligt sei.

Nein-Komitee will Bevölkerung mit Aktionen sensibilisieren

Das Komitee nennt Pushbacks, wobei Geflüchtete bei Erreichen von EU-Boden zurück in das angrenzende Land geschafft werden, ohne die Möglichkeit, einen Asylantrag zu stellen. Dies sei umfassend dokumentiert und stehe im Gegensatz zu den geltenden Gesetzen. «Diese Praktiken würde die Schweiz mit einer Erhöhung des Beitrags weiter legitimieren und mitfinanzieren», kritisiert das Komitee.

Mitglieder der Jungen Grünen bei der Aktion gegen die Frontex-Vorlage in Baden.

Mitglieder der Jungen Grünen bei der Aktion gegen die Frontex-Vorlage in Baden.

zvg / Aargauer Zeitung

Zur Sensibilisierung der Bevölkerung sind die Frontex-Gegner im öffentlichen Raum mit Plakaten, Flyern und Aktionen präsent und führen verschiedene Veranstaltungen durch. Am Samstag fand auf dem Schlossbergplatz in Baden die erste Aktion statt. Mit einer grossen, stacheldrahtgesicherten Mauer machten Aktivistinnen und Aktivisten dort auf Frontex und ihre Haltung zur Abstimmung aufmerksam.

Seenotretterin Carola Rackete sprich an der 1.-Mai-Feier in Baden

Die deutsche Aktivistin und freiwillige Seenotretterin Carola Rackete.

Die deutsche Aktivistin und freiwillige Seenotretterin Carola Rackete.

Urs Flueeler / Keystone

Auch am Tag der Arbeit ist der Kampf gegen Frontex ein Thema im Aargau. An der 1.-Mai-Feier in Baden spricht um 15 Uhr die international bekannte Seenotretterin Carola Rackete. Die Deutsche ist nebst ihrem Einsatz auf dem Rettungsschiff Sea-Watch 3 auch als Mitgründerin des Netzwerks «Abolish Frontex» aktiv. Der Besuch im Aargau steht laut Mitteilung im Rahmen ihrer Tour de Suisse im Vorfeld zur Abstimmung vom 15. Mai.

Am 5. Mai findet im Salzhaus in Brugg ein Podium über die Zukunft von Frontex statt. Ab 19 Uhr diskutieren Aresu Rabbani (SP MigrantInnen), Emirhan Darcan (Kriminologe und Experte zu Grenzpolitik), Marionna Schlatter (Nationalrätin Grüne) und der deutsche EU-Parlamentarier Erik Marquardt. Marquardt war als Fotograf und Journalist oft an den europäischen Aussengrenzen und verfasste unter anderem das Buch «Europa schafft sich ab».