Aargauische Pensionskasse
Die Renten des Staatspersonals sollen gesichert werden – Gewerkschaften bringen sich in Stellung

Der Regierungsrat schickt ein Massnahmen-Paket zur Sicherung der Renten der Kantonsangestellten in die Vernehmlassung. Darin enthalten: Höhere Sparbeiträge, was zu tieferen Nettolöhnen führt. Damit brauche es Lohnanpassungen, findet die Gewerkschaft VPOD.

Eva Berger
Drucken
Demonstration der Lehrerinnen und Lehrer gegen das Sparpaket der Aargauer Regierung, Aarau, 6. Mai 2014. Lehrerdemo.

Demonstration der Lehrerinnen und Lehrer gegen das Sparpaket der Aargauer Regierung, Aarau, 6. Mai 2014. Lehrerdemo.

Alex Spichale / AGR

Am 1. Januar 1985 trat in der Schweiz das Bundesgesetz über die berufliche Vorsorge in Kraft. Damals betrug die durchschnittliche Lebenserwartung bei der Geburt 73,5 Jahre für Männer und 80,2 Jahre für Frauen. Inzwischen wird die Bevölkerung im Land älter, 2020 wurden Männer im Schnitt 81 Jahre alt, Frauen 85,1 Jahre.

Die steigende Lebenserwartung und die schwierige Lage auf den Kapitalmärkten belasten die berufliche Vorsorge: die Umwandlungssätze sinken, die Renten damit auch. Davon sind auch die Versicherten bei der Aargauischen Pensionskasse (APK), also das gesamte Kantons-Personal, betroffen. Der Umwandlungssatz der APK zu Lasten der Versicherten fiel von ursprünglich 6,8 Prozent im Jahr 2013 auf neu 5 Prozent im Jahr 2024.

Vorsorgeziel von 60 Prozent wird nicht mehr erreicht

Bis 2018 lag das Leistungsniveau der APK bei 65 Prozent des versicherten Lohns. Mit der jüngsten Senkung des Umwandlungssatzes ab 2022 durch den Vorstand der APK fällt das geplante Leistungsniveau ab 2024 auf nur noch 55 Prozent. Das ist tief, denn das aus der Bundesverfassung abgeleitete Vorsorgeziel von 60 Prozent aus 1. und 2. Säule wird nicht mehr erreicht. Ein Spezialfall ist die APK damit zwar nicht, sie befindet sich laut Departement Finanzen und Ressourcen in einer ähnlichen Situation mit vergleichbaren Kassen. Der Umwandlungssatz der APK sei aber leicht unterdurchschnittlich.

Der Regierungsrat hat jetzt eine Vorlage mit Abfederungsmassnahmen erarbeitet. Sie sollen ein übermässiges Absinken der Renten verhindern, dabei aber gleichzeitig ein angemessenes Leistungsniveau der APK gewährleisten. Seit Donnerstag ist die Vorlage bei Verbänden, Parteien und Gemeinden in der Vernehmlassung. Bis am 3. Juni können sie ihre Eingaben machen.

Mit vier Massnahmen will der Regierungsrat die Renten retten:

  1. Die Sparbeiträge sollen «moderat» erhöht werden. Der Kanton als Arbeitgeber sowie die Versicherten zahlen also höhere Beiträge ein. Damit soll das planmässige Leistungsziel von 60 Prozent des versicherten Lohnes erreicht werden. Allerdings reduziert sich so auch der Nettolohn der Arbeitnehmenden.
  2. Zweitens würde der Koordinationsabzug gesenkt, wodurch Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen besser versichert würden.
  3. Drittens soll eine Einmal-Einlage in die Pensionskasse die am stärksten betroffene Übergangsgeneration, jene über 50 Jahre, entlasten.
  4. Viertens soll ein Vorgehen definiert werden, für den Fall, dass es trotzdem zu einer Unterdeckung kommt. Für die Planungssicherheit würde dieses im Pensionskassendekret festgelegt.

Dieth: Jetzt der richtige Zeitpunkt

Für den Aargauer Finanzen- und Ressourcendirektor, Regierungsrat Markus Dieth, ist das Vorhaben einigermassen dringend. «Es ist wichtig, diese Massnahmen nicht hinauszuschieben, damit das Leistungsniveau für das Alter nicht weiter abnimmt. Darum ist jetzt der richtige Zeitpunkt, um zu handeln», sagt er auf Anfrage.

Regierungsrat Markus Dieth.

Regierungsrat Markus Dieth.

Zvg

Mit den vorgeschlagenen Massnahmen nehme die Vorsorgelösung des Kantons einen Platz im Mittelfeld vergleichbarer Pensionskassen ein, so Dieth weiter. Der Kanton stehe in Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern, doch:

«Mit dieser ausgewogenen Vorlage haben wir die Chance, ein verantwortungsvoller Arbeitgeber für alle Mitarbeitenden und für alle Lehrpersonen des Kantons zu sein und attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.»

Insbesondere die Reduktion des Koordinationsabzugs helfe dabei, den Kanton als Arbeitgeber auch für Angestellte mit tiefen Löhnen, inklusive jener, die in Teilzeit angestellt sind, attraktiv zu halten, betont Markus Dieth.

15 Millionen pro Jahr, dazu über 20 Millionen einmalig

Doch die Abfederungsmassnahmen kosten auch. Die höheren Sparbeiträge führen für den Kanton zu Mehrausgaben von 6,9 Millionen Franken pro Jahr. Die Senkung des Koordinationsabzugs würde ihn jährlich 8,1 Millionen Franken kosten, die einmalige Einlage für die Übergangsgeneration schlägt mit 20,4 Millionen zu Buche. Sämtliche Massnahmen haben weiter auf die Gemeinden finanzielle Auswirkungen, schliesslich tragen diese 35 Prozent der Löhne für Lehrpersonen.

Tiefere Nettolöhne für Angestellte

Und auch die Arbeitnehmenden würden die Veränderungen bei ihrer Pensionskasse zu spüren bekommen, wenn ihre Sparbeiträge steigen. Zwar sparen sie mehr für ihre berufliche Vorsorge, dafür sinkt der Nettolohn.

Extreme Auswirkungen habe das individuell aber nicht, wie der Finanzdirektor am Beispiel einer 35-jährigen Angestellten mit einem durchschnittlichen, kantonalen Lohn vorrechnet: Ihr Sparbeitrag beträgt heute 7,1 Prozent und steigt mit den Anpassungen auf 7,5 Prozent. Bei einem versicherten Lohn von 80’000 Franken ergibt sich daraus eine Differenz von 320 Franken im Jahr.

Keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen hat das Sanierungskonzept für den Fall einer Unterdeckung. Neu sollen die Grundzüge zu Massnahmen zur Behebung einer allfälligen Unterdeckung auch im Pensionskassendekret festgehalten werden, was die Planungssicherheit erhöht. Das bis anhin geltende Sanierungskonzept zielte ausschliesslich auf einseitige Minderverzinsungen zu Lasten der Versicherten ab.

Gewerkschaft will höheres Leistungsziel und höhere Löhne

Lelia Hunziker, Grossrätin SP, Präsidentin VPOD Aargau-Solothurn.

Lelia Hunziker, Grossrätin SP, Präsidentin VPOD Aargau-Solothurn.

zvg

Auch die Personalverbände werden an der Vernehmlassung teilnehmen. Lelia Hunziker, Präsidentin der Gewerkschaft für das Personal öffentlicher Dienste, VPOD, Sektion Aargau-Solothurn, teilt auf Anfrage mit: «Wir werden uns für die beste Lösung für die Angestellten einsetzen.»

Das vom Regierungsrat angestrebte Leistungsziel von 60 Prozent ist dem VPOD indes zu tief, er fordert, dass am Leistungsziel von 65 Prozent «unbedingt festgehalten wird». Zudem müsse die Kaufkraft der Arbeitnehmenden auch mit der Erhöhung der Sparbeiträge gleichbleiben. «Der Grosse Rat muss das Budget für Löhne erhöhen, denn sonst haben die Angestellten weniger Geld im Portemonnaie», so Hunziker.

Noch nicht zur Vorlage äussert sich Marco Hardmeier, der Präsident der Konferenz der Aargauischen Staatspersonalverbände (KASPV). Die KASPV prüfe jetzt die Vorlage seriös und intensiv mit Hilfe von Expertinnen und Experten. Mit der Einreichung ihrer Vernehmlassungsantwort werde die KASPV ihren Standpunkt kommunizieren.