Nachgefragt
Aargauer Staatsschreiberin Vincenza Trivigno zu ihrem Rücktritt: «Es war eine extrem spannende Zeit»

Vincenza Trivigno wird im Frühling 2021 nach fünf Jahren als Staatsschreiberin für den Kanton Aargau von ihrem Amt zurücktreten. Sie ist die erste Frau in diesem Posten und war zuletzt, in der Zusammenarbeit mit der Regierung, alleine unter Männern. Im Frühling 2021 wechselt sie zum Klinik- und Gesundheitsunternehmen VAMED, wo sie CEO wird.

Eva Berger
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«Die Aargauer Kantonsverwaltung funktioniert sehr gut und agil.», sagt Staatsschreiberin Vincenza Trivigno.

«Die Aargauer Kantonsverwaltung funktioniert sehr gut und agil.», sagt Staatsschreiberin Vincenza Trivigno.

Sandra Ardizzone

Frau Trivigno, Sie haben sich für den Wechsel in die Privatwirtschaft entschieden. Wie schauen Sie auf die letzten viereinhalb Jahre als Staatsschreiberin zurück?

Es war eine extrem spannende Zeit. Nicht zuletzt wegen der ausserordentlichen Ereignisse der letzten Monate.

Welche meinen Sie?

Den Rücktritt von Regierungsrätin Franziska Roth im Sommer 2019. Und dann natürlich Corona – eine Pandemie erleben wir ja glücklicherweise nicht jedes Jahr. Diese Krise ist auch noch nicht vorbei.

Abgesehen von Krisen: Was war aus ihrer Sicht in den letzten vier Jahren auf der Verwaltung bemerkenswert?

Die Haushaltssanierung war ein sehr spannendes Projekt, das wir in diesem Frühling erfolgreich abschliessen konnten. Zeitgleich wurden wir von der Coronakrise getroffen, so dass unklar ist, wie sich die Finanzen entwickeln werden. Der Regierungsrat wird diese genau beobachten. Zweitens haben wir es geschafft, die Verwaltung so weit digital voranzutreiben, dass wir auch die Coronakrise mit Homeoffice für die Angestellten sehr gut meistern konnten. Dies in erster Linie dank der Strategie «Smart Aargau», die wir im Frühjahr 2019 lanciert haben.

Vincenza Trivigno ist seit 2016 Staatsschreiberin des Kantons Aargau – als erste Frau in diesem Amt.
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Trivigno wuchs in einem Oltner Arbeiterquartier auf und lernte erst im Kindergarten Deutsch. Ihre Familie stammt aus Süditalien.
1996 schloss die heute 49-Jährige an der Uni Bern in Volkswirtschaft und Soziologie ab. 2015 bewarb sie sich als FDP-Kantonsrätin in Zürich.
Trivigno ist mit Verbandsfunktionär und seit 2019 Swissmem-Direktor Stefan Brupbacher verheiratet.
Eine Frau unter Männern: Staatsschreiberin Vinzena Trivigno mit dem aktuellen Regierungsrat (von links nach rechts): Markus Dieth (CVP), Urs Hofmann (SP), Stephan Attiger (FDP), Alex Hürzeler (SVP) und Jean-Pierre-Gallati (SVP).
Trivigno am Aargauer Tag an der "Fête des Vignerons": Mit rund 1500 Aargauerinnen und Aargauern reiste sie am 6. August 2019 mit einem Extrazug nach Vevey.
Privater Einblick: Auch die Staatsschreiberin wechselte während des Lockdowns ins Homeoffice.
Im Frühjahr 2021 wechselt Trivigno in die Privatwirtschaft. Sie wird Geschäftsführerin der VAMED Schweiz Gruppe. Diese ist im Gesundheitsbereich tätig, konkreter in der Akutversorgung, Rehabilitation und Medical Wellness.

Vincenza Trivigno ist seit 2016 Staatsschreiberin des Kantons Aargau – als erste Frau in diesem Amt.

Alex Spichale

Seit dem Rücktritt von Franziska Roth sind Sie jeweils die einzige Frau unter Männern bei Sitzungen der Regierung und auch auf den Gruppenbildern. Wie ist das für Sie?

Ich habe damit kein Problem. Auch in meinen früheren Funktionen arbeitete ich mehrheitlich mit Männern zusammen, darum war das nicht neu für mich.

Lief es also immer gut?

Ja. Immer.

Was werden Sie aus ihrer Zeit im Aargau mitnehmen?

Letztlich, dass die Aargauer Kantonsverwaltung sehr gut und agil funktioniert. Und zwar auch in schwierigen Situationen.

Gibt es auch etwas, worüber Sie froh sind, es hinter sich lassen zu können?

Nein. Ich verlasse die Kantonsverwaltung mit einem weinenden Auge.

Warum gehen Sie dann?

Ich konnte fast nicht nein sagen, zum Angebot. Eine Stelle als CEO, und damit die Gesamtverantwortung für ein Unternehmen, zu übernehmen; das ist einfach reizvoll.

Worauf freuen Sie sich besonders?

Tätigkeiten auf einer Verwaltung sind immer in einem System mit klaren Regeln und Vorgaben eingebunden. Das macht eine Verwaltung stark und stabil, aber es verlangsamt auch die Prozesse. Darum freue ich mich jetzt auf etwas mehr Gestaltungsspielraum.

Haben Sie einen Rat an ihre Nachfolgerin oder ihren Nachfolger?

Nein. Er oder sie wird eigene Erfahrungen machen.