G20 Hamburg
Aargauer Krawallmacher kann nicht ausgeliefert werden, aber: "Er kann sich dem Prozess nicht entziehen"

Einen Aargauer hat die deutsche Polizei als mutmasslichen Krawallmacher anlässlich des G20-Gipfels in Hamburg gesucht und gefunden. Auch wenn kein konkreter Tatvorwurf besteht, läuft gegen den 27-Jährigen ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Was heisst das? Rechtsanwalt Martin Locher beantwortet die wichtigsten rechtlichen Fragen.

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Es gibt ein Video, das ihn im Rummel der Krawalle zeigt. Am frühen Dienstagmorgen war es dann soweit: Die deutsche Polizei konnte den jungen Mann identifizieren und hat ihn in der Schweiz ausfindig gemacht. Es handelt sich um einen 27-Jährigen Aargauer. In Winterthur wurde er aufgegriffen, in Bremgarten seine Wohnung durchsucht.

Er bleibt weiterhin auf freiem Fuss, jedoch hat die Hamubrger Staatsanwaltschaft ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen ihn eröffnet. Die Vorwürfe: schwerer Landfriedensbruch und schwere Brandstiftung. Einen Tatvorwurf aufgrund konkreter Beweise gibt es allerdings nicht. Dass er Teil der randalierenden Gruppe war, reicht laut der Hamburger Oberstaatsanwältin Nana Frombach für ein Verfahren.

Was heisst das, wenn es tatsächlich zum Prozess kommt? Der Aarauer Rechtsanwalt Martino Locher hat gegenüber Tele M1 die wichtigsten rechtlichen Fragen zum Fall beantwortet. Er sagt: «Der Beschuldigte kann nicht nach Deutschland ausgeliefert werden, wenn er sich nicht aus freien Stücken dazu entscheidet, an einem möglichen Prozess teilzunehmen.»

Verhaftung bei Auslandreise? Möglich.

Dem Prozess könne er sich trotzdem nicht völlig entziehen. «Es kann gegen ihn ein sogenanntes Abwesenheitsurteil gesprochen werden.» Dass dieses Urteil in der Schweiz vollstreckt werde, sei in diesem Fall eher unwahrscheinlich.

Aber: «Wenn er nach Deutschland oder ins sonstige Ausland reist, etwa nach Frankreich, könnte es sein, dass eine Vollstreckung durchgezogen wird.» Heisst: Bei einer unbedingten Freiheitsstrafe müsste er bei einer Reise ins Ausland damit rechnen, verhaftet zu werden.

Wer im Ausland ein Verbrechen begeht, untersteht zwar grundsätzlich auch dem Schweizerischen Strafgesetzbuch, so der Rechtsanwalt weiter: «Da die Deutschen Behörden hier jedoch bereits aktiv wurden, ist es eher unwahrscheinlich, dass in der Schweiz ein eigenständiges Strafverfahren eröffnet werde.» (smo)