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Welchen Einfluss haben Influencer wirklich und was sind mögliche Gefahren? Ein Gespräch mit zwei Fachleuten.
Sharmila Egger: Alle Gruppen, die eine Bereitschaft haben, für Produkte Geld auszugeben oder sich von fremden Meinungen davon überzeugen lassen. Auf Instagram ist die Gruppe der über 50-Jährigen eher kleiner, aber sie holen auf.
Laurent Sedano: Manche Influencer machen auf ihren Kanälen hemmungslos Werbung für ihre Produkte. Schwierig ist, wenn diese Werbung nicht als Werbung erkennbar ist. Denn nicht immer kennzeichnen die Influencer ihre Posts als Werbung.
Egger: Viele Kinder und Jugendliche realisieren schnell, wann es sich um Werbung handelt, und ignorieren diese. Ein gewisser negativer Einfluss ist jedoch vorprogrammiert. Zu wenige Influencer treten fair und ungeschminkt auf. Wer das Produkt von einer Firma zur Verfügung gestellt kriegt für einen Post, muss dies deklarieren. Zudem sehen Instagram-Benutzer täglich Hunderte Videos und Fotos von vermeintlich perfekten Menschen. Dieser Beeinflussung standzuhalten, ist anspruchsvoll. Das führt zu Versagensgefühlen und das eigene Körpergefühl verschlechtert sich. Das kann auf Dauer das Selbstvertrauen und die Gesundheit ruinieren.
Sedano: Benutzen Jugendliche Instagram, sollten sie von den Eltern begleitet werden. Die Jungen müssen verstehen, dass die Realität anders aussieht und jeder trickst, um sich auf den sozialen Medien besser zu positionieren. Pro Juventute hat deswegen auch die Kampagne «Echtes Leben» lanciert.
Egger: zischtig.ch gewinnt mit Einsätzen an Schulen Kinder und Jugendliche für kritische Diskussionen. Instagram mal auf die Schippen zu nehmen, hilft, um diesen Beeinflussungsmechanismus zu verstehen. Da kann ich das Instagram-Profil von Celeste Barber empfehlen. Sie stellt Bilder von Influencern nach und relativiert jede Retusche. Früh mit den Kindern gemeinsam kritisch hinterfragen, das ist unsere Devise, welche von den Schulen, den Eltern und vor allem von den Kindern und Jugendlichen sehr geschätzt wird.
Sedano: Das ist sehr individuell. Es gibt auch Influencer, die gute Anliegen vertreten. Instagram kann auch motivierend wirken. Anstatt TV zu schauen, geht man vielleicht raus und joggt, um ein Bild von sich beim Sport zu machen, oder lässt sich zum Kochen animieren.
Egger: Für Kinder ist die Followeranzahl bei den ersten Aktivitäten auf Instagram noch sehr wichtig. Bei den Jugendlichen relativiert sich das meistens. Kriegt man jedoch keine Likes oder Kommentare unter seinen Posts, kann das Frust auslösen – sogar bei Erwachsenen.
Sedano: Es ist vielleicht nicht der sicherste und realistischste Beruf, aber man kann es schaffen. Der Komiker Bendrit Bajra ist ein gutes Beispiel. Er hat sich durch seinen Humor eine eigene Community erarbeitet.
Egger: Influencer sein ist ein Knochenjob. Um seine Popularität zu steigern, soll man Fotos und Videos von anderen liken und kommentieren. Die Influencer müssen ständig Präsenz zeigen, sonst werden ihre Posts vom Algorithmus ignoriert und man erreicht nicht die gewünschte Reichweite. Glaubt man zu wissen, wann man was mit welchen Hashtags posten soll, hat Instagram bereits die Algorithmen wieder verändert. Das treibt viele kurz vor ein Burnout.
Sedano: Man sieht von aussen nicht, dass das Influencer-Sein harte Arbeit ist. Hinter dem schönen Schein steckt berechnetes Marketing. Und viele, viele Stunden, die Influencer fürs Fotografieren, Videodrehen und Schneiden aufwenden.