Fluglärm im Aargau
10'000 Nachtflüge sind genug: «Flughafen Zürich muss Verspätungen endlich in den Griff bekommen»

Die Aargauer Regierung ist mit den Plänen des Bundes für den Flughafen Zürich-Kloten gar nicht einverstanden.

Mathias Küng
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Der Flughafen Zürich will mehr Nachtflüge. Der Aargauer Regierungsrat steht dem kritisch gegenüber. (Symbolbild)

Der Flughafen Zürich will mehr Nachtflüge. Der Aargauer Regierungsrat steht dem kritisch gegenüber. (Symbolbild)

KEYSTONE/CHRISTIAN MERZ

Schon vor einem Jahr hat die Aargauer Regierung zu zwei Planungen des Flughafens Zürich kritisch Stellung genommen: nämlich zum Betriebsreglement 2017 und zur neuen Festlegung der zulässigen Fluglärmemissionen. Nun hat das Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl) das Verfahren wegen eines Formmangels wiederholt und die geringfügig ergänzten Gesuchsunterlagen zum Betriebsreglement 2017 öffentlich aufgelegt. Die Regierung bestätigt jetzt ihre Haltung, wie sie am Freitag mitteilte.

2018: 13'555 nächtliche Starts und Landungen

Konkret verlangt die Regierung gemäss dem langjährigen kantonalen Projektleiter und Fluglärmspezialist Hans-Martin Plüss, die Zahl der nächtlichen Starts und Landungen in ­Zürich-Kloten vorläufig auf 10'000 zu beschränken. Vor zehn Jahren haben Bund, Flughafen und Kantone im Sinne eines gentleman’s agreement diese Zahl als oberste Limite vereinbart, erklärt Plüss: «Doch letztes Jahr wurden nach 22.00 Uhr (also in den Nachtstunden) schon 13'555 Starts und Landungen abgewickelt.»

Aargau Fluglärm ASURA

Aargau Fluglärm ASURA

Ist unter diesen Umständen die Zahl 10'000 überhaupt ­realistisch? Plüss nickt: «Ja, das ist sie. Denn viele dieser Flüge gelten als Nachtflüge, nur weil sie verspätet nach 22 Uhr unterwegs sind. Wenn der Flughafen diese Verspätungen endlich in den Griff bekommt, und das muss er, ist die Zahl 10'000 einzuhalten.»

Beschränkung nötig, sonst könnten es 17'000 werden

Der Flughafen will allerdings mit dem Betriebsreglement 2017 nicht beschränken, sondern noch weiter hinaufgehen. Zudem rechnet der Flughafen selbst mit einer jährlichen ­Passagierzunahme von drei Prozent. Heute wickelt er rund 30 Millionen Passagiere jährlich ab, bis in 20 Jahren sollen es sogar 50 Millionen sein.

Plüss weiss das: «Diese Beschränkung ist auch deshalb unumgänglich, sonst sind es am Ende noch viel mehr Nachtflüge als heute schon. Im ungünstigsten Fall könnten es bis 17'000 werden. Das darf man der betroffenen Bevölkerung keinesfalls zumuten. Ich frage mich schon, ob da wirklich alle Interessen – auch die der Bevölkerung – gut gegeneinander ab­gewogen worden sind. Ich bin deshalb sehr froh über die erneut klare Stellungnahme der Aargauer Regierung, die zum Masshalten ermahnt.»

Die kritische Haltung der Regierung werde durch die Reklamationen aus der Bevöl­kerung bestätigt, die in den letzten Jahren stark zugenommen haben, heisst es dazu weiter in der kantonalen Stellungnahme. Diese betreffen vor allem die verspäteten Flüge nach 23 Uhr, die teilweise unpräzise Einhaltung der Startrouten, neue Starts unmittelbar nach 6 Uhr sowie eine Intensivierung der Flugbewegungen in der letzten Tagesstunde.

Die neue Festlegung der zulässigen Fluglärmimmissionen in der Nacht lehnt die Aargauer Regierung ab. Diese umfasse nämlich nichts anderes als die Steigerung der Anzahl Starts und Landungen in der Nacht (22–6 Uhr) um einen Viertel. Damit verbunden sei eine geplante räumliche Ausdehnung der Lärmkurven (vergleiche Grafik). Schon heute könne der Betriebsumfang nicht ohne erhebliche Verspätungen bewältigt werden, ruft die Regierung in Erinnerung. Zudem seien die Interessen der betroffenen Bevölkerung nicht gewichtet, es fehle eine Interessenabwägung. Auch die neuvorgelegten Unterlagen enthielten keine genügende Begründung für die geplante Ausdehnung des Nachtbetriebs.

Das sind die vom Bund geplanten Änderungen

Das Betriebsreglement 2017 sieht unter anderem vor, die Startroute im Tagbetrieb ab der Hauptstartpiste 28 rund 10 Kilometer nach Norden zu verlegen. Statt über das Gebiet Mutschellen soll die Route neu zwischen Wettingen und Würenlos sowie östlich von Oberrohrdorf Richtung Westen geführt werden. Diese Verschiebung ermöglicht, dass Flugzeuge, die nach dem Start Richtung Osten abdrehen, nicht mehr über dem Aargau «ausholen» müssen. Dadurch wird die Anzahl der Überflüge über den Aargau um rund 40000 reduziert und damit fast halbiert. Diese – über das gesamte Kantonsgebiet gesehen – allgemeine Entlastung wird von der Regierung begrüsst.

Wettingen/Würenlos: Nein zu Doppelbelastung

Allerdings beurteilt sie die geplante Doppelbelastung des ­Gebiets Wettingen/Würenlos durch den Tag- und den Nachtbetrieb kritisch. Sie verlangt wie bereits vor einem Jahr Massnahmen, «um diese Doppelbelastung zu vermeiden oder wesentlich zu reduzieren». Zudem solle die optimierte Routenführung zwischen dem Siedlungsgebiet von Wettingen und Würenlos auch eingehalten werden. Die Einhaltung sei mit geeigneten Massnahmen sicherzustellen.

Die Unterlagen sind abrufbar unter: www.ag.ch/vernehmlassungen