Das HightechZentrum Aargau berät Aargauer Unternehmen, vor allem KMU, zu Innovationsfragen und Technologietransfer und bringt sie mit geeigneten Forschungspartnern an den Hochschulen zusammen. Am Jahresanlass wurden besonders spannende Projekte vorgestellt.
Das HightechZentrum Aargau (HTZ) führte seinen achten Jahresanlass mit Covid-Zertifikat physisch durch. 230 Personen fanden im Kultur- und Kongresszentrum KuK in Aarau Einlass, darunter auch solche, die sich vor Ort testen liessen. Von den frisch Getesteten musste laut HTZ niemand abgewiesen werden. Am Eingang wurden die Zertifikate und ein gültiger Ausweis eingefordert.
Erstmals konnte Dieter Egli als Volkswirtschaftsdirektor und gewissermassen politischer Schirmherr des HTZ teilnehmen, zuvor war er jeweils als Parlamentarier dabei gewesen. Er schätze es sehr, sagte Egli, so einen Einblick in Unternehmungen zu bekommen.
Seit dem Start sei das HTZ eine Unterstützung für den Aargau als Innovationsstandort. «Das will und werde ich weiterführen. Diese Partnerschaft ist mir genauso wichtig wie meinem Vorgänger.» Man wolle nichts anderes, «als dass unsere Aargauer Unternehmerinnen und Unternehmer Innovations-Champions sind und bleiben.»
So gelte es etwa, aufgrund der Klimaerwärmung Wege zu finden, um diese einzudämmen oder mindestens damit zu leben: «Das ist eine Chance, neue Techniken zu ermöglichen, Energie effizienter zu nutzen.» Und es sei schön, dass man sich wieder einmal persönlich und physisch treffen kann, so Egli abschliessend.
Wer Einlass fand, dem wurden spannende Aargauer Innovationsprojekte vorgestellt, bei denen das HTZ gewissermassen Geburtshilfe geleistet hat. Etwa bei einem smarten Steuerungssystem der Brugg Kabel AG in Brugg, dank dem die Schweizer Netze für die Stromübertragung und -verteilung effizient weiter entwickelt werden können. Oder bei einem Hartschaum-Dämmstoff der Alporit AG aus Boswil zum Brandschutz, dessen Umweltverträglichkeit «revolutionär gesteigert» wurde, wie es am Anlass hiess.
Auf besonderes Interesse stiess eine eigens entwickelte Lifebox zur Rettung von Säuglingen in einem Spital oder von Kleinkindern aus einer Kindertagesstätte, falls es dort zu einem Brand kommen sollte. David Selinger, Erfinder und CEO der NeoRescue GmbH in Unterentfelden (einem Spin-off des Kantonsspitals Aarau), stellte sein Projekt gleich selbst vor.
Auslöser für die Entwicklung war ein (glimpflich ausgegangenes) Ereignis auf einer Neonatologie-Station, bei dem zum Glück niemand evakuiert werden musste. Selinger sagte: «Allein in Deutschland kommt es jährlich zu 48 Brandereignissen in einem Spital. Für die Schweiz gibt es leider keine Zahlen, doch das kommt auch hier vor.»
Eine darauf folgende Einsatzübung auf einer Neonatologie habe gezeigt, wie aufwendig die Rettung eines Säuglings in einem Transportinkubator wäre: «Der wiegt 160 Kilogramm. Zur Evakuation die Treppen hinunter – der Lift ist im Brandfall ausser Betrieb – benötigen sechs Feuerwehrleute 30 Minuten.» Bei einem Brand könne ein Raum in zwei Minuten voll Rauch sein, die Sicht ist dann gleich Null. Ab drei Atemzügen in beissendem Rauch drohe Bewusstlosigkeit, so Selinger weiter.
Das brachte ihn auf die Idee, ein leichtes, sicheres Kleinkinder-Transportmittel für den Notfall zu entwickeln. Schliesslich konstruierten er und sein Team eine formfeste und nicht brennbare Rettungsbox mit integrierter Luftversorgung, die isoliert und schlagfest sei sowie hohe Schwankungen der Aussentemperatur aushalte. Einsetzen könne man dieses generell im Gesundheitswesen, in einer Kinderklinik, der Geburtenabteilung, aber auch in einer Kita, im Katastrophenschutz, beim Militär, in Flugzeugen, auf Schiffen usw., warb er.
Er hat im deutschsprachigen Raum schon in etlichen Spitälern damit vorgesprochen. Das Interesse sei da, so Selinger, «doch wegen Covid-19 haben die Spitäler derzeit andere Prioritäten». Jedenfalls ist das Patent inzwischen weltweit angemeldet. Eine solche, 20 Kilogramm schwere Box kostet rund 15'000 Franken.
Der Moderator und frühere Grossrat Herbert H. Scholl wollte schliesslich wissen, ob Selinger das nicht auch ohne Hilfe des HTZ zustande gebracht hätte. Wohl schon, meinte dieser. Allerdings habe er nicht das Netzwerk dafür gehabt: «Wir wären viel länger unterwegs gewesen und wären ohne das HightechZentrum nicht da, wo wir jetzt sind.» Selinger sucht jetzt Investoren, um sein Produkt bewerben zu können.
Das HightechZentrum Aargau (HTZ) habe seine Kernaufgabe 2020 trotz erschwerten Bedingungen gut erfüllt, sagten am Anlass in Aarau Verwaltungsratspräsident Anton Lauber und Geschäftsführer Martin A. Bopp. Die «Mission Innovation» sei kein Selbstzweck. Für viele Unternehmen sei sie zu einer Notwendigkeit geworden. Trotz Konjunktureinbruch im ersten Coronajahr seien die KMU seien nicht in Schockstarre verfallen, so das HTZ im Jahresbericht 2020. Im Gegenteil habe es eine unverändert hohe Nachfrage nach Initialberatung und Unterstützung bei Innovationsprojekten verzeichnet. So gelang es, 4,4 Millionen Franken nationale Fördergelder abzuholen, 1,3 Mio. kamen vom Forschungsfonds Aargau, KMU investierten 10 Mio. Das Innovationsvolumen betrage 20 Mio. Franken, der wirtschaftliche Gesamtnutzen 40 Mio. Franken. Über die Zukunft des HTZ entscheidet der Grosse Rat demnächst. Die vorberatende Kommission empfiehlt dessen Weiterführung und die von der Regierung beantragten Mittel dazu. Ob das HTZ verstetigt wird, wie es die Regierung will oder ob die Mittel wie bisher zeitlich befristet und in welcher Höhe gesprochen werden, dürfte im Rat aber kontrovers diskutiert werden. (mku)