Wirtschaftstreffen
Maschinenwartung vom Homeoffice aus: Wie die Pandemie die Industrie verändert

Die beiden Fricktaler FDP-Bezirksparteien diskutieren mit zwei Experten aus Wirtschaft, einem Regierungsrat und der FDP-Parteipräsidentin des Kantons über die Auswirkungen der Pandemie – und das Verhältnis zwischen Staat und Wirtschaft.

Dennis Kalt
Drucken
Moderatorin Gaby Gerber, Regierungsrat Dieter Egli, Patrick Stäuble, Geschäftsführer Shopping Tivoli, Stefan Brupbacher, Swissmem-Direktor, und Sabina Freiermuth, Parteipräsidentin der FDP des Kantons, (v.l.) traten als Hauptakteure am Wirtschaftstreffen auf.

Moderatorin Gaby Gerber, Regierungsrat Dieter Egli, Patrick Stäuble, Geschäftsführer Shopping Tivoli, Stefan Brupbacher, Swissmem-Direktor, und Sabina Freiermuth, Parteipräsidentin der FDP des Kantons, (v.l.) traten als Hauptakteure am Wirtschaftstreffen auf.

Dennis Kalt / «Aargauer Zeitung»

Nur selten zuvor nahm ein externer Faktor wie die Coronapandmie die Wirtschaft so in den Würgegriff. Nur eine Zahl: Mit einem Export-Volumen von rund 60 Millionen Franken erzielte die Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie im Jahr 2020 das schlechteste Ergebnis seit 2004. Wenig verwunderlich also, dass die Auswirkungen und Herausforderungen von Corona am Wirtschaftstreffen der beiden Fricktaler FDP-Bezirksparteien von Montagabend oben auf der Agenda standen.

Als Referent geladen war unter anderem Stefan Brupbacher, Direktor des Verbandes der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie. Die grösste Herausforderung im letzten Jahr für die Industrieunternehmen mit Exportquoten von teilweise 80 bis 90 Prozent seien die Reisebeschränkungen gewesen. Brupbacher sagte:

«Wenn unsere Firmen ihre Maschinen nicht ausliefern können, bekommen sie kein Geld und auch keine Folgeaufträge.»

Viele Industrieunternehmen hätten diese Herausforderung als Chance genutzt, um ein massives Digitalisierungsprogramm umzusetzen. Ein Standard, der sich etwa etabliert habe, sei «maintenance via remote maintenance».

So reist etwa der Servicetechniker nicht mehr vor Ort, um eine Industrieanlage zu warten oder zu reparieren, sondern der Bedienende hat über öffentliche Netze oder das Internet Fernzugriff. «Ebenso sind Schulungen an neuen Maschinen vermehrt digitalisiert vorgenommen worden», sagte Brupbacher.

5G-Ausbau und Cybersicherheit sind erforderlich

Um die Automatisierung und Digitalisierung weitervoranzutreiben – auch, um etwa Produktionsstrassen aus Osteuropa zurückzubringen – hält Brupbacher einen schnellen Ausbau des 5G-Netzes für erforderlich, zudem Investitionen, um sich gegen die Gefahr von Cyberattacken zu wehren.

Brupbacher ist der Meinung, dass die Schweiz im Zuge der Coronakrise gar nicht schlecht gehandelt habe. Auch, weil es bis auf den Kanton Tessin keine Schliessung der Industrie gab. Dies sei im globalen Wettbewerb ein klarer Standortvorteil:

«Alle Firmen, die sich international für die hohen Löhne rechtfertigen müssen, können sagen: ‹Wir sind zwar teuer, aber wir produzieren hier weiter.›»

Patrick Stäuble, Geschäftsführer vom Einkaufszentrum Shoppi Tivoli in Spreitenbach, berichtete darüber, dass es nach den Lockdowns einen regelrechten Nachholbedarf bei den Kunden gab. Aber:

«Wir liegen derzeit 15 bis 20 Prozent hinter der Frequenz von 2019 und sind noch immer in einer Ausnahmesituation.»

So mancher Kunde hätte noch immer Angst und meide Orte, an denen sich viele Menschen aufhielten. Stäuble wünscht sich für die Zertifikatspflicht eine schnelle und klare Kommunikation darüber, was für welche Branchen gelte und welche Rechte und Pflichten bestünden, diese Zertifikatspflicht durchzusetzen.

Mit vollen Kassen in die Diskussion eingestiegen

Eine wichtige Erkenntnis für Regierungsrat Dieter Egli ist, dass Staat und Wirtschaft im Zuge der Krise gut zusammengearbeitet haben. Bisher habe der Kanton über 2000 Unternehmen unterstützt. Von den 220 Millionen Franken, die man ausgegeben habe, übernehme der Bund zwei Drittel. Egli sagte: «Grundsätzlich sind wir mit weniger Geld über die Runden gekommen als angenommen.»

Vorteilhaft bei der Frage, wer wie viel Unterstützung erhalte, sei gewesen, dass der Bund und der Kanton mit relativ vollen Kassen in die Diskussion eingestiegen seien, was die Frage nach der gerechten Verteilung entschärft habe. Egli bilanziert:

«Die Hilfe des Kantons hat gegriffen, nicht zuletzt wegen der Geschwindigkeit, sondern auch wegen des Dialogs zwischen Wirtschaft und Politik, den ich als positiv wahrgenommen habe.»

Sabina Freiermuth, Grossrätin und Präsidentin der FDP-Kantonspartei, zeigte sich mit der mehrheitlich pragmatischen Krisenbewältigung auf Bundesebene und seitens des Kantons – relativ zu Europa – zufrieden. Sie ist aber auch der Auffassung, dass beim Kanton Bedarf bestehe, Best-Practice-Beispiele besser in sein Handeln miteinzubeziehen. Etwa verwies sie auf die Testungen im Bündnerland, die schon seit Monaten liefen, während der Aargau noch Pilotversuche machte.