Der neue Grenzübergang in Stein stellte die Behörden vor 40 Jahren vor Herausforderungen – solche meisterte auch der Herznacher Fritz Hodler als Synodepräsident.
Mit der Eröffnung der neuen Rheinbrücke in Stein vor 40 Jahren wurde der Zollübergang bei der historischen Holzbrücke «zum Nebenzollamt degradiert und damit für den motorisierten Verkehr gesperrt», schreibt das Aargauer Tagblatt, das später zusammen mit dem Badener Tagblatt zur Aargauer Zeitung mutierte, Mitte Januar 1979. Die Frage war nun: Wie lange bleibt der alte Grenzübergang abends offen (damals standen noch Zöllner beim Zollhäuschen)? Und: Wie stellt man sicher, dass der Übergang, wenn er nicht geöffnet ist, auch nicht benutzt wird?
Die Meinungen gingen weit auseinander. Während die Zollbehörden den Übergang um 22 Uhr schliessen wollten, befürworteten die Gemeinden Stein und Bad Säckingen durchgehende Öffnungszeiten; der Übergang sollte also auch nachts passiert werden können. Die Zollbehörden argumentierten, dass der neue Zollübergang ohnehin schon eine Aufstockung der Mannschaft bedinge und dass aus Ressourcengründen bei der alten Holzbrücke bloss noch zwei Beamte Dienst schieben sollen.
«Eine Statistik der Zollämter spricht eher für eine Schliessung während der Nachtstunden», heisst es im Artikel weiter. Diese Statistik zeigt, dass im September 1978 «pro Nacht durchschnittlich 28 Fussgänger und 2,2 Radfahrer» die Holzbrücke überquert haben. Ob da wohl der Verkehrszähler doppelt, pardon: 2,2-fach gesehen hat? Nein, es ist eben Statistik – und da gibt es auch halbe Menschen. In anderen Monaten waren es sogar noch weniger Fussgänger und Velofahrer, die zwischen 22 und 6 Uhr den Grenzübergang benutzt haben, belegte die Statistik weiter.
Der pragmatische Vorschlag der Zollbehörden: Zwischen 22 und 6 Uhr soll die Brücke für jeden Verkehr geschlossen werden. Nach Meinung der schweizerischen Zollbehörden «sollten sogar Tore an den beiden Brückeneingängen angebracht werden», heisst es im Artikel weiter. Dadurch werde «die Gefahr eines Übertrittes stark vermindert». Der Redaktor kommt zum Schluss: «Nach dem heutigen Stand der Dinge sind die Würfel für oder gegen eine ‹grüne Grenze› nicht endgültig gefallen, doch ist eine Schliessung der Holzbrücke in der Nachzeit (vor allem aus personellen Gründen) die realistischere Lösung.» Die Tore an den beiden Brückeneingängen allerdings, das bestätigt Hansueli Bühler, der 24 Jahre lang Gemeindeammann von Stein war und die Dorfgeschichte bestens kennt, wurden nie Realität.
Realität wurde dagegen, dass 1979 mit Fritz Hodler ein Fricktaler, genauer: ein Herznacher Präsident der Synode der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Aargau wurde. Hodler wurde im Fricktal natürlich gebührend gefeiert, und dabei «zeigte man sich erfreut darüber, dass wieder einmal ein Fricktaler ennet dem Jura zum Zuge kam», heisst es in einem Artikel.
Fritz Hodler ist im Fricktal kein Unbekannter: Er war damals, 1979, Vizegerichtspräsident in Laufenburg, war Präsident der SVP des Bezirks Laufenburg und amtete als Kirchenpfleger der reformierten Kirchgemeinde Frick, zu der Herznach gehört. Zudem konnte Hodler auf 24 Jahre Gemeinderatstätigkeit in Herznach zurückblicken. Er präsidierte auch die Baukommission des Alterszentrums in Frick, das im Frühling 1979 eröffnet wurde. Als «Mann der Tat» würdigte ihn der Fricker Kirchenpflegepräsident und stellte fest: Hodler sei in erster Linie Bauer, dann Politiker und noch Kirchenmann.
Ein Vollblutlandwirt und nicht ein Jurist sei nun in das Amt gewählt worden, beschied Max Gloor, der die Grüsse des Kirchenrates überbrachte. Das zeuge von der demokratisch organisierten Kirche. «Hodler stehe auch für den ‹Mann ennet dem Berg›, womit Gloor auf die Fricktaler Präsenz in kantonalen Gremien anspielte», hält der Journalist die Worte von Gloor, einem Mann von «ennet dem Berg» (aus Fricktaler Perspektive), süffisant fest.
Die Moral der Geschichte: Die Fricktaler waren Ende der 1970er-Jahre ein ebenso eigenwilliges wie selbstbewusstes Völklein, dessen Verhältnis zu den Herren «ennet dem Berg» nicht immer einfach war. Ein selbstbewusstes Völklein sind die Fricktaler geblieben, und das Verhältnis nach Aarau ist auch heute noch manchmal etwas komplex.
Aarau jedenfalls staunt bisweilen, welche politische und wirtschaftliche Dynamik die mit rund 80 000 Einwohnern eher kleine Region an den Tag legt. Der Kampf für den Verbleib im Tarifverbund Nordwestschweiz war ein Beispiel für das politisch-taktische Geschick. Der Halbstundentakt auf der S1-Linie Stein–Laufenburg, den die Fricktaler gegen den Willen der Regierung im Grossen Rat durchsetzten, ein zweiter. Und: Fortsetzung folgt.