Nationalratswahlen
Welche Fricktaler Themen in Bundesbern auf der Tagesordnung stehen sollen

Die AZ hat bei den Fricktaler Nationalratskandidierenden nachgefragt für welche regionalpolitischen Themen sie sich einsetzen wollen und wo sie sonst Handlungsbedarf sehen.

Thomas Wehrli
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55 Fricktaler wollen in den Nationalrat. Wie gedenken sie ihre Region zu vertreten?

55 Fricktaler wollen in den Nationalrat. Wie gedenken sie ihre Region zu vertreten?

Solothurner Zeitung

55 Fricktaler wollen nach Bern. Also: in den Nationalrat. Die Frage ist: Weshalb? Wo sehen sie den grössten Handlungsbedarf auf Bundesebene? Und: Welche regionalpolitischen Themen wollen sie ins Bundeshaus tragen? Die AZ hat bei den 14 Fricktaler Kandidaten auf den Hauptlisten der grossen Parteien nachgefragt.

Schon lange trägt Maximilian Reimann seine Themen nach Bern. Genauer gesagt: Seit 32 Jahren. So lange sitzt der SVP-Politiker im Bundesparlament. Bei den Wahlen in einem Monat tritt er mit einer eigenen Liste an, dem Team65+. An seinen Themen-Prioritäten ändert dies wenig. Grossen Handlungsbedarf sieht er darin, dem «stets weiter wuchernden Staatsapparat und der Bürokratie endlich klare Schranken zu setzen».

Der Erhalt der Souveränität ist ein weiteres Kernanliegen. Regionalpolitische Themen trägt er dabei ebenfalls nach Bern – dazu gehört «grundsätzlich der Anspruch, dass das Fricktal – und damit meine Heimatregion – im Bundesparlament überhaupt vertreten bleibt».

Seine Parteikollegin Désirée Stutz, die sich je nach Wahlkonstellation durchaus gewisse Chancen auf einen Sitz ausrechnen kann, sieht ebenfalls beim Erhalt der Unabhängigkeit und der Selbstbestimmung grossen Handlungsbedarf.

Aufgrund der Grenznähe des Fricktals seien diese Themen gerade auch für das Fricktal wichtig. «Gerade Arbeitnehmer bei uns sind massiv unter Druck, weil unser Arbeitsmarkt je länger, je mehr von ausländischen Arbeitskräften geschwemmt wird», sagt Stutz.

Ihr Parteikollege Christoph Riner hält es für wichtig, dass auch Regionen abseits der grossen Zentren in Bern vertreten sind. Neben dem Verhältnis Schweiz - EU sieht er Handlungsbedarf beim Zusammenhalt im Land. «Der zunehmende Stadt-Land-Graben darf nicht grösser werden.»

Fricktal wächst wirtschaftlich stark und muss sich Gehör verschaffen

Bruno Tüscher (FDP) sieht bei der Sicherheitspolitik im Bereich Cyber Defense und bei den ausufernden Gesundheitskosten Handlungsbedarf. Für Parteikollegin Gaby Gerber werden in den nächsten Jahren ökologische Themen viel zu reden geben.

«Wir müssen praxisnahe Lösungen suchen, die umsetzbar sind und uns voranbringen, aber gleichzeitig verhindern, dass wir ein Land der Verbote werden.» Für sie ist klar: «Das Fricktal ist die in der ganzen Nordwestschweiz am stärksten wachsende Region. Wir müssen uns in Bern Gehör verschaffen.»

Rolf Schmid will, ganz SP-like, beim Umweltschutz, den Angriffen auf den Sozialstaat, der Konzernverantwortung und dem ausufernden Steuerwettbewerb ansetzen. Die Anbindung an den öffentlichen Verkehr sieht er ebenso als wichtiges regionalpolitisches Thema an wie die Erhöhung der Diversifikation des Wirtschaftsstandortes Aargau, um das Klumpenrisiko zu minimieren.

Parteikollegin Carole Binder-Meury sind gerade als Vertreterin einer Grenzregion gute Beziehungen zu den europäischen Nachbarn wichtig. Sie will sich in Bern wie Schmid für eine gute Erschliessung des ganzen Fricktals mit öffentlichen Verkehrsmitteln starkmachen.

Als Lehrerin liegen ihr zudem genügend Ressourcen für die Bildung und Weiterbildung auf allen Stufen am Herzen. Gertrud Häseli (Grüne) beantwortet die Frage nach dem grössten Handlungsbedarf auf Bundesebene mit einem Wort: Gesundheitsfinanzierung.

Bei der Frage, welche regionalpolitische Themen sie nach Bern tragen will, listet sie, anders als andere Kandidaten, nicht einen Themenkatalog auf, sondern sagt kurz und bündig: «Die Themen der Region müssen in der Region gelöst werden.»

Etwas anders beurteilt es ihr Parteikollege Andreas Fischer: «Die Nordwestschweiz muss in Bern ihre Anliegen besser zur Geltung bringen.» Vor allem im Bereich öffentlicher Verkehr sieht er Nachholbedarf. Für ihn braucht es in Bern «nach vier Jahren bürgerlicher Mehrheit und dementsprechendem Stillstand dringend eine Mehrheit für griffige Massnahmen gegen den Klimawandel und für die Gleichberechtigung».

Die Mobilitätssituation im Fricktal sieht auch Alfons P. Kaufmann (CVP) als wichtiges regionalpolitisches Thema. Besonderen Handlungsbedarf auf Bundesebene ortet er im Gesundheitswesen, bei den Sozialwerken und beim Arbeitsplatz Schweiz.

Sein Parteikollege Werner Müller hat sich ebenfalls eine Verbesserung der Verkehrssituation auf das regionalpolitische Wahlbanner geschrieben. Das Fricktal habe grosses Potenzial in der wirtschaftlichen Entwicklung.

«Folglich muss die ganze Verkehrssituation beurteilt und angepasst werden», ist er überzeugt und nennt als Beispiele die Rheintallinie sowie eine neue Strassenverbindung über den Rhein. Er will zudem mithelfen, Blockaden zu lösen und die Altersvorsorge zu sichern.

Marion Pfister, die dritte Fricktalerin im Bunde auf der CVP-Hauptliste, möchte ein spezielles Projekt nach Bern tragen: Kiss, die Nachbarschaftshilfe mit Zeitgutschriften. Dieses Projekt, das der Einsamkeit entgegenwirken und eine Lücke füllen will, baut Pfister in der Region mit auf und möchte sich auf nationaler Ebene für eine Anerkennung des Projekts starkmachen.

Handlungsbedarf sieht sie aber auch im Vorsorgewesen, in der Gesundheitspolitik, der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Klimathematik wie auch dem Umweltschutz allgemein.

Regionalwährungen als Lösungsansatz?

Béa Bieber (GLP) möchte in Bern das Fricktal «als Region mit grossem Potenzial für Wirtschaft und Start-ups» vermarkten. Handlungsbedarf sieht sie vor allem in der Klima- und Umweltpolitik, der Gesundheitspolitik, der Altersvorsorge und der Verkehrspolitik.

Ihr Parteikollege Michael Derrer, der gestern seinen Wahlsong «Der Grind» veröffentlicht hat, möchte in Bern seinen «Grind» unter anderem für die Idee von lokalen Währungen einsetzen. Solche Regionalwährungen könnten ein Lösungsansatz für die Stimulierung der lokalen Wirtschaft sein, ist Derrer überzeugt.

Grossen Handlungsbedarf sieht er in der Wirtschaftspolitik. Er spricht von «grundlegenden Veränderungen», die nötig seien. «Wir müssen die Marktwirtschaft beim Wort nehmen und auf deren Durchsetzung zum Wohle der ganzen Gesellschaft pochen», sagt er.