Zeihen
Vor 100 Jahren hatten Kochherd und Bügeleisen eigene Stromzähler

Die Elektra Zeihen feiert das 100-Jahre-Jubiläum. Seit 1913 hat sich viel verändert. Eugen Meier hat in der Firmengeschichte gegraben und kennt manch spannende Episode.

Karin Pfister
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Elektra-Kommission Zeihen: Hans Bräm, Eugen Meier (ehemaliges Elektra-Mitglied), Pius Bussinger, Karl Schmid und Gemeinderat Patrik Meier (v.l.). kpf

Elektra-Kommission Zeihen: Hans Bräm, Eugen Meier (ehemaliges Elektra-Mitglied), Pius Bussinger, Karl Schmid und Gemeinderat Patrik Meier (v.l.). kpf

Karin Pfister

Seit genau 100 Jahren gibt es in der Gemeinde Zeihen Strom. Kinder und Jugendliche, die beim Abfallsammeln helfen, erhalten ausserdem von der Elektra ein kleines Präsent.

Während der vergangenen 100 Jahre hat sich in Sachen Strom einiges verändert, wie Eugen Meier weiss. Er war jahrzehntelang Mitglied der Elektrakommission, über 50 Jahre lang Zählerableser und er hat in den Archiven der Gemeindeverwaltung über die Anfänge der Elektrizität in Zeihen recherchiert.

«Damals mussten in jedem Haushalt mehrere Zähler installiert werden. Einen für Lichtstrom, einen fürs Bügeleisen, einen für den Kochherd und wer noch einen Motor hatte, erhielt auch noch einen Motorzähler.»

Die Elektra Zeihen begann mit ihrer Arbeit 1912. Der erste Konzessionsvertrag zwischen Zeihen und der A.-G. Kraftwerke in Beznau-Löntsch in Baden wurde am 18. Juli abgeschlossen.

Im September wurde der Vertrag mit der Firma Max Lüscher in Seon für die Projektierung der elektrischen Verteilanlage unterschrieben. Geplant war eine Trafostation – Widenmatt – von der aus vierdrähtige Niederspannungs-Freileitungen 125V/220V nach Nieder- und Oberzeihen sowie den Eichwald führten.

Ebenso sollte eine Freileitung zwischen Niederzeihen und Ebnet erstellt werden. Die gesamte Leitungsanlage war für den Anschluss von 600 gleichzeitig brennenden Lampen mit einer Lichtstärke von 20 Kerzen berechnet worden.

Für die Strassenbeleuchtung waren 19 Lampen vorgesehen. Berechnungen ergaben, dass der jährliche Energieverbrauch sich auf 4320 kWh belaufen würde. Der Strompreis lag damals bei 23 Cent pro kWh. Pius Bussinger, Mitglied der Elektrakommission Zeihen sagt dazu: «Das ist ungefähr doppelt so viel wie 1 kWh heute kostet.»

Am 14. Juli 1913 wurde der Bauvertrag zwischen der Gemeinde Zeihen und der Firma Max Lüscher von Seon abgeschlossen. Danach wurde mit den Arbeiten begonnen. Das Land, auf dem die Transformatorenstation Widenmatt gebaut wurde, kaufte die Gemeinde Sophie Jäger für 40 Franken (für das gesamte Grundstück) ab.

Eugen Meier: «Dieser Transformator hatte eine Leistung von 15 kVA (Kilovoltampere). Vergleicht man diese Leistung mit heute, so hat der Transformator in der Station Dorf mit 1000 kVA eine 66,6- mal grössere Leistung.» Zum Vergleich dazu, von 1900 bis 2012 hat sich die Einwohnerzahl knapp verdoppelt (von 614 auf 1062).

Am 16. September 1913 reichte die Firma Max Lüscher, Seon noch eine Zusatzberechnung für die Erschliessung der Höfe im Eichwald und im Iberg ein, wie Eugen Meier weiter recherchiert hat: «In den Unterlagen sieht man, dass die Erschliessung nur für Beleuchtungszwecke nicht kostendeckend gewesen wäre. So wurde berechnet, wie lange ein 3-PS-Motor in Betrieb sein sollte, um die Kosten auszugleichen. Für Schlatt und Eichwald waren dies 110 Stunden, für den Iberg 200 Stunden.»

Bis in die 60er-Jahre wurde der Strom nur über Freileitungen transportiert. Pius Bussinger: «Als dann die Hauptstrasse saniert und Kanalisation neu erstellt wurde, verlegte man die meisten Leitungen gleich in den Boden.»

Auch die Trafostation Widenmatt, welche über 50 Jahre «Herzstück» der Stromversorgung war, erhielt Unterstützung. Heute stehen in der Gemeinde Zeihen total neun Trafostationen. Die grösste ist die Trafostation Dorf, gleich vis a vis vom Restaurant Rössli.

«Momentan sind wir dabei, auch noch die letzten Freileitungen, welche im Iberg stehen, zu sanieren», so Pius Bussinger weiter. Ob die Elektra Zeihen auch in den nächsten 100 Jahren als Gemeindewerk erhalten bleiben kann, ist nicht klar. «Dies hängt davon ab, wie sich die Strommarktliberalisierung weiter entwickelt. Die Elektra Zeihen möchte so lange wie möglich selbstständig bleiben.»

Geleitet wird die Elektra Zeihen von der Elektrakommission, der Gemeinderat Patrik Meier, Pius Bussinger sowie Hans Bräm und Karl Schmid angehören. Letzterer führt übrigens die Firma Karl Schmid, Elektrische Anlagen. Sein Grossvater Karl Schmid (Jahrgang 1892) hat die Firma ein Jahr nach dem Anschluss von Zeihen an die Stromversorgung gegründet. Die Firma Karl Schmid feiert somit 2014 das 100-Jahr-Jubiläum.