Ukraine-Krieg
Die Stadt Rheinfelden ruft zur Solidaritätskundgebung auf – Frick ist mit der Reaktivierung der Asylunterkunft einverstanden

Die Solidarität mit der notleidenden Bevölkerung ist gross. Die Stadt Rheinfelden organisiert am Samstag eine Solidaritätskundgebung für den Frieden, die Gemeinde Frick hat dem Kanton signalisiert, dass sie mit der temporären Wiederinbetriebnahme der Asylunterkunft im A3-Werkhof einverstanden ist. Auch viele Private bieten ihre Hilfe an.

Thomas Wehrli Jetzt kommentieren
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Die alte Rheinbrücke wird Ende Woche mit der ukrainischen Nationalfahne beflaggt.

Die alte Rheinbrücke wird Ende Woche mit der ukrainischen Nationalfahne beflaggt.

Nadine Böni

Das Schicksal der Ukrainerinnen und Ukrainer geht auch dem Stadtrat von Rheinfelden nahe. Er spendet 10'000 Franken zu Gunsten der notleidenden Bevölkerung – und ruft zusammen mit der Schwesterstadt auf badischer Seite zu einer Solidaritätskundgebung auf. Diese findet am Samstag um 15 Uhr bei der alten Rheinbrücke statt. Stadtschreiber Roger Erdin sagt:

«Wir möchten damit ein Zeichen gegen den Krieg und für die Solidarität mit der notleidenden Bevölkerung in der Ukraine setzen.»

Als «sichtbares Zeichen der Solidarität» werden das Rathaus sowie die Rheinbrücke mit der ukrainischen Nationalfahne beflaggt. Für den Fall eines erhöhten Flüchtlingsaufkommens prüft die Stadt derzeit laut Erdin zudem zusätzliche Unterbringungsplätze.

Rolf Schmid, Präsident des Vereins Netzwerk Asyl, an der Ukraine-Demo in Aarau.

Rolf Schmid, Präsident des Vereins Netzwerk Asyl, an der Ukraine-Demo in Aarau.

Fabio Baranzini

Rolf Schmid, Präsident des Vereins Netzwerk Asyl Aargau, begrüsst die Kundgebung der beiden Rheinfelden. Die Beleuchtung und Beflaggung von Gebäuden hält er für «schöne Zeichen» der Solidarität. Schmid ist überzeugt:

«Ein Zusammenstehen für den Frieden auf der ganzen Welt gibt Hoffnung und Zuversicht und lenkt gleichzeitig auch einmal von den schrecklichen Nachrichten ab.»

Auch ihn haben die Bilder und Nachrichten aus der Ukraine schockiert. Wie viele Menschen müsse auch er sich, um nicht in der Ohnmacht und Verzweiflung unterzugehen, immer wieder abgrenzen und versuchen, nicht ständig die neuesten Mitteilungen zu lesen. «Es scheint mir wichtig, dass wir einen Weg finden, damit umzugehen, dass wir keinen direkten Einfluss auf den weiteren Verlauf haben.»

Nicht gleichgültig werden

Dennoch, so mahnt Schmid, sehe er auch die Gefahr, «dass wir mit zu viel Ablenkung und Ausgelassenheit auch schnell eine Gleichgültigkeit gegenüber der Situation entwickeln können». Dies sei in der jüngeren Vergangenheit immer wieder passiert, etwa in Syrien, Jemen oder Afghanistan.

Für Schmid persönlich stehen «Zeichen des Friedens für die Welt» im Vordergrund. Deshalb hat er an seiner Wohnung in Frick die Friedensfahne ausgehängt. Mit Beflaggungen von (öffentlichen) Gebäuden ist es für Schmid aber nicht getan. «Die Gemeinden sollten sich zwingend Gedanken machen, wo und wie sie geflüchtete Menschen im Fall eines markanten Anstiegs der Schutzsuchenden in der Schweiz unterbringen», sagt Schmid.

Dazu bieten auch immer mehr Fricktalerinnen und Fricktaler Hand und stellen ein oder mehrere Zimmer für Geflüchtete zur Verfügung. Schmid begrüsst dieses Engagement und wäre grundsätzlich auch selber bereit, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Der SP-Politiker hat selber bereits viel Erfahrung mit der Unterbringung von geflüchteten Menschen, er lebt in Frick mit Flüchtlingen zusammen. Allerdings fehle ihm ein freies Zimmer und darum stelle sich diese Frage aktuell nicht.

Bewusst sein, was die Aufnahme von Flüchtlingen bedeutet

Er gibt zudem zu bedenken, dass die Kriegssituation wohl nicht so schnell vorbei sein werde. Er stellt deshalb die Frage:

«Haben sich die vielen Menschen, die nun Ukrainerinnen und Ukrainer bei sich aufnehmen wollen, überlegt, wie es in ein paar Wochen aussieht?»

Schmid glaubt, dass viele Menschen aus Mitleid handeln und sich der Tragweite und Verantwortung der privaten Unterbringung nicht bewusst seien. «Die geflüchteten Menschen wollen (wieder) möglichst ein normales Leben führen, selbstständig sein und nicht als Gäste beherbergt werden», weiss Schmid aus seiner Erfahrung als Flüchtlingsbetreuer.

Heute richtet sich der Fokus stark auf die materielle Hilfe vor Ort und die Unterbringung der Geflüchteten. Mit der Dauer des Krieges würden aber auch bei uns zwangsläufig andere Fragen in den Fokus geraten, ist Schmid überzeugt. Wo und wie lernen die Menschen die Sprache, wie kommen sie in Kontakt mit den Menschen hier, wie können sie sich beschäftigen? Schmid rät:

«Dafür braucht es viele Freiwillige, die sich möglichst frühzeitig organisieren und mit den Behörden überlegen, was es braucht.»

Damit habe man in Frick gute Erfahrungen gemacht. Hier organisierten sich Freiwillige bereits mehrere Monate vor der Eröffnung der Asylunterkunft im ehemaligen A3-Werkhof. Dieser steht derzeit leer, die Corona-Isolierstation für Flüchtlinge ist nicht in Betrieb. Da sie nach wie vor vollständig eingerichtet und auch schnell wieder betriebsbereit ist, könnte sie dem Kanton, der 400 Flüchtlinge aufnehmen will, wertvolle Dienste leisten.

Gemeinde Frick bietet Hand für Reaktivierung der Asylunterkunft

Schmid kann sich gut vorstellen, dass die Asylunterkunft reaktiviert wird. «Die Unterkunft eignet sich mit den Containern natürlich zur Unterbringung einzelner Familien», sagt er, mahnt aber zugleich: «Da jedoch viele Kinder und Jugendliche unter den geflüchteten Menschen sind, bräuchte es in der Umgebung zwingend eine Auffrischung und ein Ausbau des Angebotes in Bezug auf die Beschäftigung und Betreuung.»

Der Gemeinderat von Frick hat dem Kanton signalisiert, dass er mit einer temporären Wiederinbetriebnahme der Asylunterkunft im A3-Werkhof einverstanden ist.

Der Gemeinderat von Frick hat dem Kanton signalisiert, dass er mit einer temporären Wiederinbetriebnahme der Asylunterkunft im A3-Werkhof einverstanden ist.

Severin Bigler

Auch von Seiten der Gemeinde steht einer Wiederinbetriebnahme als temporäre Asylunterkunft nichts im Weg. Der Gemeinderat sei von den kriegerischen Ereignissen in der Ukraine sehr betroffen und habe sich schon bald überlegt, welchen Beitrag die Gemeinde Frick für die Flüchtlinge leisten könnte, sagt Gemeindeschreiber Michael Widmer.

Man habe dem Kanton bereits letzte Woche mitgeteilt, dass der Gemeinderat mit einer Unterbringung von ukrainischen Flüchtlingen im ehemaligen A3-Werkhof in Frick einverstanden wäre. Widmer:

«Weiter kann auch geprüft werden, ob sich die neuen Räume der Unteroffiziersunterkunft im MZG Racht dafür eignen.»

Für Rolf Schmid ist klar: «Die Menschen brauchen, egal ob privat untergebracht oder in Zentren, niederschwelligen und sofortigen Zugang zu psychologischer und medizinischer Betreuung.» Zudem brauche es schnell auch Anlaufstellen, die die Menschen informieren, unterstützen und die ihnen Perspektiven geben können. Und:

«Kinder und Jugendliche müssen schnellstmöglich in die Schule.»

Das Engagement der Bevölkerung bei der Unterbringung von Flüchtlingen sieht Schmid als wichtig an, mahnt aber zugleich: «Der Staat darf sich nicht aus der Verantwortung stehlen und diese Aufgabe einfach Privatpersonen überlassen.»

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