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Aargau
Fricktal
Einwohner stimmen über Verkaufsvollmacht an den Kanton ab – entschieden ist noch nichts, auch die anderen Standorte sind noch im Rennen.
Das Traktandum lässt aufhorchen: «Kantonale Mittelschule, Standort Neumatt Ost; Vollmacht für den Verkauf der Parzelle Nr. 642 an den Kanton Aargau», schreibt die Gemeinde Stein in ihrer Einladung zur Gemeindeversammlung.
Ist also der Entscheid zu Gunsten von Stein als Standort für die Mittelschule im Fricktal, die auf das Schuljahr 2028/29 hin eröffnet werden soll, bereits gefallen? «Nein», sagt Simone Strub, Mediensprecherin im Bildungsdepartement. Es sei noch nicht entschieden, in welcher Gemeinde die Mittelschule Fricktal zu stehen komme. Das Traktandum in Stein habe auch keinen Präjudizcharakter.
Nötig ist der Gang vor den Souverän, weil im Fall von Stein ein Teil der Parzelle beim Sportcenter Bustelbach – einer von insgesamt vier Standorten, mit denen sich die Gemeinde als Mittelschulstandort beworben hat – der Gemeinde gehört.
«Die Bedingung für alle Standorte ist, dass die Grundeigentümer einem Verkauf an den Kanton, vorbehältlich des Standortentscheids des Grossen Rats, zustimmen», erklärt Strub. Da in Stein die Einwohnergemeinde einen Teil des Areals besitzt, sei hierzu ein Entscheid der Stimmbürger notwendig. Neben der Gemeinde ist am Areal beim Sportcenter laut dem Steiner Gemeindeschreiber Sascha Roth primär eine Erbengemeinschaft beteiligt. Von ihr liegt die Zustimmung zu einem Verkauf vor.
Welche Areale neben jenem beim Sportcenter Bustelbach noch im Rennen sind, will Strub nicht kommentieren. «Zum laufenden Prozess der Standortsicherung geben wir keine nähere Auskunft.» Klar scheint indes zweierlei: In Stein dürfte der Standort beim Sportcenter Favorit sein. Und: Die beiden Mitbewerber um die Mittelschule, Frick sowie Möhlin und Rheinfelden, die sich mit einem gemeinsamen Projekt beim Bahnhof Möhlin beworben haben, sind noch im Rennen.
In Frick braucht es keinen Volksentscheid zum Verkauf, da das Areal beim Oberstufenzentrum, auf dem die Mittelschule angedacht ist, nicht der Gemeinde gehört. Es wird heute als Industriezone genutzt, was den Vorteil hat, dass es nicht erst eingezont werden müsste. Allerdings müsste die Gemeinde, wie die anderen Standortgemeinden auch, gleichwohl vors Volk– für die Umzonung des Areals.
Dass dies eine Hürde sein kann, zeigt sich aktuell am Beispiel von Möhlin und Rheinfelden. Die beiden Gemeinden wollen für das 12,5 Hektaren grosse Areal hinter dem Bahnhof, das aktuell als Kulturland genutzt wird und auf dem unter anderem die Mittelschule zu liegen käme, eine Testplanung starten. In Rheinfelden sagte der Souverän an der Gemeindeversammlung Anfang September Ja, in Möhlin lehnten die Einwohner die Testplanung ab. Dagegen haben die bürgerlichen Parteien das Referendum ergriffen. Dieses kam zu Stande, am 29. November entscheiden die Möhliner an der Urne.
Besorgt wandten sich die beiden bürgerlichen Möhliner Grossräte, Bernhard Scholl (FDP) und Désirée Stutz (SVP), in einem offenen Brief an Bildungsdirektor Alex Hürzeler und baten ihn, den Referendumsentscheid zur Testplanung abzuwarten, bevor die Regierung entscheidet respektive die Anhörung startet.
Hürzeler sicherte dies in seinem Antwortschreiben zu und Strub bestätigt: «Die Referendumsabstimmung als Teil eines demokratischen Prozesses soll abgewartet werden.»
Gibt der Souverän am 29. November grünes Licht zur Testplanung, sind Möhlin und Rheinfelden weiter im Rennen. Dass der Umweg über die Urne die Chancen der beiden Gemeinden mindert, ist möglich, aber nicht zwingend. Denn man muss kein Prophet sein, um ein Ergebnis der Testplanung zu antizipieren: Es wird eine Variante «Nur Mittelschule» beinhalten – und gegen eine Mittelschule im Dorf sind auch in Möhlin nicht allzu viele.
Strapaziert hat den Zeitplan des Kantons aber weniger die Möhliner als die Coronakrise. «Standortabklärungen und insbesondere Kaufverhandlungen sind komplexe Arbeiten mit einer Vielzahl involvierter Akteuren und Personen», sagt Simone Strub. Die Covid-19-Situation sei für diese Arbeit, die viele Kontakte und Absprachen erfordere, «sicher nicht förderlich». Als Beispiel nennt Strub die Verschiebung der Gemeindeversammlungen in Möhlin und Rheinfelden, an denen der Kredit für die Testplanung behandelt wurde und die statt im Juni erst im September stattfanden.
Das bedeutet: «Gegenüber dem im Planungsbericht aufgezeigten, eng getakteten Zeitplan gibt es deshalb gewisse Verzögerungen», so Strub. Eng getaktet ist der Fahrplan, weil der Kanton aufgrund der steigenden Zahl an Mittelschülern zeitlich unter Druck steht. «Das Ziel besteht weiterhin, dass der Neubau per Schuljahr 2028/29 in Betrieb genommen werden kann», sagt Strub. Sie weiss aber auch: «Der Weg zur neuen Mittelschule ist noch lang.»
Wo diese dereinst steht, wird sich spätestens 2021 zeigen: Im ersten Quartal will die Regierung die Anhörung starten, für das dritte Quartal ist die Botschaft an den Grossen Rat geplant. Natürlich würde sich Sascha Roth freuen, wenn Stein den Zuschlag erhielte. Er sagt aber auch: «Am Schluss ist das ganze Fricktal der Gewinner, denn es erhält eine eigene Mittelschule.»