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Für den geplanten Leistungsabbau äussert die SP scharfe Kritik an der Spitalleitung Laufenburg. Beim Kanton teilt man die Vorwürfe nicht und setzt stattdessen auf Kooperation.
Es ist ein rauer Wind, welcher der Leitung des Gesundheitszentrums Fricktal (GZF) seit einigen Tagen ins Gesicht bläst. Genauer: Seit der Ankündigung vor gut zwei Wochen, man überprüfe die Strategie und werde nicht darum herumkommen, beim Spital Laufenburg Anpassungen vorzunehmen. Sprich: Leistungen, zumindest im stationären Bereich, abzubauen. Besonders scharf schiesst die Parteileitung der SP Bezirk Laufenburg. Sie spricht in einem Communiqué von einer «nicht nachvollziehbaren Schliessung oder Redimensionierung des Standorts Laufenburg», von «wenig Gestaltungswille», ja: von einem «markanten Vertrauensbruch» (AZ vom 2. Mai).
Stimmen dagegen, die fachlich mit dem GZF und dessen Leitung zusammenarbeiten, hört man derzeit kaum. Weshalb? Weil das GZF nun primär Zeit brauche, die Auslegeordnung vorzunehmen und die Varianten seriös zu prüfen, sagt Barbara Hürlimann, Leiterin der Abteilung Gesundheit beim Kanton. Etwas Ruhe täte gut, findet sie. Auch für die Mitarbeitenden, die der derzeitige Hype belastet, wie mehrere Mitarbeiter bestätigen. Zudem: Die Suche nach Fachkräften ist für regionale Spitäler ohnehin schon schwierig; die laufenden Diskussionen respektive die negative Konnotation vereinfachen die Situation nicht gerade.
Nach anfänglichem Zögern erzählt Hürlimann dann doch, wie sie die GZF-Leitung um CEO Anneliese Seiler und Verwaltungsratspräsidentin Katharina Hirt erlebt. Gerade erst, am Mittwoch, fand das letzte Gespräch statt. Dieses sei schon länger anberaumt gewesen, sagt Hürlimann. Aber natürlich habe man auch über die aktuelle Situation und die beiden Szenarien, die das GZF prüft, gesprochen. Beide bringen am Standort Laufenburg markante Änderungen. Beim Szenario 1 verliert Laufenburg «nur» die stationäre Chirurgie, beim Szenario 2 zusätzlich die stationäre Medizin. Das Spital würde dann zum Pflegeheim mit ambulanter Sprechstunde. Eine komplette Schliessung dagegen ist kein Thema.
Der Kanton biete Hand, war laut Hürlimann eine Botschaft, die man platziert habe. «Schlussendlich muss aber das Gesundheitszentrum entscheiden, welchen Weg es einschlagen will», sagt Hürlimann und betont: «Der Kanton macht keinen Druck.» Auch der kolportierte Vorwurf, der Kanton sei an der Situation mitschuldig, da er die Leistungsvereinbarung künftig für jedes Spital einzeln vergeben will (heute hat das GZF eine Vereinbarung für beide Standorte) und damit den Druck auf das GZF akzentuiert habe, lässt Hürlimann so nicht gelten. Die getrennten Leistungsvereinbarungen seien erst für die neue Spitalliste ab 2020 ein Thema. «Entschieden ist noch nichts.» Das Bewerbungsverfahren laufe im September an.
Zudem: «Der Kanton setzt in Zukunft stärker auf Kooperationen zwischen den Spitälern. Das kommt dem GZF entgegen.» So arbeitet das GZF bereits heute eng mit dem Claraspital in Basel zusammen. Unter anderen betreiben die beiden Häuser ein gemeinsames Bauch- und Tumorzentrum.
Klar ist für Hürlimann aber auch: Es wird in der Spitallandschaft Veränderungen geben. Die kantonale Strategie «ambulant vor stationär» und der generelle Kostendruck zwingen die Spitäler zu handeln. Sie müssen ihre Prozesse und Angebote effizient ausgestalten und optimieren. Und, ja, zwei vollwertige Spitäler in einer Region mit knapp 80 000 Einwohnern sind «wohl schon etwas viel». Dies zeige auch ein Blick auf die Patientenzahlen, die «eher tief» seien. Hürlimann überlegt kurz, fügt dann an: «Es ist natürlich immer eine Frage des Preises.» Was sie damit meint: Wenn die Bevölkerung bereit wäre, das Angebot mitzufinanzieren, «dann wäre auch der Status quo mit zwei Spitälern möglich.» Ob dieses Wir-leisten-uns-ein-Spital-Szenario realistisch ist, will Hürlimann nicht beurteilen.
Dass sich das GZF jetzt Gedanken zur Zukunft macht und nicht abwartet, bis es vor vollendete Tatsachen gestellt wird, begrüsst Hürlimann. «Die Verantwortlichen setzen sich intensiv mit der Zukunft auseinander», hat Hürlimann festgestellt. Und: «Man spürt beim ganzen Leitungsteam den Willen, den Standort Laufenburg zu erhalten und für ihn eine tragfähige Lösung zu finden.»
Den Vorwurf, die GZF-Leitung interessiere sich nur für den Standort Rheinfelden, ja: ihr sei das obere Fricktal egal, kann Hürlimann nicht nachvollziehen. «Ich erlebe das anders.» Eben als Unternehmen, das für die Bevölkerung und die Versorgungssicherheit denke und handle, das bestrebt sei, in Laufenburg eine medizinische Anlaufstelle zu sichern. Diese Intention unterstütze der Kanton, sagt Hürlimann und verweist auf die erwähnte Kooperationsstrategie. Während der Kanton bislang in der Spitalstrategie eher auf das Zürcher Modell gesetzt hat, wird er sich künftig am Berner Modell orientieren – und dieses vereinfacht Kooperationen unter den Spitälern. Dies entspricht den Bestrebungen des Kantons zu einem vernetzten Gesundheitswesen.
Auf die Frage, welchen Support der Kanton dem GZF bei seiner Zukunftssuche geben kann, zögert Hürlimann einen kurzen Moment, sagt dann: «Dieser ist wohl eher psychologischer Natur.» Man könne den Prozess beratend unterstützen. «Doch die Lösung muss das GZF selber finden.»
Solche Lösungsansätze werden derzeit im oberen Fricktal zuhauf herumgeboten. Einer ist, vermehrt deutsche Patienten anzulocken. Dies hält Hürlimann für schwierig, denn die deutschen Krankenkassen zahlen nur bei Privatversicherten. Und das ist nicht das Gros der Patienten. Für die meisten anderen, also die gesetzlich Versicherten, ist ein Spitalaufenthalt in der Schweiz schlicht zu teuer.
Eine zweite Idee ist ein geriatrisches Zentrum in Laufenburg. Das sei angesichts der demografischen Entwicklung sicher eine Option, sagt Hürlimann. Denn: «Die Versorgung älterer Menschen in der Region ist eine der Herausforderungen der Zukunft.» Ob es im oberen Fricktal Platz hat für ein geriatrisches Zentrum, kann Hürlimann nicht abschätzen. Auf jeden Fall müsste eine solche Idee mit den weiteren Anbietern – etwa dem Verein für Altersbetreuung im oberen Fricktal – koordiniert werden. Anders formuliert: Man müsse über die Grenzen hinausdenken, so Hürlimann. «Genau so, wie es das GZF heute schon tut.»