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Das Gesundheitszentrum Fricktal steht vor einem schwierigen Entscheid. Die AZ zeigt wichtige Zahlen und Daten in der Serie «Richtig oder Falsch». Heute: Teil 1.
Wie weiter mit dem Spital Laufenburg? Diese Frage stellt sich das Gesundheitszentrum Fricktal (GZF), das in Laufenburg und Rheinfelden je ein Spital betreibt. Bis Ende Juni will die GZF-Leitung Klarheit darüber, ob das GZF in Laufenburg weiterhin eine stationäre Akutsomatik anbieten will oder nicht. Klar scheint bereits jetzt: Das Angebot wird zumindest zurückgefahren; die stationäre Chirurgie wird wohl in Rheinfelden zentralisiert. Zur Diskussion steht neben einem «Spital light», wenn man so will, auch eine noch radikalere Variante: der Rückzug der gesamten stationären Akutsomatik. Bleiben würde bei diesem Szenario in Laufenburg eine ambulante Sprechstunde, ein Pflegeheim und – allenfalls – tagsüber eine Notfallstation.
Wie weiter mit dem Spital Laufenburg? Das fragen sich auch die Ärzte und Politiker. Hausärzte warnen mit Blick auf die drohende Überalterung ihrer Gilde und die Schwierigkeiten, einen Nachfolger zu finden, vor einer Unterversorgung. Auch die Mehrheit der Fricktaler Grossräte spricht sich, mehr oder weniger deutlich, für den Erhalt des Spitals Laufenburg aus. Nur Grünen-Grossrätin Gertrud Häseli tanzt aus der Reihe. Sie sagt klipp und klar: «Das Spital Laufenburg braucht es nicht.»
Wie weiter mit dem Spital Laufenburg? Das fragt sich auch die Fricktaler Bevölkerung. Gerade im oberen Fricktal lautet die Antwort häufig: Es muss erhalten werden. Entsprechend erhält die Online-Petition, die von einem 15-köpfigen Komitee mit Vertretern aller grossen Parteien lanciert wurde, regen Zulauf. Bis gestern Abend haben 886 Personen die Petition «Gesundheitsversorgung sichern – Spital Laufenburg erhalten!» unterschrieben. Ziel sind 2000 Unterschriften.
Wie weiter mit dem Spital Laufenburg? Der Entscheid liegt beim GZF. Er wird auf Daten, Zahlen, Vergleichen und strategischen Überlegungen basieren. Viele Zahlen und Fakten sind öffentlich zugänglich. Die AZ hat sie aus dem «Strukturbericht Gesundheit 2016» und dem Schlussbericht «Monitoring der regionalen und überregionalen Patientenströme für den Kanton Aargau» (2015) herausdestilliert und daraus zehn «richtig oder falsch»-Aussagen zur Gesundheitsversorgung im Fricktal gemacht. Im zweiten Teil der «richtig oder falsch»Serie geht es dann um die Patientenströme.
Falsch. Die niedrigste Dichte hatte 2014 – auf dieses Jahr greift der Strukturbericht zurück – der Bezirk Muri. Hier waren elf Allgemeinmediziner aktiv – das entspricht 0,35 Ärzten pro 1000 Einwohner. Im Bezirk Laufenburg waren es 19 (0,65) und im Bezirk Rheinfelden 36 (0,88). Das untere Fricktal wies damit sogar die höchste Dichte an ambulant tätigen Allgemeinmedizinern im Kanton auf; im Schnitt kamen 0,6 Allgemeinärzte auf 1000 Einwohner. Auffallend dabei: Die Hausarztdichte war in städtischen Gebieten deutlich höher als in ländlichen. Der Strukturbericht weist zudem auf die Problematik hin, dass der Anteil der über 60-jährigen Hausärzte in den nächsten Jahren «stark zunehmen» und die «Babyboomer»-Generation aus dem Berufsleben ausscheiden wird. Dadurch «könnte es zu einer Verknappung der ärztlichen Ressourcen in ländlichen Gebieten kommen».
Nicht ganz, aber fast – zumindest wenn man die Ärztedichte als Gradmesser nimmt. Im Bezirk Rheinfelden arbeiteten 2014 im ambulanten Bereich 82 Spezialärzte – das sind 2,04 pro 1000 Einwohner. Einen höheren Wert erzielte nur Aarau mit 3,92 Spezialärzten pro 1000 Einwohner (effektiv: 272). Am anderen Ende der Skala bewegte sich dagegen der Bezirk Laufenburg. 18 Spezialärzte waren hier ambulant tätig – 0,68 pro 1000 Einwohner. Einen tieferen Wert erzielte nur der Bezirk Muri (0,61). Der kantonale Schnitt lag bei 1,61 Spezialärzten pro 1000 Einwohner.
Dies könnte man angesichts des ländlichen Raums annehmen – ist aber falsch. Das GZF erreichte 2015 87 Prozent der Patienten mit Dringlichkeitsstufe 1 (D1) innert 15 Minuten. Das ist nach dem Rettungsdienst in Zofingen der zweitbeste Wert. Im kantonalen Schnitt kamen die Ambulanzen in 84 Prozent der Fälle bei D1-Patienten innert 15 Minuten an. Darunter liegt unter anderem Leuggern mit einer 15-Minuten-Quote von 75 Prozent. Insgesamt hatte das GZF 1223 Einsätze mit Dringlichkeit 1 und 986 mit Dringlichkeit 2.
Falsch. Auf der Spitalliste 2015, nach der die Leistungsaufträge vergeben sind, stehen elf Akutspitäler sowie ein Geburtshaus. Laufenburg und Rheinfelden werden hier separat gezählt. Die zwölf Häuser stellen zusammen die akutsomatische Versorgung im Aargau sicher. Eine Notfallstation haben 9 der 12 Einrichtungen. Keine Notfallabteilung haben die «Villa im Park», die Klinik Barmelweid sowie das «Storchennäscht». Bei den Intensivstationen reduziert sich der Befund sogar auf drei Kliniken: auf die Hirslanden-Klinik sowie die beiden Kantonsspitäler Aarau und Baden. Neben den 12 Aargauer Kliniken stehen auch sieben ausserkantonale Akutspitäler auf der Liste – unter anderem das Universitätsspital Basel.
Das stimmt – für einen Viertel der Befragten. Dies geht aus dem nationalen Spital- und Klinikbarometer hervor. Der Grossteil dagegen möchte, dass das Spital im Notfall nicht mehr als 15 Minuten entfernt ist. Im Aargau stellt dies kein Problem dar; 91,6 Prozent der Bevölkerung erreichen die nächstgelegene Notfallversorgung innert weniger als 15 Minuten.
Das ist korrekt. 75,4 Prozent der 2406 Patienten, die 2014 in Laufenburg stationär behandelt wurden, fielen ins «Basispaket Chirurgie und Innere Medizin». Dies liegt primär am medizinischen Angebot in Laufenburg. Zum Vergleich: In Rheinfelden machte der Anteil «Basispaket» 47,2 Prozent aus (2476 von 5242 Patienten), beim Kantonsspital Aarau 37,5 und beim Kantonsspital Baden 42,9 Prozent. Den zweithöchsten Wert erreicht das Spital Zofingen mit 57,9 Prozent.
Das wäre schön – stimmt aber, zumindest für die Vergleichsjahre 2013 und 2014, nicht. Im Letzteren belegte die Hirslanden-Klinik mit 9,29 von 10 den Spitzenplatz, gefolgt von der «Villa im Park» (9,26) und den Spitälern Leuggern (9,25), Muri (9,20) und Zofingen (9,10). Erst auf den Plätzen sechs und sieben folgen Rheinfelden (9,0) und Laufenburg (8,96). Das Schlusslicht bilden die beiden Kantonsspitäler. Die beiden Fricktaler Häuser lagen 2014 knapp unter dem Aargauer Durchschnitts-Zufriedenheits-Wert von 9,10.
Beim standardisierten Fragebogen bewerten die Patienten fünf Kriterien: Ob sie für dieselbe Behandlung wieder in dieses Spital kommen würden, wie die Qualität der Behandlung war, wie kompetent und verständlich Ärzte und Pflegepersonal Auskunft geben und ob man mit Respekt und Würde behandelt wurde. Hohe Werte erzielten Laufenburg und Rheinfelden bei der Frage nach Würde und Respekt, die im Vergleich mit den anderen Spitälern tiefsten Werte gab es bei der Verständlichkeit der Pflege (Laufenburg) und bei der Frage nach der Wiederkehr (Rheinfelden).
Das ist korrekt – und gilt für die meisten Häuser. Ausgedrückt wird der Personalbestand in der Statistik in Vollzeitäquivalenten (VZÄ). Berechnet wird diese Hilfsgrösse, indem die Anzahl der gearbeiteten Stunden durch die übliche Arbeitszeit eines Vollzeit-Erwerbstätigen geteilt wird. Gesamthaft stieg die Anzahl der VZÄ im Aargau von 5990,9 im 2012 auf 6646,1 im Jahr 2014. Beim GZF stieg die Zahl der VZÄ von 409,3 auf 457,6. Davon gehen 65,1 VZÄ auf das Konto von Ärzten.
Schön wäre es. Sie steigen – seit Jahren. Verantwortlich dafür ist ein «komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren», wie es im Strukturbericht heisst. Dazu gehören der medizinisch-technische Fortschritt, die demografische Entwicklung und die «steigende Anspruchshaltung bei geringer Kostensensibilität» der Patienten. Weitere Kostentreiber seien, so heisst es im Bericht, Fehlanreize im Finanzierungssystem, eine hohe Spital- und Ärztedichte und «die Mengenausweitung zum Teil unnötiger Leistungsangebote».
Nein, das trifft nicht zu. Generell stieg der Aufwand, den der Kanton und die Versicherungen für KVG-Leistungen erbringen mussten, allein zwischen 2013 und 2014 um satte 24,4 Millionen Franken auf 881,6 Millionen Franken. Der Kanton übernahm damals rund 49 Prozent der Kosten in der Akutsomatik. Seit 2017 ist er verpflichtet, 55 Prozent der Kosten zu tragen. Den Rest müssen die Versicherungen (und die Patienten) berappen. Bei insgesamt 86'898 Fällen ergibt das pro Fall im Durchschnitt Kosten von 10'145 Franken.
Zum Vergleich zwischen den einzelnen Anbietern zieht der Strukturbericht die sogenannten «durchschnittlichen schweregradbereinigten OKP-Fallkosten heran» – und die differieren erheblich (siehe Tabelle). Am höchsten waren sie 2014 – dieses Datenjahr war relevant für das Tarifjahr 2016 – am Kantonsspital Aarau mit 10'809 Franken. Auf Platz zwei folgte bereits das GZF mit Fallkosten von 10'119 Franken, noch knapp vor dem Kantonsspital Baden (10'117). Am anderen Ende der Skala findet sich die Hirslanden-Klinik mit schweregradbereinigten OKP-Fallkosten von 8551 Franken. Die Tabelle zeigt aber auch: Die Schwankungen zwischen den einzelnen Jahren sind gross; im Datenjahr 2012 hatte das GZF den fünfttiefsten Wert.