Rheinfelden
Wie Béa Bieber mit ihrem 100-jährigen Vater das Sechseläuten erlebt: «Es ist toll, Teil dieser jahrhundertealten Tradition zu sein»

Sie ist überzeugte Rheinfelderin und überzeugte Fricktalerin – an einem Tag im Jahr ist sie aber ganz sicher in Zürich: Béa Bieber, GLP-Grossrätin aus Rheinfelden ist Zünfter-Tochter und -Mutter. Sie genoss die diesjährige Ausgabe des Sechseläutens mit ihrer Familie also gleich doppelt. Und erlebte dabei einen ganz besonders emotionalen Moment.

Thomas Wehrli
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Béa Bieber mit ihrem Vater Bernard Primault und Sohn Kevin am Sechseläuten in Zürich.

Béa Bieber mit ihrem Vater Bernard Primault und Sohn Kevin am Sechseläuten in Zürich.

Zvg

Béa Bieber schwärmt auch am Tag danach noch vom diesjährigen Sechseläuten in Zürich. «Es war eines der schönsten Sechseläuten, das ich je erlebt habe», sagt die GLP-Grossrätin und fügt schmunzelnd hinzu:

«Ich bin überzeugte Rheinfelderin und ebenso überzeugte Fricktalerin – aber an einem Tag im Jahr ist klar, dass ich in Zürich bin: am Sechseläuten.»

Besonders machte für sie die diesjährige Ausgabe, dass das Sechseläuten nach zwei Jahren coronabedingter Zwangspause wieder stattfand, besonders auch, dass trotz schlechter Wetterprognose beim Umzug die Sonne schien. Als Zünfter-Tochter in Zürich aufgewachsen Die wichtigste Besonderheit aber war Biebers Vater, Bernard Primault.

Er ist seit vielen Jahrzehnten Zünfter, «Zoifter», wie Bieber es auf Zürichdeutsch sagt, und zu Ehren seines 100. Geburtstages im Mai holte ihn eine grosse Delegation seiner Zunft, die Zunft zur Zimmerleuten, am Morgen zu Hause ab.

Emotionale Momente für die Familie

Wie schon bei seinem 90. Geburtstag spielte die Musik auf, seine vielen Verdienste für die Zunft wurden gewürdigt – und dann durfte er in einer Kutsche ins Zunfthaus fahren. Der Vater habe sich immens über die Wertschätzung gefreut, erzählt seine Tochter. Auch für sie waren das am Montag «sehr emotionale Momente», wie sie sagt.

Sie ist als «Zünfter-Tochter» in Zürich aufgewachsen und erinnert sich gerne an all die Anlässe, Begegnungen und auch Aufgaben zurück, die sie in der Zunft erleben durfte. Bieber schwärmt:

«Es ist einfach toll, ein Teil dieser jahrhundertealten Tradition zu sein.»

Das bedeutet ihr viel – noch mehr, dass nun auch ihr Sohn Kevin Zünfter ist und diese Tradition so in der Familie weiterleben wird.

Für den Vater war die Zunft, als er von La Chaux-de-Fonds nach Zürich kam, der perfekte Einstieg ins Gesellschaftsleben der Stadt. Möglich war der Beitritt, da bereits Verwandte von ihm in der Zunft sassen und er so einen Zugang hatte.

Sie wirkt seit ihrer Kindheit mit

In ihrer Kindheit und Jugendzeit wirkte Bieber unter anderem in der Kindergruppe mit und später amtete sie auch immer wieder als Ehrendame. Heute geniesst sie diesen einen Tag im Jahr – als Zünfter-Tochter und -Mutter zugleich. Das Sechseläuten ist Béa Bieber denn auch heilig. Bislang habe sie es lediglich zweimal verpasst, weil es zeitlich nicht ging, erzählt sie. «Ich schaue beim Planen darauf, dass ich an diesem Tag nichts anders abmache.»

Bernard Primault (2.v.r.) genoss das Sechseläuten im Zunfthaus zur Zimmerleuten zusammen mit Lebensgefährtin Jeanne Masson (l.), Enkel Kevin und dessen Freundin Hendrikje sowie Béa Bieber.

Bernard Primault (2.v.r.) genoss das Sechseläuten im Zunfthaus zur Zimmerleuten zusammen mit Lebensgefährtin Jeanne Masson (l.), Enkel Kevin und dessen Freundin Hendrikje sowie Béa Bieber.

Zvg

An das diesjährige Sechseläuten wird sich Bieber noch lange erinnern – auch, weil bei der Ausgabe 2022 eine ganz besondere Stimmung herrschte. Bieber:

«Man merkte den Menschen an, dass das Sechseläuten in den letzten beiden Jahren ausfiel und sie es sehr vermisst hatten.»

Und zwar denen, die im Umzug mitliefen, ebenso wie denen, die ihn als Zuschauer verfolgte. «Eine einmalige Stimmung», umschreibt es die Rheinfelderin. Auch im Saal des Zunfthauses am Limmatquai, der «proppevoll war», wie Bieber sagt. Sie schätzt, dass rund 200 Personen da waren – «alle in bester Laune».

Der Böögg verheisst einen schlechten Sommer

Hier erlebte sie auch den Knall auf dem Sechseläutenplatz mit. Der Böögg liess sich in diesem Jahr sehr viel Zeit, was – glaubt man dem Orakel – einen schlechten Sommer verheisst. Der Stimmung tat dies keinen Abbruch.

Auch bei ihrem Vater Bernard Primault nicht. Er wohnt heute im Alterszentrum Hottingen. «Er lebt mit seinen knapp 100 Jahren aber noch vollkommen autark», erzählt Bieber. Er kauft selber ein, wäscht selber, hält sich täglich im Internet auf dem Laufenden und geniesst das Leben mit seiner Lebensgefährtin Jeanne Masson. Bieber schmunzelt. «Wenn man so 100 Jahre alt werden kann, dann ist das absolut cool.» Absolut.