Die Stadtratswahlen in Rheinfelden am 13. Juni sind so spannend wie lange nicht mehr. Acht Kandidaten buhlen um die fünf Sitze. Eine Frage ist: Kann die SP ihren vor vier Jahren verlorenen Sitz zurückerobern? Eine zweite: Steigt der Frauenanteil noch vier Jahren wieder auf 40 Prozent an? Die AZ stellt die acht Kandidierenden vor. Heute: Vizeammann Walter Jucker (SVP) und SP-Grossrätin Claudia Rohrer.
Zwölf Jahre lang sassen mit Brigitte Rüedin (SP) und Béa Bieber (zuerst parteilos, dann GLP) zwei Frauen im Rheinfelder Stadtrat. Damit lag der Frauenanteil bei 40 Prozent. Dann, 2017, traten beide Frauen nicht mehr an. Die SP nominierte mit dem damaligen Grossrat Peter Koller einen Mann, die GLP mit Dominik Burkhardt ebenso. Burkhardt schaffte die Wahl, Koller knapp nicht. Er lag 28 Stimmen hinter dem fünftplatzierten Burkhardt.
Den SP-Sitz eroberte die FDP mit Susanna Schlittler. Sie stellte sicher, dass der Stadtrat nicht zu einem reinen Männergremium wurde. Schlittler tritt am 13. Juni wieder an und ihre Wiederwahl ist unbestritten. Mit Claudia Rohrer, SP-Grossrätin und Co-Fraktionschefin, könnte der Frauenanteil wieder auf 40 Prozent steigen. Ob sie die Wahl schafft, ist offen, denn um den einzig frei werdenden Sitz von Hans Gloor (parteilos) buhlen gleich vier Personen.
Mit Rohrer und Thomas Steiner tritt die SP im Doppelpack an – mit dem Ziel, zumindest einen der beiden Sitze zurückzuerobern. Daneben wollen auch Claus Pfisterer (parteilos) und Michael Derrer (heute parteilos, lange GLP) ins Gremium einziehen. Die AZ präsentiert die acht Kandidierenden. Heute: Vizeammann Walter Jucker (SVP) und Claudia Rohrer.
Was motiviert Sie, als Stadtrat (erneut) zu kandidieren?
Walter Jucker: Ich liebe meine Tätigkeit als Stadtrat und ich fühle mich fit, den Belastungen des Amts auch im Pensionsalter gewachsen zu sein. Es ist wichtig, dass die SVP-Standpunkte weiterhin in den Stadtrat einfliessen. Das Feuer für die Politik lodert nach wie vor in mir. Ich spüre, dass mein Führungsstil ankommt. Die Stimmung bei den Sicherheitsorganisationen ist ausgezeichnet und sie sind den Ernstfallanforderungen gewachsen. Mein berufliches Wissen kann ich häufig anwenden.
Claudia Rohrer: Der Wunsch, mit der Bevölkerung und den ansässigen Gewerbetreibenden unsere Umgebung und die Gesellschaft zu gestalten. Ich bin überzeugt, dass ich mit meiner Erfahrung aus der Politik, meiner Führungserfahrung als Kommandantin der Feuerwehr und meiner Lebenserfahrung im Team des Gemeinderates einiges bewirken und damit Rheinfelden gestalten kann.
Welche zentralen Herausforderungen sehen Sie in den nächsten Jahren auf Rheinfelden zukommen?
Jucker: Wir sollten unserer hervorragenden Infrastruktur Sorge tragen und diese, wo nötig, gezielt weiterentwickeln. Bei der Revision der Bau- und Nutzungsordnung müssen wir die stark auseinander liegenden Erwartungen auf einen tragfähigen Kompromiss zusammenführen. Die Neugestaltung des Bahnhofplatzes und der umliegenden Areale ist ein Schlüsselprojekt für unsere Stadt. Der Bahnhof ist Visitenkarte, Mobilitätsdrehscheibe und Wirtschaftsfaktor in einem.
Rohrer: Die Umsetzung des Raumentwicklungskonzepts und die neue Bau- und Zonenordnung. Dieses Projekt wird das Bild aber auch die Gesellschaft von Rheinfelden für die nächsten 25 Jahre prägen. Wir haben hier ganz konkret die Möglichkeit, Einfluss auf unsere Zukunft zu nehmen.
Was haben Sie für Rheinfelden erreicht respektive wie haben Sie sich bislang für Rheinfelden engagiert?
Jucker: Das Ressort Sicherheit und Verkehr läuft sehr gut, die Mitarbeitenden sind hoch motiviert und die Ausrüstung ist auf die Risiken der Gefährdungsanalysen ausgerichtet. Bei einigen Projekten profitierte die Stadt direkt von meinen beruflichen Kompetenzen in Risikomanagement und Chemie. Bei diversen Mitarbeitervorschlägen erkannte ich sofort deren Potenzial und verhalf ihnen zu einer raschen Umsetzung.
Rohrer: Ich bin in Rheinfelden aufgewachsen. Ich habe mich in der Politik als Parteipräsidentin und in verschiedenen Kommissionen engagiert. Prägend waren meine über 20 Jahre in der Feuerwehr Rheinfelden, davon sieben Jahre als Kommandantin. Ich habe viele Aspekte von Rheinfelden kennen und schätzen gelernt.
Für welche Bereiche wollen Sie sich als Stadtrat hauptsächlich einsetzen?
Jucker: Als Stadträte sind wir nicht unseren persönlichen Interessen verpflichtet, sondern den Bedürfnissen der Bevölkerung. Ich werde mich weiterhin für ein reibungsloses Funktionieren der Arbeitsabläufe in meinem Ressort einsetzen. Für die Einwohner möchte ich ein verlässlicher Ansprechpartner bleiben. Im Falle einer Wiederwahl werde ich auch zukünftig meine Stärken wie strukturiertes Arbeiten, rasche Auffassungsgabe, Denken in grösseren Zusammenhängen einbringen.
Rohrer: Für die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Rheinfelden ist weiterhin eine Kleinstadt, kein Dorf und keine Stadt. Menschen kennen sich, aber es ist nicht mehr so klein, dass alle sich kennen. An der politischen Meinungsbildung nehmen in der Gemeindeversammlung nur ein bis zwei Prozent der Stimmberechtigten teil, an der Urne meist rund 30 Prozent. Mehr Menschen sollen an den politischen und gesellschaftlichen Prozessen beteiligt werden. Auch sollen von der Jugend bis ins hohe Alter alle mitgestalten.
Wie ist Rheinfelden derzeit aufgestellt?
Jucker: Im Vergleich mit anderen Städten ist Rheinfelden hervorragend unterwegs. Es gibt selten eine Stadt, die so viel Lebensqualität bietet. Wir verfügen über einige Betriebe mit überregionaler Bedeutung sowie über ein starkes Gewerbe. Die finanzielle Situation ist eine grosse Stärke Rheinfeldens. Nebst etwas Glück trägt der umsichtige Umgang mit unseren Ressourcen zum Erfolg bei. Es ist nicht vermessen, festzustellen: Der bisherige Stadtrat hat einiges richtig gemacht.
Rohrer: Finanziell hervorragend, gesellschaftlich durchzogen und teilweise hinken wir hinterher. Wir sind stolz auf das Energielabel, Magden ist voraus mit dem Unicef-Label. Die Koordination von Erwerbsarbeit und Kindererziehung ist eher schwer, es gibt keinen Tagesfamilienverein. Das Alterskonzept stockte. Es gibt seit Jahren zu wenig Turnhallen und zu wenig Sportplätze. Die Bedürfnisse der Menschen können Entscheide des Stadtrates nicht abwarten. Wir müssen mehr für die Menschen ausgeben, damit von den Menschen mehr zurückkommt.
Was macht die Stadt besonders?
Jucker: Unsere liebevoll gepflegte Altstadt mit ihrem einzigartigen Ambiente und dem ansprechenden Einkaufsangebot ist ein idealer Identifikationsfaktor für die Einwohnerinnen und Einwohner. Die Quartiere sind überschaubar, bieten hohe Wohnqualität und sind gut mit dem öffentlichen Verkehr erschlossen. Das Kulturangebot ist sehr reichhaltig. Der hohe Sicherheitsstandard wird geschätzt. Die Vision «Rheinfelden lebenswert, liebenswert» passt wunderbar.
Rohrer: Die Lage am Rhein und die Einbettung in die grüne Umgebung. Städtisch in den Quartieren, ländlich in der Umgebung. Rheinfelden steht finanziell gesund da, es gibt viele interessierte und interessante Bewohnerinnen und Bewohner, Gewerbetreibende aus verschiedenen Branchen sind ansässig. Diese alle gilt es zu halten, wenn wir auch in Zukunft unser Potenzial nutzen wollen.
Bitte vervollständigen Sie folgenden Satz: Rheinfelden ist …
Jucker: ... seit bald 40 Jahren meine Heimat, für die ich sehr gerne weitere vier Jahre mein Bestes geben möchte.
Rohrer: ... meine Heimat, hier will ich gestalten, mit anderen aus Rheinfelden, von und für Rheinfelden.