Kaisten
Reh im Bett, Wildsau vor der Tür - es gibt für alle Platz im Tierlignadenhof

Eine az-Redaktorin hilft einen Tag lang auf dem Tierlignadenhof Kaisten. Ihr Fazit: Es gibt täglich viel zu tun.

Susanne Hörth
Drucken
Tierlignadenhof Kaisten
13 Bilder
Kein Einlass ins Haus für Wildsau, Pferd und Esel
Wieso bloss haben die Menschen die Türklinke durch einen Knopf ersetzt
Wenn Hund zu gross für das Bett ist
Sie hat den Hofplatz und die Volieren gut im Blick
Reh Sarah hat zwar ein eigenes Aussengehege hält sich aber lieber in der warmen Stube auf
Noch ein grosser Hund auf der Bettkante
Kaum ein Platz im Haus ist nicht belegt
Huhn Helene kennt keine Angst vor Hund Jamie
Esel Freddy erhält täglich einen neuen Sockenverband für den kranken Fuss
Aron nutzt jedes Ruheplätzchen
Ein Sonnenbad
Die beiden gehören zusammen

Tierlignadenhof Kaisten

Susanne Hörth

Ruhetag steht auf dem grossen Aussentor. Von Ruhe ist trotz der frühen Morgenstunde auf dem Kaister Tierlignadenhof nur wenig zu spüren. Lautes Hundebellen begrüsst mich. Mein Einsatz auf dem Hof mit seinen rund 200 tierischen Bewohnern beginnt. «Du kannst gleich mit den Katzenkisten anfangen», teilt mich Bea Schmidtner ohne Umschweife ein. Sie hat längst Holz draussen geholt und drinnen angefeuert. Wohlige Wärme verbreitet sich im ganzen Haus. Bea Schmidtner ist ausgebildete Tierpflegerin, wohnt in Etzgen und arbeitet in einem 100-Prozent-Pensum seit fünf Jahren auf dem Hof.

«Wir leeren jeden Morgen alle Katzenkisten, waschen sie aus und füllen sie neu auf.» Nach zirka 20 Kisten höre ich auf zu zählen. Ich schätze, es sind an die 40. Ein 110-Liter-Abfallsack nach dem anderen füllt sich. Die Hunde machen sich einen Plausch daraus, im Spielen die sauberen Katzenkisten auszuleeren. «Alltag bei uns», lacht Bea. Sie nimmt zum wiederholten Male Schaufel und Besen in die Hand. Immer wieder muss ich sie fragen, wo was zu finden ist. Angefangen vom Katzenstreu, Haushaltpapier, Reinigungsmittel, frische Decken. Alles ist sehr gut geordnet, findet sich auf kurzen Wegen.

Bea hat schon sehr früh am Morgen alle Hunde rausgelassen, Futter zubereitet und verteilt. Unzählige Fressnäpfe eingesammelt und zum Abwaschen hingestellt. Die Wassernäpfe sind gereinigt und frisch aufgefüllt. Egal, wo ich mich in dem grossen, zweigeschossigen Haus bewege, umgeben mich Katzen und Hunde. Betteln um ein paar Streicheleinheiten. Selbstverständlich mit Erfolg.

«Kannst Du schnell Helene festhalten, ich muss ihr das Medikament geben?» Bea zeigt mir, wie ich das kleine braune Huhn in die Hände nehmen muss. Kaum erledigt, wirbelt die zierliche Tierpflegerin davon, füllt die nächste Ladung an Decken und Teppichen in die grosse Industriewaschmaschine. Wie später am Tag Tierlignadenhofbetreiberin Monika Spoerlé erklärt, laufen Waschmaschine und Tumbler 24 Stunden, sieben Tage die Woche. Wäre es nicht einfacher, auf die vielen Decken und Teppiche im Haus zu verzichten, will ich wissen. «Nein», so Spoerlé. «Gerade Katzen lieben die Decken, die Hunde schätzen die Teppiche.»

Reinigen und Pflegen

Bea Schmidtner ist mittlerweile am Staubsaugen. Danach werden die Böden feucht aufgenommen. Dazwischen lässt sie ein weiteres Mal die Hunde raus. Normalerweise würde sie ständig zwischen Haus, Ställen, Aussengehegen und Volièren hin und her switchen. Aufgrund einer grossen Schnittverletzung an der Hand kann sie den Aussenbereich zurzeit nicht machen, hier hilft temporär ein junger Mann aus. Er mache seine Arbeit gut, so Bea. Sie geht trotzdem regelmässig nach draussen. Kontrolliert, ob die Ställe richtig gemacht sind, holt mehr Heu, legt da oder dort zusätzliches Stroh aus, füllt Wasser. Bei den Pferden wie auch bei Ochse Cäsar müssen täglich die Hufen und Klauen gereinigt werden, um so Entzündungen vorzubeugen.

Zu Beas Aufgabe gehört zudem die Betreuung und Versorgung von kranken und verletzten Tieren. Nicht selten packt sie in ihr dichtes Tagesprogramm auch noch einen Tierarztbesuch. Manchmal kommt sie ohne das Tier vom Arzt zurück. Zum Leben gehört auch der Tod. Bei Tieren bedeutet das nicht selten, über Einschläfern oder nicht entscheiden zu müssen. Je länger der Tag dauert, desto mehr sehe und erlebe ich, dass die Aufgabe, den Tieren ein Zuhause auf Lebzeiten zu geben vor allem eines heisst: ganz, ganz viel Arbeit. Sie alle, die hier arbeiten und helfen sagen: «Wir bekommen dafür ganz viel Liebe und Vertrauen von den Tieren zurück.»

Das bestehende Tierlignadenhofteam bekommt bereits heute täglich Unterstützung von treuen Helfern. Wie wichtig das ist, zeigt sich auch im Laufe des Nachmittages. Monika Spoerlé ist in der Küche bereits am Vorbereiten für die abendliche Fütterung. Draussen müssen die Tiere von den Weiden und den Aussengehegen in die Ställe und die gesicherten Unterkünfte gebracht werden, alles muss kontrolliert werden.

Fasziniert beobachte ich bei allen auf dem Tierlignadenhof im Einsatz stehenden Personen den Umgang mit den Tieren. Jedes wird beim Namen genannt, erhält ein liebes Wort, ein paar Streicheleinheiten. Hektik wird vermieden. Vielleicht das Geheimnis der grossen Tierharmonie auf dem Hof?

Immer wieder unterbricht das Klingeln des Telefons die Arbeit. Jemand ruft an, weil er eine Entenfamilie aufgenommen hat, sie jetzt auf dem Gnadenhof platzieren möchte. Andere würden gerne dem Hof einen Besuch abstatten. Eine Frau hat ihren Hund einschläfern müssen, möchte den noch vorhandenen Futtervorrat vorbeibringen. Dann wäre da ja auch das nicht stubenreine Büsi, das ein neues Zuhause braucht; dort ein alter Hund, dessen Besitzer ins Altersheim geht.

Ganz spät in der Nacht, Monika Spoerlé füttert nach wie vor Waschmaschine und Tumbler mit einer Ladung nach der anderen, kehrt langsam Ruhe ein. Bis zum nächsten Morgen.