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Ein 33-Jähriger musste sich vor dem Bezirksgericht Rheinfelden verantworten. Er wurde in der 30er-Zone mit Tempo 76 geblitzt. Als Begründung gab er an, dass er dringend auf die Toilette musste. Für das Gesamtgericht ist der Tatbestand des Rasens erfüllt.
Für den 33-Jährigen wäre es wohl besser gekommen, hätte er zuerst die Toilette aufgesucht und sich anschliessend an das Steuer seines SUV gesetzt. Nachdem er seinen Freund vom Bahnhof abholt, um mit ihm nach Bad Säckingen zu fahren, verspürt er ein Ziehen in der Blase. Auf der Suche nach einem stillen Örtchen hat es der Fahrer besonders eilig: Er wird mit 71 Kilometern pro Stunde – nach Abzug der Toleranz – in einer Tempo-30-Zone durch eine Radarkontrolle der Polizei Unteres Fricktal gemessen.
Gestern musste sich der Temposünder wegen besonders krasser Missachtung der signalisierten Höchstgeschwindigkeit vor dem Bezirksgericht in Rheinfelden verantworten. Die Staatsanwaltschaft forderte für den Angeklagten eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren. Davon sechs Monate unbedingt. Für die Staatsanwaltschaft ist klar, dass der Angeklagte durch die besonders krasse Missachtung der Höchstgeschwindigkeit das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern in Kauf genommen hat.
Zusätzlich beantragt die Staatsanwaltschaft, das mit knapp 300 Pferdestärken ausgestattete Diesel-Fahrzeug des Angeklagten einzuziehen und zu verwerten. Ein allfällig daraus resultierender Erlös soll einer gemeinnützigen Organisation zur Unterstützung von Verkehrsopfern zugutekommen.
Der Angeklagte schildert, dass er zunächst bei der Coop-Tankstelle anhalten wollte, um dort auf die Toilette zu gehen. Weil dort jedoch alle Parkplätze besetzt waren, fuhr er um die Tankstelle herum und bog dann auf die Kohlplatzkreuzung in Richtung Spital auf die Riburgerstrasse ab. Er beabsichtigte, auf den Parkplatz des Polizeipostens an der Riburgerstrasse zu fahren, um dort bei einem Strauch zu urinieren.
Weil er jedoch im Polizeigebäude Licht brennen sah, entschied er sich, vorbeizufahren, um sich nicht dem Risiko einer Busse auszusetzen. Nur einen Moment später bog er in die Köhlerstrasse ein – dort, wo er geblitzt wurde.
Der Angeklagte entschuldigt sich für sein Vergehen. Ihm sei nicht bewusst gewesen, dass er sich nicht mehr in einer Tempo-50-Zone befunden habe. Laut Staatsanwaltschaft ist jedoch der Beginn der entsprechenden Tempo-30-Zone durch die Kombination der Signalstele, der Randlinie und der Markierung am Boden «unmissverständlich wahrnehmbar».
Der Verteidiger des Angeklagten sieht den Rasertatbestand nicht erfüllt. Er forderte deswegen einen Freispruch für seinen Mandanten oder gegebenenfalls eine Busse von 30 Tagessätzen zu je 30 Franken aufgrund der Verletzung einer einfachen Verkehrsregel.
Für das Gesamtgericht ist der Tatbestand des Rasens erfüllt. Es verurteilte den Angeklagten zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Damit blieb es nahe an der Mindeststrafe von zwölf Monaten. Ein Grund dafür ist unter anderem, dass es sich beim Angeklagten nicht um einen typischen Raser handelt, der sich zu Strassenrennen verabredet.
Weil das Gesamtgericht die Wahrscheinlichkeit für gering hält, dass der Angeklagte noch einmal die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit so massiv überschreiten wird, bekommt dieser seinen SUV wieder zurück.