Kaiseraugst
Maya Wirz hat die Bus-Schlüssel noch nicht weggeworfen

Buschauffeurin Maya Wirz setzt nach ihrem vielbeachteten Auftritt bei der Castingshow «Die grössten Schweizer Talente» des Schweizer Fernsehens noch nicht auf die Opernkarriere.

Nadine Böni
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Maya Wirz seufzt. Sie wirkt erschöpft und ein wenig müde, sicherlich aber überwältigt von den vergangenen Tagen, in denen sich vieles in ihrem Leben verändert hat. «Ich hätte nie damit gerechnet, dass der Rummel so gross wird», sagt Wirz. «Ich wollte einfach vorsingen auf dieser Bühne, vor dem Publikum. Was danach kommt, daran habe ich nicht gedacht.»

Als die Buschauffeurin Maya Wirz aus Kaiseraugst am Montag nach «Die grössten Schweizer Talente» wieder in den Bus steigt, gratulieren ihr wildfremde Menschen zum gelungenen Auftritt. Zudem wird sie von Fernsehkameras und Journalisten begleitet. «Plötzlich wollen alle etwas von mir», staunt Wirz auch noch am Dienstag, als sie ein paar freie Minuten bei einem Freund zu Gesangsübungen nutzt. Für die 49-Jährige ist das eine neue Erfahrung. Denn fast schon hätte sie ihren grössten Traum aufgegeben.

Traum reichte nicht zum Leben

Das Leuchten kehrt in Maya Wirz’ Augen zurück, als sie davon erzählt, wie sie vor vielen Jahren erstmals eine Operette besuchte. Als Mädchen sah sie an der Seite ihrer Tante Emmerich Kalmans «Gräfin Mariza». Noch heute gerät sie beim Gedanken daran ins Schwärmen: «Die Bühne hat mich einfach fasziniert, das Licht und der Geruch, die schöne Musik, die tollen Kostüme, die bunten Farben. Ich liebte das.» An Ort und Stelle schwor sich die damals 13-Jährige auch einmal auf einer solchen Bühne aufzutreten.

Den Traum verfolgte Wirz, die in Binningen in einfachen Verhältnissen aufgewachsen ist, hartnäckig. In den 80er-Jahren liess sie sich an Gesangsakademien ausbilden. Schon bald aber folgte die Enttäuschung. Nach kleineren Engagements – unter anderem im Ensemble von «The Phantom of the Opera» am Musical-Theater Basel – gab Wirz auf: «Es hatte keinen Wert mehr.» Die Angebote fehlten, damit auch der Lebensunterhalt. Wirz absolvierte die Busprüfung, um bei der Autobus AG Liestal einen Job zu finden, von dem sie leben konnte. Das war vor 13 Jahren.

Wirklich kein Profi

Zurück auf die grosse Bühne brachte Maya Wirz das schottische Goldkehlchen Susan Boyle. Deren Auftritt im britischen Pendant von «Die grössten Schweizer Talente» inspirierte Wirz dazu, es noch einmal zu versuchen: «Der Traum von der Bühne hat mich nie losgelassen. Und warum sollte es für mich zu spät sein? Da kam ich halt auf die Idee, mich für das Casting anzumelden.» Maya Wirz lacht, fast schon ein wenig Galgenhumor ist aus ihrem Ton herauszuhören.

Denn nicht alle Reaktionen auf ihren Auftritt waren positiv. Der Vorwurf, sie hätte ihre Ausbildung verschwiegen und im Lebenslauf geflunkert, tauchte auf. Maya Wirz findet das schade, «aber allen kann es niemand recht machen». Wirz stellt klar, dass sie wirklich kein Profi ist: «Ich war jahrelang nicht mehr in dieser Welt. Während acht Jahren habe ich gar nicht mehr gesungen und in den letzten fünf Jahren machte ich das so nebenbei. Ich verdiene mein Geld als Busfahrerin.»

Schritt für Schritt

Das wird bis auf weiteres wohl auch so bleiben. Die Bus-Schlüssel hat Maya Wirz jedenfalls noch nicht aus dem Fenster geworfen, wie ihr das DJ Bobo am Samstag empfohlen hatte. «Im Bus weiss ich, was kommt, hier aber nicht», sagt Wirz, die jetzt alles «Schrittchen für Schrittchen» nimmt.

Erst mal will sie mit dem Rummel um ihre Person fertig werden und sich an die neue Situation gewöhnen. Auch daran, dass sie möglicherweise an der Schwelle zur grossen Bühnenwelt steht: «Endlich kommt meine Chance in meinem Leben, endlich ist sie da. Ich hoffe, ich packe sie. Ich muss sie packen und ich will sie auch packen.»