Die Leigrube bleibt in der W1-Zone: An der Gmeind entschied sich der Souverän deutlich gegen ein Auszonungsverfahren. Die Erleichterung bei Gemeindeammann Fredy Böni ist gross. Und: Die Überbauungsgegner verzichten wohl auf ein Referendum.
Schon einmal stand die Leigrube auf der Traktandenliste einer Möhliner Gemeindeversammlung. Das war im September 2011 bei der ausserordentlichen Gmeind zur Zonenplanrevision. Damals kamen über 850 Stimmberechtigte; eine knappe Mehrheit stimmte schliesslich der Einzonung als W1-Wohnzone zu.
Ganz so viele Stimmbürgerinnen und Stimmbürger waren es am Donnerstagabend in der Fuchsrainhalle nicht, als die Leigrube wieder auf der Traktandenliste stand. Aber auch die 589 Anwesenden zeigen: Die Zukunft der Leigrube – ob als Wohn- oder Landwirtschaftzone – ist den Möhlinern wichtig. Und: Beide Seiten, Überbauungsgegner und -befürworter, konnten vor der Versammlung mobilisieren.
Der zuständige Gemeinderat Markus Fäs nahm sich die Zeit, die Vorgeschichte zum Traktandum «Gebiet Leigrube» kurz zu erklären. Wie dieses eben 2011 als W1-Zone für Einfamilienhäuser eingezont wurde. Wie die nationale Abstimmung zum Raumplanungsgesetz 2013 die Vorgaben scheinbar änderte. Wie der Gemeinderat danach auf Anraten des Kantons mit einem verdichteten Mehrfamilienhaus-Quartier plante. Wie daraufhin Kritik laut wurde und die «IG Leigrube» gar einen Antrag auf Auszonung einreichte. Und wie der Kanton in diesem Sommer umschwenkte – und nun doch wieder Einfamilienhäuser erlaubt.
«Das ist ein Drohszenario»
In der Folge lieferten sich Überbauungsgegner und -befürworter eine gut einstündige Diskussion. Bauboom und Wachstum seien zu bremsen, das «wertvolle Kulturland» zu retten und zusätzlicher Verkehr im Gebiet zu verhindern, hiess es von der «IG Pro Kulturland» und «Zukunft Möhlin».
Der Gemeinderat bringe ausserdem «nur finanzielle Argumente» vor, kritisierte ein Anwohner der Leigrube. Gerade die im Raum stehenden Entschädigungsklagen der Grundstückeigentümer bei einer Auszonung seien ein «reines Drohszenario des Gemeinderats». Das wiederum wies Markus Fäs entschieden zurück: «Das ist kein Drohszenario, sondern Realität. Das finanzielle Risiko steht in keinem Verhältnis zu den Argumenten, die hier genannt werden. Wir können uns dieses Risiko einfach nicht leisten.»
Die meisten der 589 Anwesenden interessierten sich vor allem für das Traktandum Leigrube. Entsprechend schnell wurden sämtliche anderen Traktanden genehmigt – darunter das Budget mit einem Steuerfuss von 115 Prozent. Im Anschluss an die Versammlung wurde Gemeinderätin Bernadette Kern verabschiedet. Sie hatte sich entschieden, nach 12 Jahren im Amt nicht mehr für eine weitere Legislaturperiode anzutreten. «Wir verlieren mit Bernadette Kern nicht nur eine zuverlässige und zielstrebige Gemeinderätin, sondern auch eine gute Kollegin», sagte Ammann Fredy Böni, bevor sich Kern bei den Anwesenden für das Vertrauen bedankte. (nbo)
Der Gemeinderat erhielt Rückendeckung, allen voran vom Gewerbeverein und den bürgerlichen Ortsparteien FDP, CVP und SVP. Désirée Stutz, Präsidentin der SVP-Ortspartei, verwies etwa auf den auch ohne Klagen drohenden Wertverlust bei einer Auszonung. Die Gemeinde besitzt in der Leigrube schliesslich selber gut 14 000 Quadratmeter Land.
Es waren altbekannte Argumente für und gegen eine Auszonung. Dann aber trat Esther Hohermuth ans Mikrofon und nahm Stellung für eine Seite, die in den ganzen Diskussionen der letzten Monate immer nur eine passive Rolle gespielt hatte: die Grundeigentümer.
Grundeigentümer äussern sich
«Die verschiedenen Gruppierungen haben stets betont, dass die Spielregeln seit der Einzonung 2011 geändert wurden. Jetzt sind die Spielregeln wieder wie damals – aber die Gruppierungen wollen sich nicht mehr daran halten», sagte Hohermuth. Sie stellte ausserdem klar, dass die Grundeigentümer nicht bereit wären, im Falle eines Auszonungsverfahrens auf die Entschädigungsklage zu verzichten. «Wir würden mit allen rechtlichen Mitteln für unser Recht einstehen – und Hand aufs Herz: Wer von Ihnen würde das nicht tun?»
So fehlte am Ende eigentlich nur eine Wortmeldung an diesem Abend: Die Vertreter der «IG Leigrube», die an der Versammlung im Juni den Antrag auf Auszonung eingereicht hatten, enthielten sich komplett. «Durchaus bewusst», wie Loris Gerometta am Tag nach der Versammlung sagte. «Wir hatten unser primäres Ziel bereits erreicht.»
Dieses primäre Ziel sei gewesen, dass im Gebiet keine Überbauung nach W3-Standards errichtet wird. «Mit unserem Antrag auf Auszonung im Sommer konnten wir bewirken, dass die Gemeinde beim Kanton noch einmal vorstellig wurde – mit dem Resultat, dass wieder eine W1-Überbauung möglich ist», so Gerometta.
Dieser W1-Überbauung ebnete die Versammlung schliesslich den Weg. Die Anwesenden nahmen den Antrag des Gemeinderats, das Auszonungsverfahren abzulehnen, deutlich an. 381 Stimmberechtigte sprachen sich dafür aus, dass das Gebiet in der Wohnzone W1 verbleibt; 172 waren dafür, das Auszonungsverfahren einzuleiten. Danach genehmigte die Versammlung mit grosser Mehrheit auch einen Kredit in der Höhe von 145 000 Franken für einen Erschliessungsplan des Gebiets.
Referendum wohl kein Thema
Gemeindeammann Fredy Böni reagierte erleichtert: «Mir ist ein riesiger Stein vom Herzen gefallen.» Es sei in den letzten Tagen spürbar gewesen, dass «die Stimmung im Dorf umgeschwenkt» habe, sagte Böni. Viele Leute hätten ihm gegenüber ihr Unverständnis über die Forderung nach einer Auszonung zum Ausdruck gebracht.
Die Auszonung dürfte nun aber vom Tisch sein. Ein Referendum sei bisher kein Thema gewesen und werde von der IG wohl auch jetzt nicht diskutiert, sagt Loris Gerometta. «Wir bleiben aber am Thema dran.» Ähnlich tönt es bei den anderen Gruppierungen. Beide geben gegenüber der AZ an, auf ein Referendum verzichten zu wollen. «Das Resultat fiel deutlich aus», sagt Werner Erni von «Zukunft Möhlin». Es sei ein «demokratischer Entscheid mit 200 Stimmen Unterschied» gewesen, sagt auch David Metzger von der «IG Pro Kulturland». «Wir sehen keinen Sinn darin, das Referendum zu ergreifen.»