Krieg
Im Fricktal sind bereits weit über 400 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht – die allermeisten von ihnen privat

In 23 Fricktaler Gemeinden waren diese Woche 458 Flüchtlinge aus der Ukraine untergebracht. Und die Gemeinden suchen nach weiteren Plätzen, denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass ihnen noch viele weitere Personen zugewiesen werden. Dabei gilt es, die Gastfamilien und die Flüchtlinge zu unterstützen, Betreuungsaufgaben zu übernehmen oder rechtliche Fragen zu klären.

Thomas Wehrli
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In Herznach leben aktuell 24 Personen mit Schutzstatus S, einige Kinder und Jugendliche besuchen hier bereits den Unterricht.

In Herznach leben aktuell 24 Personen mit Schutzstatus S, einige Kinder und Jugendliche besuchen hier bereits den Unterricht.

Dennis Kalt (27. März 2022)

In den Fricktaler Gemeinden sind aktuell bereits weit mehr als 400 Flüchtlinge aus der Ukraine mit Schutzstatus S untergebracht. Das zeigt eine Umfrage der AZ bei allen Gemeinden. Von den 32 Gemeinden der Bezirke Laufenburg und Rheinfelden haben sich 23 an der Umfrage beteiligt. Allein in diesen 23 Gemeinden lebten am 27. April 458 Flüchtlinge aus der Ukraine. Hinzu kommen Flüchtlinge in kantonalen Unterkünften wie dem A3-Werkhof in Frick, die nicht mitgezählt sind.

Die meisten Flüchtlinge meldete dabei Möhlin: In der Gemeinde waren Mitte Woche 100 Flüchtlinge untergebracht. Auffallend dabei: Alle waren privat untergebracht – und damit so viele wie in keiner anderen Aargauer Gemeinde, die sich an der kantonsweiten AZ-Umfrage beteiligt hatte.

Möhlin ist mit der Privatunterbringung aber kein Einzelfall, denn in den allermeisten Fricktaler Gemeinden ist der Grossteil der Flüchtlinge privat untergebracht. In vielen Gemeinden – darunter Wölflinswil, Kaisten, Mettauertal, Magden, Mumpf und Zeiningen – sind derzeit sogar alle Flüchtlinge privat untergebracht.

Koordinationsperson in Gipf-Oberfrick angestellt

Auch in Gipf-Oberfrick wohnen aktuell alle Personen bei Gastfamilien oder in Wohnungen, die der Gemeinde von Privaten zur Verfügung gestellt wurden. Die Gemeinde hat dabei mit allen Gastfamilien und Personen, die Wohnraum zur Verfügung stellen, Vereinbarungen abgeschlossen. Darin sind verschiedene Punkte wie die Betreuung, die Entschädigung oder Haftpflichtfragen geregelt.

«Die Gemeinde fungiert als zuständige Anlaufstelle und übernimmt auch Betreuungsaufgaben der Flüchtlinge, die privat untergebracht werden», schreibt die Gemeinde. Temporär sei eine Koordinationsperson angestellt, die laufend Kontakt mit den Schutzbedürftigen und den Gastfamilien pflege.

«Ebenso wurde ein Deutsch- und Treffangebot im Dorf selber organisiert, das am kommenden Samstag startet.»

Ähnliche Angebote und Strukturen gibt es in vielen Gemeinden – oder sie sind am Entstehen. Denn klar ist: In den nächsten Wochen werden den Gemeinden noch viele Flüchtlinge aus der Ukraine zugewiesen. Aktuell nimmt der Kanton Aargau jeden Tag zwischen 60 und 100 Geflüchtete auf, die auf die Gemeinden verteilt werden. Aktuell hat es auch bei Privaten noch Plätze. Mettauertal etwa schreibt:

«Es sind der Gemeindeverwaltung diverse Gastfamilien bekannt, welche noch keine Flüchtlinge zugeteilt erhalten haben.»

Im Hintergrund arbeiten denn auch alle Gemeinden an Lösungen, um die kommenden Zuweisungen auffangen zu können. In Herznach beispielsweise leben aktuell 24 Personen mit Schutzstatus S. Weitere rund 100 Plätze stehen in oberirdischen Notunterkünften zur Verfügung. «Wir haben bereits kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine die oberirdischen Notunterkünfte gemeldet und sammeln Bettwäsche, sodass diese bei Bedarf rasch bezogen werden können», schreibt die Gemeinde.

Zudem bestehe eine Liste mit Freiwilligen, die bei Bedarf eingesetzt werden könnten. Daneben hat die Gemeinde eine Liste mit potenziellen Vermietern, sodass einige Wohnungen rasch dazu gemietet werden könnten.

Gemeinden mieten ­Wohnungen an

Einige Gemeinden haben auch selber Wohnungen, die aktuell leer stehen und so für Flüchtlinge genutzt werden können. So etwa Laufenburg. Hier wurde eine Wohnung, die im Besitz der Gemeinde ist und zur Vermietung ausgeschrieben war, für Flüchtlinge eingerichtet. In der Wohnung leben sechs Personen aus der Ukraine.

«Weitere Anmietungen von Wohnungen wurden abgeklärt, bisher konnte aber noch nichts finalisiert werden», heisst es bei der Gemeinde. Gleichzeitig würde man mögliche Lösungen für weitere Unterkünfte eruieren.

«Insbesondere eine grössere Unterkunft, die notfalls und im Verbund mit anderen Gemeinden eröffnet werden könnte, steht dabei im Fokus.»

In Oberhof wird derzeit die bisherige Asylwohnung so vorbereitet, dass sie ab 1. Mai bezugsbereit ist und sechs bis acht Personen Platz bietet. Weitere Plätze sind in Oberhof und Wölflinswil in Vorbereitung. Auch andere Gemeinden – beispielsweise Böztal – richten derzeit eigene oder zugemietete Wohnungen für Flüchtlinge aus der Ukraine her.

Rheinfelden hat die Helvetia Versicherungen motiviert, die 120 leer stehenden Wohnungen im Dianapark bis zum Beginn der Sanierung im Frühling 2023 zur Verfügung zu stellen. Die Helvetia tut es – mietkostenlos.

Die Grossüberbauung Dianapark soll ab 2023 saniert werden – bis dahin dürfen Geflüchtete aus der Ukraine in die leer stehenden Wohnungen einziehen.

Die Grossüberbauung Dianapark soll ab 2023 saniert werden – bis dahin dürfen Geflüchtete aus der Ukraine in die leer stehenden Wohnungen einziehen.

Dennis Kalt (2. September 2021)

Öffentliche Gebäude geraten in den Fokus

In den Fokus kommen aber auch immer mehr öffentliche Gebäude respektive Grossanlagen. In Frick beispielsweise hat der Kanton in der Woche vor Ostern im ehemaligen A3-Werkhof eine Unterkunft für Flüchtlinge aus der Ukraine eröffnet, in der bis zu 150 Flüchtlinge temporär untergebracht werden können.

In Laufenburg kann der Kanton die unterirdische Geschützte Operationsstelle im Bedarfsfall wieder als Unterkunft in Betrieb nehmen; sie diente bereits 2015 und 2016 als Asylunterkunft.

Die Gemeinden Wegenstetten und Hellikon planen, Flüchtlinge in leer stehenden Schulräumen unterzubringen. Aktuell laufen Gespräche mit dem Kanton. Stein, wo derzeit 29 ukrainische Flüchtlinge leben, könnte bei Bedarf ebenfalls auf kommunale Infrastrukturen zurückgreifen. Zudem gibt es in der Gemeinde mit der Militärunterkunft eine oberirdische Unterkunft mit 144 Liegestellen, die – in Absprache mit der Armee – für Flüchtlinge genutzt werden könnte.