Primarschüler bringen Zeichnungen von dünnen Idealen mit in die Schule. Es kommt heute häufiger vor, dass Kinder wegen Untergewicht oder gar einer Essstörung auffallen.
Bereits Neunjährige sind heute von Magersucht betroffen. Das teilt Pro Juventute in einer Medienmitteilung mit. Die Anzahl von Spitalbehandlungen wegen Magersucht ist in den letzten drei Jahren um dreissig Prozent gestiegen.
Auch im Fricktal ist zu beobachten, dass immer mehr Kinder und Jugendliche zu starkem Untergewicht neigen. Mädchen sind davon häufiger betroffen als Knaben. «Viele der Mädchen, die wegen Gewichtsmangel auffallen, haben keine diagnostizierte Magersucht», sagt Daniela Dietrich, Bereichsleiterin des Schulsozialdienstes der Bezirke Rheinfelden und Laufenburg.
Während in jungen Jahren noch schwieriger zu unterscheiden ist, ob Untergewicht immer mit einer Essstörung einhergeht, ist dies spätestens, wenn die Pubertät einsetzen sollte, gut erkennbar.
Aber die Kinder setzen sich schon lange vor der Pubertät mit Äusserlichkeiten auseinander. Kleidung, Figur und Aussehen spielen bereits bei den Jüngsten eine grosse Rolle. Daniela Lauber, Schulleiterin der Primarschule in Kaisten, erklärt: «Jüngere vergleichen sich vor allem untereinander. Aber es kommt auch vor, dass ein Kind eine Zeichnung von einem Ideal, zum Beispiel aus der Werbung, mit in die Schule nimmt.»
Um eine Magersucht zu entwickeln, muss eine generelle Veranlagung vorhanden sein. Auch wenn Vergleiche zu Idealen und Vorbildern nicht die grundlegenden Ursachen sind, können sie aber Auslöser der Krankheit sein. Dabei spielen Social Networks wie Facebook und Instagram eine grosse Rolle.
Bereits Primarschüler sind im Internet aktiv und vergleichen sich dort mit bearbeiten Bildern von ihren Vorbildern. In der vierten Klasse ist es bereits stark verbreitet, Facebook zu nutzen. Entweder mit einem eigenen Account oder über den Account eines Elternteils.
Eltern von Schülern, die heute die Primarschule besuchen, gehören selber zur Generation, die im Internet aktiv ist. Einige von ihnen haben, ähnlich wie die Jugendlichen, stark beeinflusste Vorstellungen von Schönheitsidealen. Das leben sie ihren Kindern nicht nur vor, sondern leben es auch an ihnen aus. Daniela Dietrich sagt: «Es kommen zum Teil Zweitklässler stark gestylt und mit Lippenstift zur Schule.»
Der Internetkonsum des Kindes sollte von den Eltern kontrolliert werden. Daniel Münger, leitender Oberarzt Kinder- und Jugendpsychiatrischer Dienst der Psychiatrischen Dienste Aargau sagt: «Die Lebensphilosophie ‹dünn sein macht mich stark› lässt sich über die elektronischen Netzwerke besser verbreiten.»
Diese Einstellung nutzen viele junge Mädchen als Motivation, um sich der Figur ihrer Vorbilder anzunähern.
Auf keinen Fall möchte ein Schüler durch Übergewicht negativ auffallen. Die Informationen, um das mit allen Mitteln zu vermeiden, holen sie sich aus Magazinen oder dem Internet.
Die Projekte zur Gesundheitsprävention sind vielseitig. Die Kreisschule Unteres Fricktal bietet ein Wahlfach «Fit und Gesund» an.
Obwohl es freiwillig ist, wird es jedes Jahr gut besucht. Dass Schulprojekte und Präventionsprogramme, die gesunde Ernährung und Bewegung unterstützen, die Kinder zur Magersucht anspornen, wäre ein Trugschluss.
«Normales Ernährungsverhalten unterscheidet sich deutlich von gestörtem Essverhalten.», sagt Daniel Münger. Durch Beobachten des Essverhaltens eines Kindes, zum Beispiel im gemeinsamen Kochunterricht, kann eine Essstörung deswegen frühzeitig erkannt werden.